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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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nichts schaden, dieselbe Substanz in sich aufzunehmen, aus der sie selbst bestand; wenn auch alle zivilisierten Gesellschaften die Praxis untersagten, Menschenfleisch zu essen, hatte der Jesus der Christen seinen Anhängern nicht seinen Leib gegeben?
    Er nahm die Schale auf, in der Kates Medizin gemischt wurde. Ein kleiner Rest war noch darin. Er gab mehr von dem gelben Wasser und dann eine kleine Menge Pulver dazu, bis er eine dünne, wässrige Mischung erhielt. Er würde anfangen, ihr davon zu geben, wenn die Zeit für ihre nächste Dosis gekommen war.
    Die Kleine wachte nur selten auf; ihr kleiner Körper war zusammengerollt wie der eines Säuglings, genau wie der ihrer Mutter kurz vor dem Ende. Ihre wachsamen Gefährten wuschen immer, wenn es nötig war, ihre Ausscheidungen weg und bezogen ihr Bett frisch. Manchmal zuckte sie, und Alejandro fragte sich, ob Carlos Alderon vielleicht auch einen Weg in Kates Träume gefunden hatte; es schien, als sei der Schmied es müde geworden, den Arzt heimzusuchen, vielleicht, weil er nicht mehr dessen volle Aufmerksamkeit erringen konnte, da nun Adele an seiner Seite war.
    Doch nach und nach begann Alejandro, eine Besserung zu sehen; die Schwellungen an Kates Hals wurden kleiner und heller, und sie schlief friedlicher. Endlich, am dreizehnten Tag nach ihrer Erkrankung, schlug Kate die Augen auf, schaute sich um und sah Alejandro neben ihrem Bett schlafen, mit offenem Mund, den Kopf über der Rückenlehne des Stuhls hängend. Mit rissigen Lippen krächzte sie: »Doktor ... Doktor ...«
    Alejandro erwachte mit einem Ruck und schüttelte den Kopf, um seine Sinne zu klären. Rasch setzte er seine Maske auf. Einen Augenblick lang war er nicht sicher, woher die leise Stimme gekommen war; war sie auch wieder ein Traum gewesen?
    »Doktor«, sagte sie noch einmal.
    Diesmal war der Ursprung der Stimme nicht zu verkennen. »Wie denn das?« sagte er. »Was für eine wunderbare Neuigkeit! Die schlafende Schönheit erwacht!«
    Kate brachte ein dünnes Lächeln zustande, obwohl ihre rissigen Lippen dabei schmerzten. Schwach sagte sie: »Bin ich zu Hause in Windsor? Wo ist die Nurse?«
    »Nein, meine Kleine, Ihr seid noch immer in Adeles Schlafzimmer. Ihr habt viele, viele Tage geschlafen, und wir haben über Euch gewacht. Bis nach Windsor ist es ein Ritt von mehreren Stunden, aber ich bin sicher, daß die Nurse noch immer da ist und begierig auf Eure Rückkehr wartet.«
    Kate schloß die Augen und fiel wieder in einen leichten, unruhigen Schlaf. Wenige Minuten später erwachte sie erneut, diesmal etwas klarer. »Ich bin so durstig. Bitte, darf ich etwas Wasser trinken?«
    Alejandro schenkte aus dem Krug auf ihrem Nachttisch einen Becher Wasser ein. Er half ihr in eine sitzende Position und hielt den Becher an ihre wunden Lippen. Zuerst trank sie zu gierig, und etwas von dem Wasser rann aus ihren durch die Verheerungen der Krankheit schlaffen Mundwinkeln; sie wischte die Tropfen mit dem Ärmel ihres Nachthemds ab.
    Gott sei Dank kann sie sich in diesem Augenblick nicht sehen , dachte er; kein Mensch würde sie als dasselbe Kind erkennen. Ihre Augen waren rot und ihre Haut so weiß wie die kalte Morgenasche vom Feuer der letzten Nacht. Nun, da sie angefangen hatte, ihre Lippen wieder zu bewegen, wurden die Risse tiefer und bluteten leicht. Sie hatte so lange keine Nahrung zu sich genommen, daß Alejandro sich wunderte, wieso sie nicht verhungert war.
    »Ich komme bald zurück, meine tapfere Lady, mit etwas Salbe für Eure Lippen und ein wenig Nahrung für Euren Bauch.«
    In der Küche fand er ein Glas mit dickem gelbem Gänseschmalz. Er ignorierte Kates schwache Proteste gegen den unangenehmen Geschmack der improvisierten Salbe und rieb etwas davon auf ihre rauhen Lippen; ihm gefiel nicht, wie ihre Haut sich unter seinen Fingern anfühlte. Ich hoffe, diese Lippen heilen ohne Narben, dachte er und erinnerte sich an seine eigene Qual wegen seiner Narbe, die sich viel leichter verbergen ließ als Narben im Gesicht.
    Bald darauf klopfte jemand an die Tür. Alejandro rief: »Herein!« Die Haushälterin trat ein.
    »Haben wir ihre Medizin vergessen?« fragte die Frau schüchtern. »Die Stunde ist um, und man hat mich nicht gerufen . Ich hatte schon das Schlimmste befürchtet .«
    »Wie Ihr sehen könnt«, sagte Alejandro und wies auf Kate, »ist ganz das Gegenteil eingetreten! Nämlich das Beste!«
    Ängstlich kam die Frau ins Zimmer, und der Arzt sagte ihr, es sei nicht mehr gefährlich, sich zu

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