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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Stuhl aufstehen. Er hatte fast seine gesamte Energie gebraucht, um Caroline zu behandeln, ohne selbst unter seiner Krankheit zusammenzubrechen. Sein Herz schlug wie rasend, aber er wußte nicht, ob das die Krankheit war oder seine Angst.
    Nachdem er etwas Kraft gesammelt hatte, ging er zu Carolines Kühlschrank, um nach der Stoffprobe zu suchen. Er kramte herum, brachte alles durcheinander und fühlte sich wütend und frustriert, als er erkennen mußte, daß das, was er suchte, einfach nicht da war. Er wußte, er würde all seine verbliebenen Energiereserven aufbrauchen, wenn er diese Wut zuließ, und deshalb setzte er sich wieder auf den Stuhl neben dem Bett und versuchte, sich zu beruhigen. Er beobachtete die schlafende Caroline.
    In ihrem Fieber warf sie sich unruhig herum. Sie schleuderte die Decken von sich und enthüllte ein langes, blasses Bein, wo ihr Nachthemd verrutscht war. Der Anblick dieses nackten Beins weckte Gefühle in ihm, die er normalerweise nicht mit einer solchen Situation in Verbindung gebracht hätte; er erregte ihn, weckte den Wunsch in ihm, sie zu berühren, und einen Augenblick lang schämte er sich dieser unpassenden Reaktion.
    War das der Beginn der Demenz, die das medizinische Lehrbuch angekündigt hatte? Er erschauerte in einem unwillkürlichen Krampf und schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Dann beugte er sich vor, streckte die Hand nach der Bettdecke aus, und als er sie endlich zu fassen bekam, deckte er Caroline wieder zu.
    Erschöpfung und Entmutigung überwältigten ihn. Er spürte, daß er von Minute zu Minute tiefer in Depression und Angst fiel; dem Buch zufolge ein weiteres Symptom. Das Antibiotikum, das er sich selbst gespritzt hatte, schien keine große Wirkung zu haben, und er fragte sich, ob er die nächste Dosis verdoppeln sollte. Darüber dachte er einen Augenblick nach und kam zu dem Schluß, daß wohl kaum die Gefahr einer allergischen Reaktion bestand. Er hoffte, diesmal würde die Droge schneller wirken. Aus zusammengekniffenen Augen schaute er auf den Wecker auf Carolines Nachttisch und sah, daß die nächste Dosis bald fällig war. Vielleicht sollte ich vorher nach Hause gehen und mich hinlegen, dachte er, vielleicht auch etwas essen. Doch bei dem Gedanken an Essen wurde ihm übel, und er entschied, daß er sich das Medikament genausogut gleich hier spritzen konnte. Warum warten? dachte er. Es wird schneller wirken, wenn ich es jetzt gleich mache.
    Mit einem tiefen Seufzer rollte Ted den Ärmel seines Hemdes auf und wischte mit einem Tupfer die Haut ab. Er nahm eine Ampulle aus der einen Tasche und eine saubere Spritze aus der anderen und zog zehn Milliliter von der Flüssigkeit in den klaren Glaskolben, also die doppelte Dosis der erforderlichen fünf. Dann kniff er die Augen zu, denn auch er haßte Spritzen, stieß die Nadel in seinen Arm und zog sie so schnell wie möglich wieder heraus.
    Erst danach sah er sich die kleine Ampulle näher an. Statt der Bezeichnung des Antibiotikums trug sie den Namen des Beruhigungsmittels. Statt der empfohlenen Dosis von einem Milliliter hatte Ted sich eine Dosis von zehn Millilitern gespritzt.
    In dem Augenblick wußte er, daß er keine andere Wahl hatte, als um Hilfe zu rufen, denn das Beruhigungsmittel war stark und wirkte schnell; er hatte es speziell wegen dieser Eigenschaften ausgewählt. Er vergeudete ein paar kostbare Sekunden, indem er an der Haut seines Arms herumdrückte, als könne er die tödliche Flüssigkeit herauspressen, die sich nun lautlos, aber stetig in seinem Körper verteilte. Alles, was er so sorgfältig geheimzuhalten versucht hatte, würde infolge seines Irrtums nun ans Licht kommen; er würde denen, die ihm zu Hilfe kamen, die Wahrheit sagen müssen. Er wäre ruiniert, daran bestand kein Zweifel. Und wenn schon, dachte er bei sich, als das Beruhigungsmittel zu wirken begann. Ich bin lieber lebendig und ruiniert als ein angesehener toter Mann.
    Diese traurigen Gedanken gingen ihm blitzschnell durch den Kopf, und er war selbst überrascht, wie leicht er sich entschließen konnte, alles aufzugeben, wofür er gearbeitet hatte, um noch ein wenig leben zu können. Ich bin der Anti-Faust, dachte er leicht amüsiert, ich handle mit Gott, um meine Seele zu behalten. Beim zweiten Anlauf werde ich alles besser machen, versprach er. Mit dem verzweifelten Verlangen, am Leben zu bleiben, stand er auf und ging auf den kleinen Tisch zu, auf dem das Telefon stand, seine Rettungsleine, und die

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