Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)
sagte sie. »Vielleicht hat mich gar niemand reingelegt. Vielleicht wurde ich wirklich nur zu schnell befördert und war der Aufgabe noch nicht gewachsen. Vielleicht… vielleicht gibt es gar keine große Verschwörung gegen mich.«
»Möglich wäre es«, sagte ich.
Ihr glaubt das natürlich nicht. Ich meine, wann ist schon keine große Verschwörung im Gange? Diese ganze Buchreihe handelt schließlich von einer geheimen Sekte fieser Bibliothekare, die die Welt beherrscht, zum Splitter noch mal!
»Alcatraz?«, rief eine Stimme. Einen Augenblick später kam Sing um die Ecke. »Himalaya hat noch ein Buch in der Vergessenen Sprache gefunden. Ich dachte, das würdest du dir gern anschauen.«
Ich sah Bastille an. »Was ist? Meinst du, ich brauche einen Babysitter?«, fauchte sie und scheuchte mich mit einer fahrigen Handbewegung weg. »Geh schon. Ich komme gleich nach.«
Ich zögerte kurz, doch dann folgte ich Sing um ein paar Bücherwände herum in die Mitte des Raumes. Der Prinz hockte mit gelangweilter Miene auf etwas, das aussah wie ein Thron aus Büchern. (Ich weiß bis heute nicht, von wem er sich den hat bauen lassen.) Folsom dirigierte das Umräumen der Stapel, während Himalaya immer noch sortierte und nicht langsamer zu werden schien.
Sing reichte mir das Buch. Wie bei den anderen in der Vergessenen Sprache waren nur verrückte Kritzeleien auf dem Einband. Alcatraz der Erste– mein großer Vorfahr– hatte vor seinem Tod sein Bruchtalent dazu benutzt, die Sprache seines Volkes so zu verfremden, dass sie niemand mehr lesen konnte.
Niemand außer einem Okulator mit Übersetzerlinsen. Ich setzte meine auf und schlug die erste Seite auf, in der Hoffnung, dass es kein weiteres Kochbuch war.
Notizen zu den Talenten der Smedrys, stand auf der Titelseite, und eine Erklärung, was zum Untergang ihres Volkes führte. Niedergeschrieben von Fenilious K. Wandersnag, Schreiber seiner Majestät Alcatraz Smedry.
Ich blinzelte erstaunt. Dann las ich den Titel erneut.
»Leute?«, rief ich und drehte mich um. »He, Leute!«
Die Soldaten hielten inne und Himalaya warf mir einen Blick zu. Ich hielt das Buch hoch.
»Ich glaube, wir haben gerade gefunden, was wir gesucht haben.«
Kapitel 17
Alles wird schieflaufen.
Ach, wusstet ihr das noch nicht? Ich dachte, das wäre klar. Wir nähern uns dem Ende des Buches und wir haben soeben einen sehr ermutigenden Sieg errungen. Alles sieht gut aus. Deshalb wird natürlich alles schieflaufen. Ihr solltet besser auf dramatische Handlungsmuster achten.
Ich würde euch gerne versprechen, dass alles gut ausgehen wird, aber eins solltet ihr meiner Meinung nach verstehen. Dies ist der mittlere Band der Buchreihe. Und wie jeder weiß, verlieren die Helden im mittleren Buch immer. Das macht die Geschichte spannender.
Tut mir leid. Aber hey, wenigstens hat jedes Buch von mir ein tolles Ende, oder?
Ich dankte den Soldaten und befahl ihnen, auf ihre Posten zurückzukehren. Sing und Folsom kamen zu mir und betrachteten das Buch, auch wenn sie es nicht lesen konnten. Ich vermutete, dass meine Mutter einen Okulator bei sich hatte, der das Buch lesen konnte, denn für sie selbst wären die Linsen nutzlos.
»Bist du dir sicher, dass es das ist, wonach wir gesucht haben?«, fragte Sing und blätterte in dem Buch.
»Es ist die Geschichte des Niedergangs der Inkarna«, sagte ich. »Erzählt vom Privatsekretär von Alcatraz dem Ersten.«
Sing pfiff. »Wow! Wie stehen die Chancen?«
»Ganz gut, würde ich sagen«, erwiderte Bastille, die um die Ecke kam und sich uns anschloss. Sie sah immer noch ziemlich mitgenommen aus, aber wenigstens stand sie. Ich schenkte ihr ein Lächeln, von dem ich hoffte, dass es aufmunternd war.
»Netter Versuch, dein dämliches Grinsen«, sagte sie zu mir. »Also, das hier ist das Königliche Archiv…«
»Keine…«, begann Sing.
»Unterbrich mich nicht«, fuhr Bastille ihn an. Sie schien momentan besonders reizbar zu sein– aber Leute, denen ein Stück ihrer Seele herausgerissen wurde, befinden sich nun mal in einem Ausnahmezustand.
»Das ist das königliche Archiv«, wiederholte Bastille. »Viele der Bücher hier gehen schon seit Jahrhunderten von einer Generation der nalhallischen Königsfamilie an die nächste über. Und die Smedrys, die Ritter von Crystallia und andere Adelsfamilien aus verbündeten Königreichen haben die Sammlung weiter vergrößert.«
»Ja, so ist es«, bestätigte Prinz Rikers, nahm Sing das Buch aus der Hand und inspizierte es.
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