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Aldebaran

Aldebaran

Titel: Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Als Byblos wieder zu Jbeil wurde.« Er erzählt ihr die Geschichte von Jbeil. Dem kleinen Mittelmeerhafen phönizischen Ursprungs. Eine der ältesten Städte der Welt.
    »Einer alten Legende zufolge starb Adonis in den Armen von Astarte an den Quellen des Flusses Nahr Ibrahim. Sein Blut gebar Anemonen und färbte den Fluss rot. Astartes Tränen erweckten ihn wieder zum Leben, bewässerten die Erde und machten sie fruchtbar … Meine Erde.«
    Céphée schmiegt sich an ihn. Sie sieht zu ihm auf, lächelt, schließlich küsst sie ihn auf die Wange. »Dein Land ist schön.«
    Dasselbe Glück ergoss sich vom Himmel über das Meer. Er hatte damals gedacht, dass dies das einzige große Glück auf Erden sei. Das Recht, maßlos zu lieben. Er verspürte das Bedürfnis, Céphées Körper fest zu umarmen, wie er es an jenem Tag getan hatte. Sie zwischen Jasmin- und Feigendüften zu lieben.
    Erinnerungen und Überlegungen schoben sich wieder darüber. Warum sollten sie nicht dorthin zurückkehren, nach Byblos? Um dort zu leben. Sie und er mit den Kindern. Der Libanon befand sich im Wiederaufbau, wie sein Bruder Walid nicht oft genug betonen konnte. Die Touristen würden zurückkommen, und die Geschäfte würden aus der Asche des Krieges neu aufblühen. Walid hatte etwas zu investieren. Er würde mit oder ohne ihn investieren. Das hatte er von seinem Vater, eine gute Hand für Geschäfte.
    Er öffnete eine Dose Bier und trank gierig. Warum eigentlich nicht? Was hatte er auf dem Meer verloren, weit von denen, die er liebte? Welcher Fluch hatte ihn eines Tages getroffen, ihn und so viele andere, die nur fern von allen Ufern einen Sinn im Leben fanden?
    Im Hafenbecken La Grande Joliette begann die Citerna 38 ihr Manöver. Langsam glitt sie am Digue Sainte-Marie entlang. Sie änderte den Kurs und richtete ihren Bug aufs offene Meer. Eine majestätische Bewegung, die dem Hafen und der ganzen wimmelnden Stadt ihre Gebärden und Farben verlieh. Ihr Durcheinander. Ihre Daseinsberechtigung. Sämtliche Fragen von Abdul Aziz lösten sich auf. Er stand auf.
    Einige Meter weiter oben begegnete er einem eng umschlungenen Liebespaar auf einer Steinbank. Den Blick auf den Frachter geheftet. Hinter ihnen ragte die gewaltige Skulptur zu Ehren der auf See Gebliebenen auf. Zwei Männer. Einer vom anderen gestützt, der den Arm aufs Meer richtete. Abdul Aziz dachte flüchtig an Diamantis und sich selbst, dann lächelte er den beiden Liebenden im Vorübergehen zu. Sie schenkten ihm keinerlei Aufmerksamkeit. Ihr Blick war auf den Horizont gerichtet. Dorthin, wo Träume sterben und Tränen geboren werden.
     
    Diamantis und Abdul Aziz trafen sich im selben Bus wieder. Zufällig. Kaum hatte Diamantis Abdul Aziz entdeckt, schwenkte er eine in Zeitungspapier gewickelte Flasche über dem Kopf. »Cutty Sark«, sagte er und setzte sich neben ihn. »Nicht schlecht, oder?« Er hatte ihn bei Toinou erstanden. Zum Einkaufspreis.
    »Hast du einen schönen Tag gehabt?«
    »Ja, ja«, brummte Abdul.
    Er hatte keine Lust zu reden. Dabei wusste er, dass er sich Diamantis anvertrauen konnte. Er sollte es tun. Aber sein Stolz hinderte ihn daran. Wie konnte er ihm sagen: »Diamantis, nach reiflicher Überlegung werde ich die Aldebaran verlassen. Ich mach Schluss.« Er hätte ihm die ganze Geschichte erzählen müssen. Was würde er von ihm denken? Alles für eine Frau im Stich lassen. Hatte Diamantis sich nicht ein für alle Mal entschieden? Für die See. Nichts als die See.
    Er sah ihn verstohlen an.
    »Ich denke«, sagte er hart, »das sollte nicht wieder vorkommen. Dass das Schiff unbewacht ist.«
    »Wovor hast du Angst? Dass sie davonsegelt?«, entgegnete Diamantis.
    »Was weiß ich. Aber es sollte jemand auf der Aldebaran sein.«
    »Du bist der Kapitän, Abdul. Wenn du gehst, sag mir Bescheid. Einverstanden? Ich habe dich zum Kaffee erwartet.«
    Den Rest der Fahrt sprachen sie nicht mehr.
    Diamantis hatte in der Rue d’Endoume mehrere Pastis getrunken, in der Zanzi Bar. Das Radio war auf einen italienischen Sender eingestellt. Die Hitze lastete bleischwer auf der Straße. Er hatte nicht den Mut, hinauszutreten. Die Wirtin, eine kleine, blonde Frau mit gebleichten Haaren, empfahl ihm an Stelle des Sandwichs das Tagesgericht. Er hatte zunächst ein Sandwich mit Butter und Schinken bestellt. Sie hatte ihn angestarrt, als ob er ein Marsmensch wäre.
    »Ich habe heute Nudeln mit Basilikumsauce gemacht. Das ist besser als dieses Pappzeug. Ein Mann wie Sie muss ordentlich

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