Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
nicht besonders und vertraute ihm noch weniger; trotz ihrer eifrigen Korrespondenz war keiner von beiden von den guten Absichten des anderen überzeugt.
Alejandro ließ die aufdringliche Musterung reglos über sich ergehen, da er nicht wußte, was er tun sollte; Sir John hielt ihn an der Schulter, und Alejandro wartete, bereit, sich von ihm führen zu lassen.
Endlich ließ König Edwards Blick ihn los, und er sagte: »Wir sind entzückt, Doktor Hernandez, daß Ihr so weit gereist seid, um unserer Familie beizustehen. Es ist freundlich und großzügig von Seiner Heiligkeit, für unseren Schutz zu sorgen, indem sie uns Eure Dienste zur Verfügung stellt. Bitte nehmt mit uns das Abendessen sein. Wir sind begierig, die Neuigkeiten aus Avignon zu hören, die nur Ihr uns berichten könnt.«
Der König nickte in Richtung des leeren Stuhls, und Alejandro spürte, wie der diensteifrige Sir John ihn hinführte. Er setzte sich und zog den Stuhl an den Tisch. Zu seiner Rechten saß die hellhaarige und graziöse Prinzessin, die er zuvor bemerkt hatte. Er sah sie an und lächelte höflich.
»Mein Vater duldet nicht, daß seine Gäste sich verspäten«, sagte sie.
Sie sah Alejandro direkt an und lächelte kokett, und er spürte, wie alle ihn anschauten und auf seine Antwort auf diese unfreundliche Bemerkung warteten.
Das muß die ungezogene Isabella sein, dachte er. Sie ist genauso, wie de Chauliac gesagt hat. »Das ist nicht mehr als recht«, sagte Alejandro, »denn ein König verdient die höchste Achtung aller seiner Untertanen.« Alejandro wandte sich an den König und fuhr zerknirscht fort: »Bitte verzeiht meine Unhöflichkeit, Majestät, ich kenne mich in den Bräuchen Eures Königreiches noch nicht aus. Ich bin ein unwissender Spanier und weit von den Tröstungen meiner Heimat entfernt.«
Er hätte nichts Besseres sagen können, denn der König war stolz auf die Eleganz seines Hofes und legte größten Wert auf perfekte Gastfreundschaft. »Wir werden dafür Sorge tragen, daß Ihr in unseren Bräuchen unterwiesen werdet, Sir, damit Ihr Euch hier wohl fühlt. Ich kann nicht dulden, daß irgend etwas das Wohlbefinden meiner Gäste beeinträchtigt.«
Dann lachte der König herzlich. »Nach Auskunft des Heiligen Vaters, junger Mann, seid Ihr alles andere als unwissend. Er hegt große Bewunderung und Wertschätzung für Eure Fähigkeiten als Arzt. Und nun müßt Ihr mir meine Ignoranz vergeben, denn ich habe gegen meine Pflichten als Euer Gastgeber verstoßen. Bitte gestattet mir, Euch meiner geliebten Königin Phillippa vorzustellen.« Er wies in die Richtung der Königin.
Alejandro erhob sich so eilig, daß er beinahe seinen Stuhl umgeworfen hätte, und verbeugte sich tief vor der Königin, die ihm gnädig ein Lächeln gewährte. Unter den jüngeren Mädchen im Raum erhob sich gedämpftes Kichern; sie fanden seine aufrichtige, aber linkische Verbeugung sehr amüsant.
»Bitte, nehmt wieder Platz, Monsieur; ich bin diejenige, die sich durch Eure gelehrte Anwesenheit geehrt fühlt.«
Alejandro gehorchte der Aufforderung der Königin und wurde rot vor Verlegenheit über seinen erfolglosen Versuch, höflich zu sein.
»Doktor Hernandez«, fuhr der König fort, »ich hoffe aufrichtig, daß Ihr uns eine Arznei für die scharfe und übereilte Zunge meiner Tochter verschreiben könnt.« Er wies auf das Mädchen, das ihn vorhin getadelt hatte, und Alejandro sah den wütenden Gesichtsausdruck der Prinzessin. »Wir alle leiden unter Isabellas unbeherrschbarem Drang, unsere Unvollkommenheiten zu korrigieren. Aber sucht die Ursache dieser Eigenart zuerst bei mir; ich habe meine Isabella verwöhnt und kann niemandem die Schuld geben außer mir selbst. Und nun lernt meinen Sohn Edward kennen, den Prinzen von Wales.«
Der junge Mann, der mit dem König eingetreten war, sagte: »Eure Anwesenheit ist uns eine Ehre, Doktor«, während er Alejandro ein Zeichen gab sitzenzubleiben. »Seine Heiligkeit hat viel über Eure Ausbildung und Eure Fertigkeiten geschrieben. Er versichert uns, daß Ihr unsere Familie heil durch diese Plage bringen werdet.«
Er hat meine Fähigkeiten übertrieben, fürchte ich , dachte Alejandro bei sich; bei den Soldaten , die auf der Reise hierher krank wurden, haben sie wenig ausgerichtet . Er beschloß, eine realistischere Beschreibung dessen zu geben, was er für die englische Familie tun konnte, wenn er Gelegenheit hatte, den König unter vier Augen zu sprechen, denn er wollte die Damen nicht
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