Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)
sonst bleibe ich stumm. Du hast die Wahl.«
Ich knirschte mit den Zähnen, aber mir schien nichts anderes übrig zu bleiben. Widerwillig steckte ich die Wahrheitsfinderlinse wieder ein und gab meinen Leibwachen ein Handzeichen, dass sie zurückbleiben sollten, dann eilte ich Shasta hinterher. Nun würde ich nicht mehr erkennen können, ob sie log oder nicht, zumindest nicht eindeutig. Aber hoffentlich würde ich trotzdem etwas von ihr erfahren. Warum hatte sie sich dem Stoßtrupp angeschlossen, der in die Stadt eingedrungen war? Vielleicht wusste sie etwas, das uns retten konnte.
Während ich auf sie zuging, schrillte ein Alarmsignal durch Tuki Tuki– einer der Beobachter, die überall in der Stadt postiert waren, hatte ein aufbrechendes Tunnelausstiegsloch entdeckt. Hoffentlich würden die Krieger mit den Eindringlingen fertigwerden. Ich trat zu Shasta, die sich weit genug von Aluki und der anderen Wache entfernt hatte, um außer Hörweite zu sein. Ich hatte den Verdacht, dass sie mich von den beiden weglocken wollte, um mich dazu zu überreden, sie freizulassen.
Aber das würde ihr nicht gelingen. Ich hatte nicht vergessen, dass sie bereit gewesen war, Himalaya ans Messer zu liefern, und dass sie mich– ihren eigenen Sohn– an Blackburn, den einäugigen Dunklen Okulator, verkauft hatte. Und dass sie Asmodean getötet hatte. (Okay, das hatte sie nicht getan, aber ich hätte es ihr zugetraut.)
»Was glaubst du über die Smedry-Talente zu wissen?«, fragte sie mich mit verschränkten Armen. Ihr süffisantes Lächeln war verschwunden. Nun wirkte sie todernst. Vielleicht hätte ihr finsterer Blick mich eingeschüchtert, wenn sie nicht neben diesem großen Tiger-Kauspielzeug gestanden hätte.
»Ich habe mit Kaz über das Thema gesprochen«, sagte ich. »Die Inkarna wollten Menschen in Linsen verwandeln.«
Sie rümpfte die Nase. »Das ist eine sehr grobe Vereinfachung. Die Inkarna entdeckten die Energiequelle magischer Linsen. Die Seele jedes Menschen besitzt eine Kraft, eine Energie. Linsen haben keine eigene Energie. Sie konzentrieren lediglich die Energie des Okulators und verwandeln sie in etwas Nützliches. Ähnlich wie ein Prisma, das Licht bricht.«
Sie sah mich an. »Der Schlüssel sind die Augen«, fuhr sie fort. »Dichter haben sie die Fenster der Seele genannt. Fenster funktionieren in beide Richtungen. Jemand kann dir in die Augen schauen und deine Seele sehen, aber wenn du jemanden anschaust, strahlt die Energie deiner Seele aus deinen Augen. Wenn du Linsen trägst, wandeln sie diese Seelenenergie in etwas anderes um. In manchen Fällen verändert sich dadurch deine Wahrnehmung, sodass du etwas sehen kannst, das du sonst nicht sehen könntest. In anderen Fällen wandeln die Linsen die Seelenenergie so um, dass du damit Feuer- oder Windstöße erzeugen kannst.«
»Das ist Unsinn«, widersprach ich. »Ich hatte schon Linsen, die noch funktionierten, nachdem ich sie bereits abgenommen hatte.«
»Weil deine Seele sie noch speiste«, erklärte sie. »Bei einigen Glassorten ist es wichtig, dass man durch die Linsen hindurchschaut. Bei anderen genügt es, wenn sie in der Nähe deiner Seele sind. Dann brauchst du sie nur zu berühren, um sie zu aktivieren.«
»Warum erzählst du mir das?«
»Das wirst du schon sehen«, erwiderte sie vage.
Ich traute ihr nicht. Ich glaube, niemand, der halbwegs bei Verstand ist, würde Shasta Smedry trauen.
»Also was machten die Inkarna?«, fragte ich.
»Sie wollten diese Seelenenergie nutzbar machen«, sagte sie. »Die Seele jedes Menschen schwingt in einem bestimmten Ton, so wie reines Kristall, wenn man es auf die richtige Art reibt. Die Inkarna dachten, sie könnten die Kraft ihrer Seelenschwingungen nutzen.«
Die Kraft ihrer Seelenschwingungen? Das klingt nach einem Disco-Song aus den Siebzigern, nicht? Ich muss wirklich eine Band oder so was gründen, um all diese Hits zu spielen.
»Okay«, sagte ich. »Aber etwas ging schief, oder? Die Talente hatten schwere Mängel. Anstatt die erhofften Kräfte zu bekommen, hatten die Inkarna am Ende einen Haufen Leute, die ihre Fähigkeiten kaum kontrollieren konnten.«
»Ja«, sagte sie und sah mich nachdenklich an. »Du hast das wirklich gründlich durchdacht.«
Ich fühlte einen trotzigen Stolz in mir aufsteigen. Meine Mutter– die ich während meiner Kindheit nur als Ms. Fletcher gekannt hatte– hatte sehr selten etwas zu mir gesagt, was Ähnlichkeit mit einem Kompliment hatte.
Ich zwang mich, bei der Sache zu
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