Albtraum
deuten und darin zu lesen, was er dachte.
„Julianna“, sagte er leise. „Ich bin es, meine Süße. Ich, John.“
„John?“ flüsterte sie, schlug langsam die Augen auf und heuchelte schläfrige Benommenheit. „Du bist zurück?“
„Ja, Liebes. Ich bin zurück.“
„Ich habe dich vermisst“, murmelte sie lächelnd. „Bist du gekommen, mir gute Nacht zu sagen?“
„Ja.“ Er hielt ihr Gesicht mit beiden Händen und sah ihr tief in die Augen. „Ich liebe dich, Julianna. Ich habe dich seit unserer ersten Begegnung geliebt. Wusstest du das?“
Sogar heute noch, nach all den Jahren, in denen sie dieses Spiel trieben, befiel sie ein Hauch von Panik.
Er beugte sich zu ihr hinunter und presste die Lippen auf ihre Schläfe. „Ich habe etwas für dich.“
Kindlichen Eifer heuchelnd, richtete sie sich im Bett auf. „Was ist es?“
Er legte ihr beide Hände auf die Schultern. „Warst du ein braves Mädchen, während ich fort war?“
Sie nickte. Wie stets in solchen Situationen verursachte ihr die Erinnerung an frühere Erlebnisse dieser Art ein sonderbares Gefühlsgemisch aus Aufregung und Unbehagen.
„Bist du jetzt mein liebes kleines Mädchen?“
Sie nickte wieder und begann zu zittern.
„Ich kann mich nicht von dir fern halten.“ Er strich ihr übers Haar. „Ich habe es versucht, aber ich kann nicht. Du gehörst mir, für immer. Verstehst du das?“
„Was … was meinst du?“
„Du wirst es bald verstehen.“ Ein Lächeln zuckte um seinen Mund. „Das verspreche ich dir.“
Er zog langsam das Laken zurück und sagte leise: „Hübsch.“ Er rieb den weichen Nachthemdstoff zwischen den Fingern. „Hübsch und niedlich.“
„John?“ Sie bemühte sich, jung und ängstlich zu klingen.
„Schon gut, mein Liebes. Zeig John, wie sehr du ihn liebst.“ Mit leichtem Druck legte er sie auf die Matratze zurück. „Zeig ihm, was für ein liebes Mädchen du sein kannst.“
Also tat sie es. Sie lag absolut still, so wie er es mochte, während seine Hände über ihren Körper wanderten, zart erst, dann leidenschaftlicher.
Er zog sich nicht aus. Er würde auch nicht in sie eindringen, das wusste sie. Das tat er nur selten. Stattdessen streichelte er sie, bemüht, ihr mit Händen und Mund Lust zu bereiten.
Erst als sie sich auf dem Höhepunkt aufbäumte und schwach wieder auf die Matratze sank, presste er sich an sie, schwitzend und keuchend, als hätte er einen Zehn-Meilen-Lauf hinter sich. Er zitterte vor unerfüllter Lust. „Meine süße, süße Julianna. Was würde ich ohne dich anfangen?“
Sie küsste ihn und dachte an ihr Baby. Noch einmal malte sie sich aus, wie er die Nach richt aufnehmen würde. „Ich liebe dich, John.“ Sie lächelte und küsste ihn wieder. „Ich liebe dich.“
„Zeig mir, wie sehr.“ Er nahm ihre Hand und legte sie an seine Erektion. „Zeig’s mir.“
Sie tat es und rieb, streichelte und massierte ihn bis zum Orgasmus.
Julianna zuckte zusammen, als sie durch lautes Gelächter im Nachbarapartment aus ihren Gedanken gerissen wurde. EinenMoment desorientiert, merkte sie, dass sie dringend zur Toilette musste.
Sie wälzte sich aus dem Bett und ging barfuß ins Bad, der Holzboden kalt unter ihren nackten Füßen. Der Spiegel über dem Waschbecken war altersfleckig. Ein Riss lief diagonal hindurch und verzerrte ihr Spiegelbild, so dass die beiden Teile ihres Gesichtes nicht zueinander passten.
Sie blickte ihr Zerrbild an und erkannte sich kaum. Die Hände auf ihrem geschwollenen Leib, wandte sie sich ab. Bemitleidenswert hatten die Kellnerinnen sie genannt. Ihr werdet es nicht schaffen, du und dein kleiner Balg.
Die Worte schmerzten jetzt noch. Warum tat sie das alles überhaupt? Warum war sie hier, allein und schwanger? Sie wollte nicht Mutter sein. Sie wollte nicht eine von diesen hohläugigen jungen Frauen werden, die zu Buster hereinkamen, ständig überfordert von ihrer jungen Brut. Dafür war sie nicht schwanger geworden.
Genau das stand ihr jedoch bevor.
Entsetzt legte sie eine Hand an den Mund. Sie hätte damals tun sollen, was John verlangt hatte, und das Baby loswerden. Sogar ihre Mutter hatte sich gefragt, ob es wirklich richtig war, es zu behalten. Vor John zu flüchten, ihm ständig einen Schritt voraus sein zu müssen, war auch ohne Kind schon schwierig genug. Sylvia Starr hatte ihrer Tochter angeboten, sie in eine Klinik zu begleiten, wo man sich des Problems annehmen würde.
Doch seinerzeit hatte sie immer noch die rosarote Brille aufgehabt,
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