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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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wütenden Blick zu, beherrschte sich aber; dann grinste sie wissend und strich sich über das behaarte Kinn. »Ich erinnere mich sehr deutlich, junger Freund, daß die Rituale Euch ebensoviel Ehrfurcht eingeflößt haben wie der allzu frommen Dame, die Euch begleitet. Wollt Ihr leugnen, daß Ihr zumindest für ein Weilchen an die Heilung geglaubt habt?«
    Das konnte er nicht leugnen; er erinnerte sich an die intensive Faszination, die er empfunden hatte, während er der Vorführung der Alten zusah. Sie hatte recht. Zumindest für eine kurze Zeit hatte er geglaubt, die Lady würde überleben.
    »Und das«, sagte sie selbstsicher und in fast überheblichem Ton, »ist die einzige Quelle meiner heilenden Kräfte. Die Leute sind bereit, das zu glauben, was sie für wahr halten wollen. Ihr seid in dieser Hinsicht keine Ausnahme.«
    Aber ich möchte eine Ausnahme sein, dachte er niedergeschlagen. Ich brauche den Glauben, daß ich aufgrund meiner Ausbildung und meiner Hingabe das Leiden der Kranken lindern kann. Ich habe im Leben nichts als das.
    Sie sah seinen beschämten Blick und begriff, was dahinter stand. »Seid nicht zu hart gegen Euch selbst, Arzt, denn Ihr habt nicht genug Lektionen vom besten aller Lehrer gehabt, die in nichts anderem bestehen als der täglichen Ausübung Eurer Kunst. Erfahrung wird Euch mehr lehren als jeder Meister oder Mentor. Und ich glaube, daß ein Heilmittel bald verfügbar sein wird; man muß noch vieles ausprobieren. Jedesmal, wenn ich einen Patienten behandle, komme ich dem Erfolg ein bißchen näher; ich verändere die Anteile von Pulver und Flüssigkeit, denn darin liegt der Schlüssel.«
    Während sie sprach, räumte sie ihre Werkzeuge und Medikamente zusammen, doch zwei Behälter packte sie nicht ein. »Jetzt reißt Euch aus Eurem Selbstmitleid, junger Mann, und paßt auf, denn ich werde mich nicht wiederholen. Vor langer Zeit habe ich bemerkt, daß die Tiere, die aus der warmen Quelle bei meinem Haus trinken, allen Ansteckungen zu widerstehen scheinen, während andere von ihrer Art ihnen erliegen und schnell sterben.«
    Sie nahm ein großes Glas mit dem trüben gelben Wasser und stellte es auf einen Tisch neben ihm. »Ich habe beobachtet, daß es einen ziemlich unangenehmen Geruch hat, schwächer, aber ganz ähnlich wie der, den die seltsamen gelben Steine ausströmen, die aus den Kupferminen heraufgebracht werden.«
    »Das sind die, die mich an faule Eier erinnern.«
    »Ja, ganz recht! Wenn Ihr Euch nicht der Traurigkeit ergebt, seid Ihr schnell von Begriff! Ich habe angenommen, daß das gelbe Wasser etwas von den gelben Steinen enthält, in Form eines feinen Pulvers allerdings; wie das zugeht, weiß ich nicht, aber was spielt das für eine Rolle? Die Tiere, die aus dieser Quelle trinken, müssen inzwischen in all ihren Körpersäften eine große Menge von diesem stark riechenden gelben Stein enthalten.«
    »Wie nennt man dieses gelbe Pulver?«
    »Man nennt es Schwefel, manchmal auch Sulfur. Wenn es verbrannt wird, sprüht die Flamme Funken und wird blau. Hexen benutzen es seit langem, um die Ungläubigen von ihren besonderen Kräften zu überzeugen.«
    »Wie Ihr es heute mit dem Schilfrohr getan habt.«
    »Dieser sündigen Täuschung habe ich mich schuldig gemacht«, sagte sie mit einem Grinsen, »aber aus einem guten Grund.« Sie legte ein kleines braunes Säckchen neben das Glas mit dem Wasser. »Ihr müßt dieses graue Pulver hinzufügen, denn es macht stark, wie ein Schwert einen Ritter stark macht!«
    Sie nahm eine seiner Hände in ihre und schüttelte ein kleines Häufchen von dem körnigen grauen Pulver in seine Handfläche. Alejandro rieb es zwischen den Fingern und spürte die körnige Beschaffenheit. Er sah die alte Frau fragend an.
    Sie flüsterte ganz ehrfürchtig: »Es ist der Staub von den Toten, und er überträgt ihre Kräfte auf die Kranken.«
    Der Staub von den Toten? Das ist gewiß verboten ...
    Sie fuhr mit ihren Anweisungen fort. »Mischt einen Fingerknöchel von dem Pulver mit einer halben Handvoll von dem Wasser, und gebt dem Patienten bei Sonnenaufgang, am Mittag und noch einmal bei Sonnenuntergang einen guten Schluck davon. Sollte der Patient wach sein und Ihr auch, so schadet auch ein weiterer Schluck um Mitternacht nichts. Aber bewahrt Euren Vorrat auf und benutzt ihn weise, denn diese Dinge findet Ihr nur an meinem Wohnort; Gott allein weiß, wann Ihr sie wieder brauchen werdet.«
    »Gott allein«, wiederholte Alejandro und betete, daß das nie der Fall

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