Albtraum
zu sein, und beschloss, ihn ein wenig im Auge zu behalten.
Später an diesem Tag erschien auch der letzte Neue im Café.Wenn Kate es nicht schon wegen des T-Shirts vom Cleveland State College geahnt hätte, wäre Tess’ Ausruf: „O mein Gott, er ist es!“ Bestätigung genug gewesen.
„Sie müssen Nick sein“, sagte Kate und streckte ihm die Hand hin. „Willkommen im ‚Uncommon Bean‘.“
Er ignorierte Tess’ Reaktion völlig und lächelte Kate an, wobei er die makellosesten und weißesten Zähne zeigte, die sie je gesehen hatte. Er hatte ein entwaffnendes Filmstarlächeln. Tess hatte Recht: Nick Winters war ein sehr attraktiver Mann. Sie wettete, dass vor allem die weiblichen Studentenam Cleveland State College Schlange gestanden hatten, um Philosophie bei ihm zu hören.
Er nahm ihre Hand. „Und Sie müssen Kate sein. Ihre Angestellten haben mir alles von Ihnen erzählt.“
„Wirklich?“ Sie lachte leicht verlegen und entzog ihm langsam ihre Hand. „Hoffentlich nur Gutes.“
„Sie haben Ihr Lob in den höchsten Tönen gesungen.“ Lächelnd richtete er den Blick auf Emma. „Und sie haben mir alles über Ihr kleines Wunderbaby erzählt. Darf ich?“ Er streckte die Hände aus. „Ich habe seit Ewigkeiten kein Baby mehr gehalten.“
Kate zögerte nur kurz und übergab ihm ihre Tochter. Ihre Bedenken schwanden sofort, denn er handhabte Emma wie ein Profi. Er hielt sie hoch und bewunderte sie. „Sie ist bildhübsch.“
„Danke.“ Kate lächelte. „Das finde ich auch.“
Er sprach leise mit Emma, und sie lächelte und quiekte.
Kate beobachtete die beiden. „Wie ich sehe, haben Sie viel Zeit mit Kindern verbracht.“
„Ich war der Älteste aus einer Brut von sechs.“ „Haben Sie eigene Kinder?“
„Nein. Mit der Verantwortung für fünf Geschwister aufzuwachsen, hat mir gereicht.“ Er deutete auf einen Tisch. „Kommen Sie, setzen Sie sich zu mir. Reden wir einen Augenblick, wenn Sie Zeit haben.“
Sie warf einen Blick auf Tess und Blake, die alles unter Kontrolle hatten. „In Ordnung, sehr gern.“
Sie setzte sich mit Nick Winters an einen Fenstertisch. Er wiegte Emma auf den Knien, während er seinen Cappuccino süßte. „Erzählen Sie mir von sich, Kate Ryan.“
„Was gibt es da zu erzählen?“ Sie hob kurz die Schultern. „Ich bin verheiratet und Mutter. Ich mache Glasbilder als Hobby, und ich bin süchtig nach Kaffee. So süchtig, dass ich mein eigenes Café eröffnet habe. Sehr normal also. Sie hingegen führen ein ungewöhnliches Leben. Wie ich gehört habe, sind Sie eine Art Nomade geworden.“
Er überhörte die Anspielung auf sein Leben. „Das klingt nach falscher Bescheidenheit, Kate. Ich schaue Sie an und sehe eine schöne, kompetente und talentierte Frau.“
Sein unverblümtes Kompliment verblüffte sie, und sie spürte sich erröten. Etwas, das sie seit Jahren nicht getan hatte. „Also, danke.“
„Nehmen wir mal die Glasbilder. Sie nennen das ein Hobby. Es ist jedoch offensichtlich, wie viel Liebe Sie in die Arbeit stecken. Die Bilder sind exzellent.“
Sie lachte leise. „Nochmals danke.“
Er ließ lächelnd einen Finger über Emmas samtige Wange gleiten. „Was ich nicht verstehe, ist, warum vergeuden Sie Ihre Zeit bloß mit einem Café? Sie sollten hauptberuflich Kunst machen.“
Sie sah ihn verunsichert an und wusste nicht, ob sie geschmeichelt oder beleidigt sein sollte. „Ich bin ein zu praktischdenkender Mensch, als dass ich mich darauf verlassen würde, allein mit dem Verkauf von Kunst meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.“
„Aber es gibt Wichtigeres als Geld. Sie haben ein Talent, das Sie vergeuden.“
Sie zuckte fast zusammen. Teils wegen seiner kühnen Analyse, aber vor allem, weil er genau den Kampf ansprach, den sie seit Jahren innerlich ausfocht. „Natürlich haben Sie ein Anrecht auf Ihre Meinung.“
„Jetzt habe ich Sie gekränkt. Das wollte ich nicht. Tut mir Leid.“
„Nein, das haben Sie nicht. Aber die Pflicht ruft, ich muss wieder an die Arbeit.“
Er stand mit ihr auf und übergab ihr Emma. Sie nahm das Kind und ging davon, blieb aber noch einmal stehen und sah zurück, als er ihren Namen rief. „Unser Gespräch hat mir sehr gefallen, Kate. Ich halte Sie für eine außergewöhnliche Frau.“
Kate spürte sich wie der erröten. Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte, deshalb lächelte sie nur und kehrte mit hochrotem Gesicht an den Tresen zurück.
„Was war das denn?“ fragte Blake mit gesenkter Stimme.
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