Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)
hin- und herliefen.
»Oh nein, das konnte ich nicht«, erwiderte Folsom. »Ich meine, schau sie dir an. Sie ist toll! Und ich bin nur ein stinknormaler Typ.«
»Ein stinknormaler Typ?«, fragte ich. »Folsom, du bist ein Smedry, ein Mitglied des Hochadels.«
»Ja«, sagte er und senkte den Blick. »Aber, ich meine, das ist nur ein Name. Im Grunde bin ich ein langweiliger Mensch. Wer findet einen Kritiker schon interessant?«
Ich verkniff mir die Bemerkung, dass Bibliothekare auch nicht gerade als hochinteressante Leute galten.
»Weißt du«, sagte ich, »ich verstehe nicht viel von diesen Dingen, aber ich glaube, wenn du sie liebst, solltest du ihr das sagen. Ich…«
In diesem Augenblick kam Prinz Rikers zu uns. »He, schaut mal, was ich gefunden habe!«, sagte er und zeigte uns ein Buch. »Ein Roman von mir. Er wird hier für die gesamte Nachwelt aufbewahrt. Selbst der Musikchip funktioniert noch. Seht ihr?«
Er klappte das Buch auf.
Da passierte es natürlich. Folsom schlug um sich und traf mich ins Gesicht.
Kapitel 16
Zunächst möchte ich einmal klarstellen, dass Gewalt selten die beste Lösung für Probleme ist.
Wenn ihr zum Beispiel das nächste Mal von einer Gruppe wütender Ninjas angegriffen werdet, könntet ihr natürlich deren Anführer treten, ihm sein Katana abnehmen und dann den Rest der Gruppe in einer zornigen Machtdemonstration niedermetzeln. Das wäre vielleicht eine Genugtuung– und ein kleines bisschen Spaß–, aber es wäre auch eine ziemliche Schweinerei und würde euch den Hass des ganzen Ninja-Klans eintragen. Bis zu eurem Lebensende würde er euch Killer hinterherjagen. (Es kann ziemlich unangenehm sein, wenn man während eines Schäferstündchens plötzlich einen Ninja abwehren muss.)
Anstatt zu kämpfen, könntet ihr die Ninjas auch mit Sojasoße bestechen und sie dann auf eure Geschwister hetzen. So könnt ihr unerwünschte Sojasoße loswerden. Seht ihr, wie einfach es ist, Gewalt zu vermeiden?
Es gibt jedoch gewisse Situationen, in denen Gewalt unvermeidlich scheint. Das sind gewöhnlich Situationen, in denen ihr jemanden windelweich prügeln wollt. Leider war in jenem Augenblick zufällig ich dieser »Jemand«. Folsoms Schlag kam völlig unerwartet und er traf mich voll ins Gesicht.
Da wurde mir etwas Interessantes bewusst: Das war das erste Mal in meinem Leben gewesen, dass mir jemand mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Es war also ein besonderer Augenblick für mich. Ich würde sagen, der Faustschlag fühlte sich ähnlich an wie ein Fußtritt, nur mit mehr Knöcheln, und er roch leicht nach Zitrone.
Vielleicht lag das mit dem Zitronengeruch auch nur an einem Kurzschluss, der in meinem Gehirn entstand, als ich rückwärts auf den Glasboden des Raumes geschleudert wurde. Ich war von dem Schlag ganz benommen, und als ich mich schließlich wieder berappelte, sah ich eine völlig chaotische Szene vor mir.
Die Soldaten versuchten Folsom zu überwältigen. Sie wollten ihn nicht verletzen, weil er ein Adliger war, deshalb konnten sie nur versuchen, ihn zu packen und festzuhalten. Aber das klappte nicht so recht. Folsom kämpfte mit einer paradoxen Mischung aus erschreckender Unkontrolliertheit und verblüffender Zielsicherheit. Er war wie eine Marionette, die von einem Kung-Fu-Meister gelenkt wurde. Oder vielleicht auch umgekehrt. Im Hintergrund dudelte eine nervige Musik – anscheinend meine Erkennungsmelodie.
Folsom zappelte zwischen den Soldaten herum und verpasste ihnen unbeholfene (aber ziemlich gut platzierte) Tritte, Faustschläge und Kopfstöße. Er hatte bereits mindestens zehn Soldaten niedergeschlagen und die restlichen zehn bekamen auch gerade einiges ab.
»Das ist total aufregend!«, rief der Prinz. »Hoffentlich macht jemand Notizen! Hätte ich bloß einen Sekretär mitgenommen! Ich sollte nach einem schicken.« Rikers stand nicht weit weg von dem Kampfgetümmel.
Bitte hau ihn, dachte ich und stand mit wackligen Knien auf. Nur ein kleines bisschen.
Aber es sollte nicht sein. Folsom konzentrierte sich auf die Soldaten. Himalaya rief ihnen zu, sie sollten versuchen, Folsom die Ohren zuzuhalten. Wo war Bastille? Sonst kam sie immer sofort angerannt, wenn sie Kampfgeräusche hörte.
Die schmissige »Alcatraz-Smedry-Erkennungsmelodie« dudelte weiter. Sie kam aus der Nähe des Prinzen. »Prinz Rikers!«, schrie ich. »Das Buch! Wo ist es? Wir müssen es zuklappen!«
»Hä? Was?« Er drehte sich um. »Äh, ich glaube, ich habe es fallen lassen, als der
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