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Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)

Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)

Titel: Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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hatte, aber ihre Argumentation war überzeugend. Und sie klang– ausnahmsweise einmal– völlig ehrlich. Ich sah sie an. Sie hatte die Arme verschränkt und wirkte aufgewühlt.
    Ich vermutete, dass sie meinen Vater immer noch liebte. Die Wahrheitsfinderlinse hatte mir vor ein paar Monaten einen Hinweis darauf gegeben. Aber sie hatte sich alle Mühe gegeben, ihn aufzuhalten, die Übersetzerbrille zu stehlen und ihn nicht an den Sand von Rashid gelangen zu lassen. Sie war sogar so weit gegangen, ihren eigenen Sohn als Köder zu benutzen, um diesen Sand an sich zu bringen.
    Zögernd zog ich die Wahrheitsfinderlinse heraus. Sie sah mich nicht an, sondern starrte in die Ferne. »Dieses Wissen ist einfach zu gefährlich«, sagte sie, und sie sprach die Wahrheit– zumindest glaubte sie, dass das die Wahrheit war.
    »Ich würde alles tun, um zu verhindern, dass irgendjemand an dieses Wissen gelangt«, fuhr sie fort, als hätte sie vergessen, dass ich da war. »Das Buch, das wir in Nalhalla gefunden haben, habe ich verbrannt. Es existiert nicht mehr. Aber das wird Attica nicht aufhalten. Er wird einen Weg finden, wenn ich ihn nicht irgendwie stoppe. Biblioden hatte recht. Dieses Wissen muss zurückgehalten werden. Zum Wohle aller Menschen. Zum Wohle meines Sohnes. Zum Wohle von Attica selbst…«
    Meine Linse zeigte mir, dass jedes Wort wahr war. Ich ließ sie sinken und hatte plötzlich eine schreckliche Erkenntnis. Ich begriff, dass der Bösewicht in dieser Geschichte nicht meine Mutter war, sondern mein Vater.
    War es möglich, dass die Bibliothekare tatsächlich recht hatten?

KAPITEL 4815162342
    Die Erkenntnis, die ich dort in dem verlassenen Zoo hatte, war schrecklich, aber sie öffnete mir die Augen.
    Ein ähnliches Aha-Erlebnis hatte ich gehabt, als ich zum ersten Mal die Weltkarte sah, die in der Bücherei meiner Heimatstadt hing. Sie zeigte Kontinente, von denen ich bisher nichts gewusst hatte, und zwang meinen Geist, in neuen, größeren Dimensionen zu denken und einen Raum zu erfassen, den er noch nicht kannte.
    Ich hatte so viel Zeit mit Grandpa Smedry und den anderen verbracht, dass ich– verständlicherweise– die Dinge inzwischen so sah wie sie. Die »Art der Smedrys« war eine ungestüme Risikofreude, die an Verantwortungslosigkeit grenzte. Wir waren ein wilder Haufen, der sich in wichtige Geschehnisse einmischte und auf lebensgefährliche Abenteuer einließ. Wir taten viel Gutes, aber nur deshalb, weil wir uns von den Crystin-Rittern und unserem eigenen Ehrgefühl leiten ließen.
    Doch was wäre, wenn alle Leute sich so verhielten? Der Vergleich meiner Mutter war gut. Wenn jeder Mensch eine Bombe bekäme, die groß genug war, um die Stadt in Schutt und Asche zu legen, würden wahrscheinlich die meisten verantwortungsbewusst mit ihr umgehen. Doch ein einziger Fehler würde genügen, um alles zu zerstören.
    Hatten die Bibliothekare, die gewisse Informationen zurückhalten wollten, also recht?
    Vielleicht schon, dachte ich. Aber in vielen anderen Dingen hatten die Bibliothekare natürlich unrecht. Sie waren extrem kontrollsüchtig. Sie eroberten Länder und zwangen deren Bürgern ihre Lebensweise auf. Sie logen und verdrehten Tatsachen. Sie manipulierten und unterdrückten Menschen.
    Trotzdem war es möglich, dass sie auch mal recht hatten, während Mitglieder meiner Familie sich irrten. Und es war sehr gut möglich, dass meine Mutter– so arrogant, berechnend und abweisend sie auch war– etwas Nobles tat, während mein Vater sich auf einem gefährlichen Holzweg befand.
    Wenn er bekam, was er wollte, konnte das die Welt zerstören.
    Während ich dort in diesem Zoo stand und darüber nachdachte, veränderte sich alles.
    Oder vielleicht veränderte nur ich mich und die Welt blieb dieselbe. Oder vielleicht veränderten wir uns beide.
    Manchmal wünschte ich, der verdammte Fluss von Heraklit würde einfach stehen bleiben. Solange er sich nicht bewegte, war er leicht zu durchschauen und einzuschätzen.
    Aber so ist das Leben nicht. Und manchmal werden Leute, die bisher unsere Feinde waren, zu unseren Verbündeten.
    »Ich sehe, dass du den Ernst der Lage verstehst.«
    »Ja.«
    »Dann schließen wir ein Bündnis?«, fragte sie. »Arbeiten wir von nun an zusammen, um ihn aufzuhalten?«
    »Darüber muss ich erst nachdenken.«
    »Überleg nicht zu lange«, sagte sie und warf einen Blick nach oben. »Tuki Tuki ist dem Untergang geweiht. Wir müssen möglichst schnell zu den Katakomben gelangen, weil wir dort noch

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