Albspargel
hindurch flackern sahen.
Wo stand das Auto? Es zu finden, schien kein Problem – die Kiesgrube war nicht groß, kaum so groß wie ein Sportplatz, fast dreieckig, so dass es nirgendwo weit zum Rand war. Ich merkte, dass Dr. Hagenbach im Takt der Musik zuckte und ab und zu mitsummte. Ich kenne mich bei diesen Bands und Gruppen nicht aus. Wenn im Radio diese ekstatische Musik zu hören ist, schalte ich ab. Ich lebe in meiner Welt, und ich liebe sie.
Das Auto sahen wir schließlich an einer Stelle stehen, an der wir es nicht vermutet hätten, an der Feuerstelle des Funkensonntags auf der Südostseite, Richtung Schalkshüle. Das Fahrzeug war nur ein schwarzer Fleck, und wir hätten es nicht bemerkt, wenn es nicht vor einer Ladung hellerem Bauholz abgestellt worden wäre, das dort aufgestapelt war.
Das Dröhnen aus dem Recorder hörte plötzlich auf, und die Stille brach über die Kiesgrube herein wie ein Ungewitter. Anders ausdrücken kann ich das nicht: Stille, die in einem einzigen Augenblick gewaltigen Lärm ablöst, wirkt genauso wie ein plötzlicher starker Krach.
Das Fahrzeug war ein Twingo, wie Dr. Hagenbach flüsterte. Das Flüstern wurde angesichts der plötzlichen Stille auch von mir übernommen. Aber ich wehrte mich dagegen, die Räuberpistole wieder aufzunehmen.
»Können Sie die Nummer lesen, Herr Dr. Hagenbach?«, sagte ich laut.
»Wozu wollen Sie die Nummer wissen?«, fragte eine fremde, etwas belegte Stimme.
Wir erschraken.
Ich fasste mich zuerst. »Guten Abend, meine Herren, auch die frische Luft genießen?«
»Wo sehen Sie Herren?«, fragte die Stimme weiter. »Ist hier noch jemand außer Ihnen beiden und mir?«
»Sie waren ja nicht zu überhören, Sie beide an Ihrem Feuerchen.« Dr. Hagenbach hatte sich offenbar so schnell gefasst wie ich.
»Sie beide? Ich höre immer: Sie beide.«
Die dunkle Gestalt vor uns war allein, was wir nicht hatten erkennen können. Das Feuer hatten wir ja nur aus einiger Entfernung durch das Gestrüpp der Kiesgrube gesehen. Sonst hatten wir nur das Fahrzeug auf dem Hauler Weg fahren sehen, eigentlich ja nur die Lichter aus tausend Schritt Entfernung.
So viel zu uns Naturwissenschaftlern als Detektive. Der Kerl war auch keineswegs zugedröhnt. Seine Stimme klang jung und etwas erkältet, aber weder betrunken noch sonst irgendwie unnatürlich.
Ich fasste mich wieder. Zwei Männer machen abends noch einen stillen kleinen Spaziergang durch den Tigerfelder Esch. Da leuchtet ihnen plötzlich einer mit einer Taschenlampe ins Gesicht.
»Sehen Sie, ich kenne Sie beide, und ich merke schon eine ganze Weile, dass Sie hier herumschnüffeln. Deshalb habe ich ja auch eine kleine Botschaft an Ihren Autos angebracht. Haben Sie die nicht gelesen, Herr Dr. Fideler und Herr Dr. Hagenbach?«
Ich konnte mich eigentlich auf meine Geistesgegenwart verlassen. Aber angesichts der Szenerie und dieser Ehrlichkeit blieb ich stumm.
»Sie kennen uns selbstverständlich«, hörte ich überrascht die helle, aber ganz ruhige Stimme Dr. Hagenbachs, als stünden wir nicht mitten in der Nacht auf einer stillgelegten Kiesgrube bei einem verdächtigen Auto. »Sie kennen uns, was mich nicht überrascht«, fuhr er fort, »jeder kennt uns hier zwischen Zwiefalten und –«
Ein wenig sprach er wie mit einem Kind. Die Situation erforderte das eigentlich nicht.
»Großengstingen«, ergänzte ich nervös, weil ihm offenbar kein weiterer Ortsname einfiel.
»Danke, Herr Dr. Fideler, Großengstingen, das meinte ich. Aber nun würden wir gerne Ihren werten Namen erfahren. Und nehmen Sie doch bitte den Scheinwerfer weg, er blendet.«
»Selbstverständlich, Sie sollen ihn wissen.« Das Licht blieb. »Das wollen Sie doch schon die ganze Zeit.« Seine Stimme wurde leiser. »Ich heiße Graßner, Ernst Graßner aus Tigerfeld, leider ist mein Freund heute Abend verhindert. Seinen Namen kennen Sie ja bereits. Er heißt Baltes Sauler und ist aus Kettenacker.«
»Wir –«
»Wir sind ganz zufällig nachts in der Kiesgrube, wollten Sie doch sagen. Wir sehen den Schein eines Feuers. Ach, und da steht plötzlich ein Junge vor uns und blendet uns mit einer unverschämten Taschenlampe. Das alles wollen Sie doch sagen, nicht?«
»Wir sind –«
»Ich will Ihnen sagen, was Sie sind – lästig sind Sie. Sie schnüffeln Leuten nach, die Ihnen nichts getan haben und führen sich auf, als wären Sie Polizisten.«
Der Junge redete erstaunlich erwachsen, aber verbittert.
Dann fügte er noch hinzu: »Und Sie, Herr Dr.
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