Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
wäre das alles womöglich illegal .«
Er schwieg für einen kurzen Moment. »Die Legalität ist fraglich, sicher, aber ich glaube nicht, daß ich Probleme bekommen werde. Es gibt hin und wieder so eine Art >Illegalität< der Medizin. Manchmal werden wir dazu gezwungen, weil das alles so kompliziert ist. Ich bin oft frustriert wegen der Hindernisse, die unsere Regierung uns in den Weg legt. Wenn nötig, haben wir so unsere kleinen Tricks, um sie zu umgehen. Und ich kann Ihnen versichern, daß mein Kollege sehr diskret sein wird. Er kennt nicht einmal Ihren Namen.« Er wünschte sich, er hätte ihr zulächeln können, aber ihr Hotel hatte keine Bildtelefone.
»Nun, ich denke, dann ist es ja in Ordnung .«
»Alles bestens«, versicherte er ihr. »Bestens. Sie müssen mir vertrauen, wenn ich Ihnen sage, daß es Ihnen in ein paar Tagen bessergehen wird, ohne daß jemand etwas merkt. Dann können Sie wieder an Ihre Arbeit gehen, und ich kann Bruce mit unserem Projekt anfangen lassen.«
»Daran habe ich gar nicht mehr gedacht«, sagte sie in entschuldigendem Ton. »Er hilft Janie, obwohl er eigentlich mit Ihnen arbeiten sollte. Wahrscheinlich haben wir dadurch, daß wir hier einfach aufgetaucht sind, ein ganz schönes Durcheinander angerichtet, nicht?«
Er tat nichts, um ihr ihre Schuldgefühle zu nehmen. »Das ist schon in Ordnung; ich verstehe, daß so etwas hin und wieder passiert. Dagegen kann man nichts machen. Aber bald geht es Ihnen wieder besser, und dann läuft alles wieder normal.«
»Hoffentlich haben Sie recht.«
»Oh, ich weiß, daß ich recht habe. Und jetzt sollten wir mit der Behandlung anfangen. Ich muß gleich aus dem Haus und kann dann bei Ihnen vorbeikommen, wenn Sie einverstanden sind. Mal sehen ... jetzt ist es Viertel nach drei; ich denke, ich kann in ungefähr einer Stunde bei Ihnen sein.«
»Ich bin Ihnen wirklich dankbar, daß Sie das tun.«
Es ist mir ein Vergnügen, dachte er.
Der alte Hund lag im Gras neben Sarin, den Kopf auf den Vorderpfoten, die Augen halb geschlossen. Hin und wieder zuckte er, und sein Herrchen schaute auf ihn herunter und fragte sich, wie schnell die Kaninchen in seinem Hundetraum wohl rannten.
Er schaute hinüber auf die leicht abfallende Ebene und sah zu, wie das Tageslicht verblaßte, eine neue Angewohnheit, die nun zu ihren spätnachmittäglichen Spaziergängen gehörte. Jeden Tag hielten sie an dieser Stelle an und sahen zu, wie die Sonne hinter dem Horizont verschwand; für Sarin war das die einfachste Art, sich das Vergehen der Zeit zu vergegenwärtigen, die für ihn seit dem Besuch der amerikanischen Frauen eine neue Bedeutung gewonnen hatte. Er wußte, daß seine Zeit begrenzt war, und er wollte sehen, wie sie verging.
Die Sonne ging unter; sein Herz erhob sich. Dieses Wunder faszinierte ihn jedesmal von neuem; er konnte sich vorstellen, wie all seine Vorgänger dasselbe getan hatten, zurück bis zum allerersten.
Er bezweifelte, daß das Feld jetzt sehr anders aussah. Abgesehen von den Lichtern der Stadt in der Ferne und den verwahrlost aussehenden Leuten, die immer an den Grundstücksgrenzen herumzulungern schienen, war es eigentlich unverändert; in diesem kleinen Protektorat schien es keinen großen Wandel zu geben, so deutlich man auch bei Sonnenuntergang das Vergehen der Zeit wahrnehmen mochte. Die Zeit schritt voran, unbekümmert um die kleinen Intrigen derer, auf die sie ihren dunklen Schatten warf.
Doch ihn würde die Zeit bald einholen, das wußte er. In den letzten paar Tagen nach dem Energieschub, der ihn angeregt hatte, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, erschlaffte er nun allmählich, als sei die Luft plötzlich dünner geworden. Jeder Tag brachte ihn seinem letzten Tag näher, und jetzt kam es ihm so vor, als rase die Sonne förmlich über den Himmel, um sich wie wahnsinnig hinter den Horizont zu stürzen. Er hatte Angst, und bis auf seinen Hund war er allein; er schaute auf seinen schlafenden Gefährten nieder und beneidete das sanfte Geschöpf um den schlichten Frieden, in dem es immer zu leben schien.
Ted ging den Gang im sechsten Stock des Hotels hinunter, unsicher wie ein Betrunkener, und stützte sich dabei mit einer Hand an der Wand ab. Sein Zustand hatte sich seit dem Gespräch mit Caroline dramatisch verschlechtert. Er war überzeugt gewesen, daß es ihm bald bessergehen würde, denn er hatte schon vor vielen Stunden seine erste Dosis Antibiotika genommen. Die Wirkung auf die Bakterien, die in seinen Körper eingedrungen
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