Albtraum
Hollywood-Verbindungen beeindruckt war.
Zunächst hatte Tom Morris die Existenz von Killern, die im Auftrag der Regierung handeln, geleugnet – geradezu lächerlich angesichts der Berichte ehemaliger Agenten über Anschläge auf politische Widersacher und das Schmieden zahlloser Komplotte gegen Castro.
Dokumentiertes interessierte Luke jedoch nicht. Er war auf Spekulationen aus, über die man redete oder schrieb, ohne dass sie je von der Agency bestätigt wurden. Dinge, von denen nicht mal der Präsident wusste – zum eigenen Besten natürlich. Ihn interessierte die „Farm“, Ausbildungsstätte jener Killer-Elite, die ihrem Land vermeintlich dienten, indem sie dessen Widersacher eliminierten.
Luke war Zyniker genug, um zu glauben, dass derlei durchaus existierte.
Morris hatte schließlich zugegeben, dass es früher solche Killer und eine inzwischen außer Dienst gestellte Farm gab. Er hatte jedoch betont, beides sei ein Produkt des damaligen politischen Klimas gewesen – des Kalten Krieges und einer auf Verteidigung ausgerichteten konservativen Regierung.
Luke hielt das zwar für blanken Unfug, widersprach jedoch nicht. Das war das Großartige am Geschichtenerzählen. Er musste nicht beweisen, dass eine Sache stimmte. Er musste sie nur dem Leser gegenüber glaubwürdig vertreten.
Morris hatte schließlich versprochen, ihn mit einem ehemaligen, sogenannten „Techniker“, einem Killer der Agency, bekannt zu machen, Deckname Condor. Er konnte allerdings nicht versprechen, dass der Mann auftauchte. Diese Typen waren eine besondere Brut, Einzelgänger, Heimlichtuer. Sie lebten nach ihren eigenen Gesetzen und am Rande der Legalität.
Condor. Luke führte das Glas wieder zum Mund. Ein Raubvogel. Furcht einflößend, majestätisch. Ein Jäger.
Eine vom Aussterben bedrohte Art.
Dieser Mann könnte ein Quell an Informationen werden. Er konnte ihm Einblick in die Psyche eines bezahlten Killers verschaffen, der für sein Land tötete.
Luke sah besorgt auf seine Uhr. Condor verspätete sich. Dieses Treffen war ein Glücksfall. Es gab nicht mehr viele von Condors Art und noch weniger, die bereit waren, mit einem Autor zu reden. Er wollte jedenfalls unbedingt, dass dieses Treffen stattfand.
„Kate! Hier drüben!“
Unwillkürlich drehte er sich um und dachte an sie, an Kate, die Frau, die er mal geliebt hatte. Er hatte gehofft, sie liebe ihn genug, um sich auf ihn einzulassen, obwohl er ihr damals nur den Glauben an sich und seine Zukunft hatte bieten können.
Wenn er an Kate dachte, musste er auch an Richard denken, und an ihre Freundschaft, die in einer hässlichen Rivalität um Kates Zuneigung geendet hatte. Und er dachte an ihre letzten Begegnungen, die nicht mehr lustig und unbeschwert gewesen waren, sondern belastet von Heimlichkeiten, Verdächtigungenund Fragen nach Sozialstatus und Einfluss. Dinge, die zwischen ihnen nie eine Rolle gespielt hatten und nicht zum Thema hätten werden dürfen.
Offenbar hatte der Bessere gewonnen. Der, der Kate bieten konnte, was ihr Herz begehrte, der ihre Träume wahr werden ließ. So hatte Richard sich jedenfalls am letzten Morgen geäußert, als er ihn im kalten Sonnenschein vor dem Studentenheim abfing, wo er auf Kate gewartet hatte, um ihr ein für allemal seine Liebe zu gestehen und sie zu bitten, es mit ihm zu versuchen.
Richard hatte darüber nur gelacht.
Der Bessere? Luke wandte sich wieder seinem Bier zu und rollte das Glas zwischen den Handflächen. Der mit dem Geld, den familiären Verbindungen und der guten Abstammung hatte gewonnen. Nicht der angehende Autor, der einem Kindheitstraum hinterhergejagt war.
Er schmunzelte. Sein Traum war gar nicht so kindisch gewesen. Er fragte sich, was Kate wohl von seinem Erfolg und ihrer damaligen Wahl heute hielt. Ob sie jemals bezweifelte, den Richtigen genommen zu haben?
Offenbar nicht. Vor vier Wochen hatte er eine Einladung zu Kates und Richards jährlicher Silvesterparty erhalten, begleitet von einem schwatzhaften, glücklich klingenden Brief von Kate. Es war ihm gewesen, als reibe man Salz in eine offene Wunde, obwohl er inzwischen reicher war als Richard und obwohl sich längst erwiesen hatte, dass der Glaube an sein Talent keine selbstgerechte Torheit gewesen war.
Am meisten schmerzte ihn wohl, dass die beiden glücklich waren. Dass sie viel leicht für sich die richtige Wahl getroffen hatten und er nur ein liebestrunkener, naiver Narr gewesen war.
Wie stets reagierte er auf ihre Einladung, indem er ihnen
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