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Albtraum

Albtraum

Titel: Albtraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Spindler
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ihm dämmerte offenbar mit wachsendem Entsetzen, was er getan hatte.
    Kate wandte sich rasch ab, nahm Emma hoch, presste siean sich und tröstete sie mit leisen Worten. Sie war den Tränen nahe.
    „Kate?“ flehte Richard leise mit gebrochener Stimme. „Kate?“
    Sie konnte sich weder überwinden, die Qual, die in seinem Ton anklang, zur Kenntnis zu nehmen, noch ihn anzusehen. Nicht jetzt, da ihre Lippen noch von seinem brutalen Übergriff brannten und ihre Muskeln von der Anstrengung, ihn abzuwehren, zitterten.
    „Sie ist nicht mal unser eigenes Kind“, flüsterte er, „und trotzdem liebst du sie mehr als mich.“
    Kate war, als stürze ihre Welt ein. Sie war nie so außer sich und verletzt gewesen wie jetzt. Sie sah ihren Mann an und merkte, dass er ihr vollkommen fremd war.
    „Was ist los mit dir?“ Ihre Stimme schwankte. „Wie kannst du so et was sagen? Natürlich ist sie unser Kind. Eltern sein bedeutet, ein Kind lieben und großziehen. Es hat nicht nur mit dem körperlichen Akt der Zeugung zu tun.“ Mit tränenerstickter Stimme fügte sie hinzu: „Ich dachte, das hätten wir beide gewusst, Richard.“
    Als er sie nur schweigend anstarrte, liefen ihr die Tränen übers Gesicht, und ihr Herz tat so weh, dass sie fürchtete, es würde zerspringen. Sie legte die Wange auf Emmas Köpfchen. „Raus“, sagte sie zu Richard. „Raus mit dir. Ich will dich nicht in Emmas Nähe haben. Ich kann dich nicht mehr sehen!“
    Schweigend wandte er sich von ihr ab und verließ das Kinderzimmer.
    Kurz darauf hallte das Echo der zuschlagenden Haustür durchs Haus.
    Kate ließ sich mit Emma, die sich in ihre Arme kuschelte, in den Schaukelstuhl sinken und weinte.

40. KAPITEL
    Richard fand sich vor Juliannas Tür wieder. Minutenlang stand er unschlüssig davor, wollte klopfen und wusste, dass es falsch war. Es war spät. Er war ihr Boss. Hier aufzutauchen überschritt eine unsichtbare Grenze, eine, die Chef von Angestellter, beruflich von privat trennte.
    Er sagte sich, er sollte umkehren und zerknirscht heimfahren. Stattdessen blieb er wie festgewachsen stehen. Er schloss die Augen und stellte sich vor, wie Julianna ihm öffnete und ihn einließ. Sie würde zu ihm aufblicken, wie sie es immer tat, und ihm das Gefühl geben, überlebensgroß und unverwundbar zu sein. Sie würde ihm zuhören und ihn verstehen.
    So wie Kate es früher getan hatte.
    Er hob die Hand und klopfte leise an. Zugleich durchzuckten ihn Vorfreude und leichte Panik. Panik siegte und brachte ihn wieder zur Vernunft. Was zum Teufel tat er da bloß? Er war ein verheirateter Mann. Julianna war seine Angestellte. Mal abgesehen von den moralischen Aspekten seines Verhaltens, was war mit den rechtlichen? Das hier konnte man sicher als sexuelle Belästigung auslegen. Er war Anwalt, um Gottes willen, und er hoffte, mal der Bezirks-Staatsanwalt von St. Tammany Parish zu werden.
    Er wich zu rück, wandte sich ab und wollte die Eingangsstufen hinuntergehen, dankbar für den letzten Rest Vernunft in seinem Alkohol benebelten Hirn.
    Doch es war zu spät. Die Tür ging auf, und Licht fiel in die Nacht hinaus. „Richard? Sind Sie das?“ Er drehte sich um und sah sie an. „Was in aller Welt tun Sie denn hier?“
    Er errötete und wünschte, klar denken zu können und weniger getrunken zu haben. „Tut mir Leid, Julianna. Kate undich … wir hatten einen Streit, und ich wusste nicht, an wen ich mich sonst wenden …“ Er seufzte tief. „Ich komme mir entsetzlich blöd vor. Ich hoffe, Sie können mir diesen schrecklichen Bruch beruflicher Etikette verzeihen.“
    Sie öffnete die Tür ein bisschen weiter und trat deutlicher in das Rechteck aus Licht. „Sie hatten einen Streit mit Kate?“
    So von hinten beleuchtet, wurde ihr Nachthemd fast durchsichtig. Er ließ den Blick tiefer wandern, obwohl er sich ermahnte, es nicht zu tun. Der Mund wurde ihm trocken, und sein Puls beschleunigte sich.
    „Ja.“ Er riss den Blick los und sah ihr ins Gesicht, verlegen und erregt. „Ich brauchte jemand zum Reden … und da fielen Sie mir ein.“
    Sie drückte die Tür ganz auf. „Ich hole meinen Morgenmantel.“
    Ihr Apartment war klein und schäbig möbliert, aber makellos sau ber. Trotz Erschöpfung und Trunkenheit bemerkte er stilvolle Highlights hier und da, eine Vase mit exotischen Blumen, einen schimmernden weichen Überwurf auf dem Sofa, Gruppen von Duftkerzen in unterschiedlichen Größen und Formen.
    Einige Augenblicke später kehrte Julianna in einem weißen

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