Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)
wirklich aus, Mutter?, dachte ich. Was steht in diesem Buch, das du gestohlen hast? Und warum hast du den anderen Bibliothekaren Lügen über mich erzählt?
Tut mir leid. Hat dieser letzte Teil euch ein bisschen deprimiert? Dann sollte mal jemand etwas Lustiges sagen. Wir wär’s damit: Ihr werdet sehen, am Ende des Buches erkenne ich, dass alles, was ich über mein Leben zu wissen glaubte, eine Lüge war, und dann werde ich noch einsamer sein als je zuvor.
Was sagt ihr? Das war nicht besonders lustig? Das meint ihr nur, weil ihr den Witz nicht erkannt habt. Ich habe ihn in dem Satz versteckt, aber ihr müsst ihn rückwärts lesen, um ihn zu kapieren.
Habt ihr ihn kapiert? Nein? Vielleicht müsst ihr ihn laut vorlesen, um den Witz herauszuhören. Versucht es einmal. Hört euch jedes Wort an.
Wie war das? Was? Oh, das sollte nicht euch zum Lachen bringen, sondern alle Leute um euch herum, die hören, wie albern ihr klingt. Hat es funktioniert? (Wie ihr oben noch mal nachlesen könnt, sagte ich: »Jemand muss etwas Lustiges sagen.« Aber ich sagte nicht, dass ich dieser Jemand sein würde…)
»Also«, sagte Bastille nach einer Weile. »Willst du etwas über diese Linsen wissen, die dein Großvater dir mitgegeben hat?«
»Klar«, sagte ich, froh über den Themawechsel. Ich zog die grün und violett getönten Überträgerlinsen heraus. Wenn ich sie durch meine normale Okulatorenbrille betrachtete, hatten sie eine sehr lichtstarke Aura. Linsen, die so intensiv glühten, waren sehr mächtig.
»Die sollen schwierig zu benutzen sein«, begann Bastille. Sie nahm mir die Überträgerlinsen aus der Hand und inspizierte sie. »Im Grunde verleihen sie dir die Fähigkeit, einer anderen Person etwas von dir selbst zu geben.«
»Etwas?«, fragte ich. »Was denn?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Das kommt darauf an. Wie gesagt, diese Linsen sind schwer zu benutzen, und niemand scheint sie völlig zu verstehen. Du setzt sie auf, schaust jemanden an und konzentrierst dich auf diese Person. Dann schickst du ihr etwas. Etwas von deiner Stärke, etwas, das du fühlst, etwas, das du kannst und sie nicht. Es gibt Berichte über merkwürdige Vorkommnisse im Zusammenhang mit diesen Linsen. Einmal hat ein Okulator, der auf Trolle mit einem allergischen Hautausschlag reagierte, solche Überträgerlinsen benutzt, um seinen Ausschlag an seine politische Rivalin weiterzugeben, während sie gerade eine Rede hielt.«
»Wirklich?« Ich nahm die Linsen zurück und betrachtete sie.
»Ja, und da seine Rivalin selbst ein Troll war, war das schon komisch. Jedenfalls sind diese Linsen sehr mächtig– und gefährlich. Eigentlich wundert es mich, dass dein Großvater sie dir gegeben hat.«
»Er vertraut mir mehr als er sollte«, sagte ich. Ich nahm meine Okulatorenbrille ab und setzte die Überträgerlinsen auf. Wie immer sah ich die Tönung der Gläser nicht, wenn ich die Brille aufhatte.
Bastille zuckte zusammen, als ich ihr das Gesicht zuwandte. »Richte die Dinger bloß nicht auf mich, Smedry!«
»Ich habe sie doch noch gar nicht aktiviert«, sagte ich. Mein Magen knurrte wieder. Ich musste unbedingt etwas essen, bevor…
Plötzlich fühlte ich mich satt. Ich legte verwundert den Kopf schräg, weil nun Bastilles Magen knurrte.
»Na toll«, sagte sie. »Du hast mir deinen Hunger verpasst. Vielen Dank, Smedry. Dabei habe ich gerade erst gegessen.«
Ich war verlegen, aber es war Bastille, die errötete.
Ich hatte meine Verlegenheit auf sie übertragen.
Schnell setzte ich die Brille ab und sofort verflog ihre Wirkung– ich war wieder hungrig und verlegen. »Wow!«
»Ich habe dich gewarnt«, schimpfte Bastille. »Zum Splitter noch mal! Ihr Smedrys hört einem nie zu!« Sie stürmte davon.
Betreten steckte ich die Überträgerlinsen wieder ein.
Nichtsdestotrotz schienen sie sehr nützlich zu sein.
Ich ging zurück zu unserem improvisierten Lager. »Okay«, sagte ich zu den anderen und hockte mich zu ihnen. »Ich denke, es ist dunkel genug. Lasst uns gehen.«
»Klingt gut«, sagte Kaz. »Wie sieht dein Plan genau aus?«
»Wir nutzen die Dunkelheit«, sagte ich.
»Ja, und?«
»Wir schleichen uns an den Wachen vorbei und rennen in die Stadt«, erklärte ich.
Die anderen drei sahen mich ungläubig an. »Das ist dein Plan?«, fragte Kaz.
»Klar«, sagte ich. »Was habt ihr denn erwartet?«
»Etwas, na ja, Interessanteres«, erwiderte Aydee stirnrunzelnd.
Kaz nickte. »Du hast gesagt, dass du einen Plan hast und dass wir warten
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