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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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aus, und die Artikel in den Zeitungen wurden kleiner und seltener.
    Das Sagen hatten nun allein die Kriminalisten aus Reutlingen, Hohwachter und Steinhilber. Aber die waren eine Enttäuschung: Im Fernsehkrimi war man bei den Recherchen immer dabei. Aber viele Leute im Ort hatten die beiden Hauptkommissare immer noch nicht gesehen, die wenigsten kannten ihre Namen. Von der Soko in Reutlingen erfuhr man nicht einmal aus der Presse. Bei wem aber Ermittler auftauchten und Fragen stellten, der war stolz darauf, als wäre er Teilnehmer einer Quizshow.
    Wir bekamen die beiden Kommissare nur zu Gesicht, wenn sie sich direkt an uns wandten.
    Aber der Weg ihrer Ermittlungen konnte uns weiterhelfen und uns vielleicht sogar Informationen geben. Und so lauschten wir eifrig, wenn im Ort von den Fragen der Kommissare die Rede war.
    Das Windrad fand im Augenblick kaum mehr Beachtung: Die Presse hatte berichtet, dass alle Arbeiten an der Standortfrage bis auf Weiteres eingestellt seien. Wir wurden nun fast gar nicht mehr beachtet. Wir saßen in der
Rose
oder in der
Krone
buchstäblich bei unserem Bier in der Ecke und lauschten.
    »Hat er, wie heißt er doch gleich, Wachter oder Wächter – ist ja gleichgültig. Hat er mich doch gefragt, welche Bedeutung im Ort die Kiesgrube habe.«
    Die Kiesgrube! Er hatte nicht mehr lockergelassen und die ganze Geschichte hören wollen vom Kiesabbau über die Müllkippe bis zum heutigen verwahrlosten Zustand mit Holunderbüschen, Brennnesseln, wildem Müll und dem Funkensonntag.
    Andere berichteten von denselben Fragen.
    Auch nach den beiden Windexperten war wohl immer wieder gefragt worden. Wir steckten die Nase tief in die Biergläser. Aber wir wurden gar nicht wahrgenommen, selbst wenn unsere Namen fielen. Dr. Fideler war ihnen geläufig. Dr. Hagenbach hieß auch Hagenmeier oder Haumeier, was uns besonders freute, und fast immer ohne Titel.
    »Reimt sich auf Schlaumeier«, grinste Dr. Hagenbach.
    Ob sie viele Fragen stellten im Ort? Die Antworten waren meist negativ, aber einige regten sich doch auf, dass wir die Nase in Dinge steckten, die uns nichts angingen. Genaueres erfuhren wir nicht. Aber Namen: Strauß, Pocherd, Graßner.
    »Nach Drogen hat einer der Kriminaler mich gefragt. Ob jemand im Ort säuft und Drogen nimmt. Na, denen habe ich den Marsch geblasen, könnt ihr euch vorstellen! Drogen! Bei uns im Ort.«
    Auch nach Herumtreibern war gefragt worden.
    »Aber ich habe dem Kerl gesagt, dass er nach Tübingen in die Uni gehen soll, wenn er Herumtreiber und Drogen sehen will.«
    Schließlich fielen die Namen Graßner und Sauler, und es wurde auffallend still im Raum.
    »Der Franz würde sich im Grab umdrehen.«
    Es war nun ganz still geworden in der Wirtsstube.
    »Leute, lasst die Finger davon. Über Tote nur Gutes. Was ich weiß, das sage ich niemand. Ich sage euch bloß eines: Das hat der Franz nicht verdient.«
    »Die Polizei, dein Freund und Helfer«, knurrte Dr. Hagenbach später, »ist Ihnen aufgefallen, wonach die gefragt worden sind?«
    »Frau Strauß, Kiesgrube, Graßner und so weiter«, sagte ich.
    »Ja, die Fragen zielten samt und sonders alle darauf, wie wir vorgegangen sind, sogar der Reihe nach.«
    »Das ist natürlich Zufall«, versicherte ich Dr. Hagenbach.
    »Und Graßner?«
    »Vater und Sohn, der Sohn ein Herumtreiber mit nächtlichen Exzessen und Seifenopern. Aber auf mich hat er Eindruck gemacht. Franz ist tot. Lass die Toten ruhen. Und Fritz Pocherd ist ebenfalls tot.«
    Und nun?
    »Wenn der Tod eine Rolle spielt – ich meine der unnatürliche Tod, dann dürfen wir Franz Graßner nicht weglassen«, beharrte Dr. Hagenbach.
    Dass wir von Anton nichts erfahren würden, war klar. Er war äußerst heikel mit Informationen, die in das Persönliche der Tigerfelder hineinreichten. Und offenbar hatte der ganze Ort eine Mauer errichtet, die auch wir nicht übersteigen würden.
    Dennoch hatte ich Hoffnung. Nach meinen Erfahrungen halten Dörfler – und das nicht bloß in Tigerfeld – nur in begrenztem Maße zusammen: Die eigene Ehre, der eigene Besitz, eigene Interessen und anderes mehr, wenn das in Gefahr war, so war meine Erfahrung, boten sich Stellen, an denen Mauern überstiegen werden konnten oder wo Breschen zu schlagen waren.
    Wo sollten wir ansetzen?
    »Bei Franziska Fischer«, sagte Dr. Hagenbach spontan.
    Ich hatte an Jörg Fuchslocher gedacht.
    Franziska Fischer war sicher leicht zu einer Aussage zu bewegen, wenn es um ihren Vorteil ging. Aber was konnten wir ihr

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