Albtraum
Schicksal auf ihrer Seite.
Richard wusste es noch nicht, aber er gehörte bereits ihr.
42. KAPITEL
Am nächsten Morgen war Richard zerknirscht und zerstreut. Er bat Kate und Verzeihung, knuddelte Emma und beteuerte, wie sehr er sie liebe. Er gab Stress und Alkohol die Schuld an seinem Verhalten. Er sagte, er müsse den Verstand verloren haben, und schwor, dass es nie wieder vorkommen würde. Tagsüber schickte er Kate einen riesigen Blumenstrauß und kam abends mit einem Teddy für Emma heim.
Kate war bereit, ihm zu verzeihen. Was hätte sie auch anderes tun können? Er war ihr Mann, und sie hatte vor Familie, Freunden und Gott geschworen, ihn in guten wie in schlechten Tagen zu lieben.
Im Moment haben wir offenbar ein paar von den schlechten Tagen, dachte sie am Abend, als sie auf dem oberen Balkon stand und auf den dunklen See blickte. Sie hatte ihm verziehen, doch vergessen konnte sie den Vorfall nicht. Vor allem ging ihr nicht aus dem Kopf, was er über Emma gesagt hatte.
Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass in ihrer Ehe etwas schrecklich schief lief. Als würden sie von Kräften, auf die sie keinen Einfluss hatten, auseinander gezerrt.
Dieses Gefühl plagte sie schon seit Wochen. Seit dem Tag, als sie sich das Buch von Luke signieren ließ. Das war der Tag gewesen, an dem das Foto von Richard und Emma verschwand und der alte Joe ihr von dem Mädchen auf der Schaukel erzählte.
Das Mädchen auf der Schaukel … Julianna … Emma.
Trotz der lauen Sommernacht rieb sie sich fröstelnd die Arme. Sie musste daran denken, wie plötzlich Emma in ihr Leben getreten war, dann war Richards neue Assistentin aufgetaucht. Sie dachte auch an Richards Reaktion, als sie ihm hilflos von dem fehlenden Foto erzählt hatte.
Offenbar hatte eines nichts mit dem anderen zu tun. Doch alles zusammen ergab eine beunruhigende Kombination von Ereignissen, die sie offenbar gerade aus der Bahn warfen.
„Kate?“
Sie drehte sich um. Richard stand in der Tür, jungenhaft, schuldbewusst. Sie konnte den Zorn nicht ganz beherrschen, der bei seinem Anblick wieder in ihr aufstieg.
„Kannst du nicht schlafen?“ fragte er.
„Nein.“
Er kam zu ihr, ohne sie zu berühren. Sie blickte wieder auf den See hinaus. Standen die Dinge so schlecht zwischen ihnen, dass er nicht einmal mehr wagte, sie anzufassen, und schlimmer noch, es ihr letztlich egal war?
„Es tut mir Leid, Kate.“ Er wandte sich ihr zu. „Wirklich sehr Leid.“
Sie hatte solche Entschuldigungen in exakt diesen Worten schon vor vielen Jahren gehört. „Ich weiß.“
„Wirst du mir je verzeihen?“
„Ich versuch’s.“ Aber das ist nicht mehr so leicht, wie es mal war. Und das macht mir Angst.
Er nahm ihre Hand. „Komm mit ins Bett. Schlaf mit mir. Ich möchte dir zeigen, wie sehr ich dich liebe.“ Da sie zögerte, brachte er ihre Hände an seine Lippen. „Es wird alles wieder gut werden mit uns. So wie es immer war. Vertrau mir.“
Kate gab nach, und er führte sie ins Schlafzimmer und ins Bett. Sie liebten sich, und sie klammerte sich an das Vertraute, an den Richard, den sie schon so lange kannte und liebte. Der Richard, mit dem sie glücklich gewesen war.
Trotzdem fürchtete sie, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war.
43. KAPITEL
Richard lag auf seiner Seite und beobachtete Kate beim Schlafen. Zwei Wochen waren vergangen seit dem großen Streit, als er zu Julianna gelaufen war und sie in den Armen gehalten hatte. Zwei Wochen reine Hölle.
Er ließ den Blick über das vertraute Gesicht wandern. Sie waren lange genug zusammen, sich in- und auswendig zu kennen. Er liebte und bewunderte sie. Er wünschte auch, er hätte ihre Güte und Kraft. Er konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen.
Doch selbst jetzt, als er neben ihr im Bett lag, spürte er, wie er sich von ihr entfernte und sich zu Julianna hingezogen fühlte. Das war falsch. Er wusste es. Je den Tag, wenn er zur Arbeit ging, wappnete er sich durch die vorangegangene Nacht mit Kate, durch das Wissen um seine Verantwortung und seine moralische Verpflichtung. Ein Mann war schließlich nur so gut wie sein Wort.
Doch sobald er Julianna sah, lösten sich seine guten Vorsätze in Luft auf. Sie gab ihm das Gefühl, wieder jung und sexuell potent zu sein. Sie weckte Gefühle und Sehnsüchte in ihm, die er seit Jahren nicht gekannt hatte.
Er war geradezu besessen von ihr. Er dachte ständig an Sex mit ihr, wie sie schmecken würde, wie es sich anfühlen würde, in ihr zu
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