Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
nähern. »Die Ansteckung hat sie verlassen, wie Ihr an ihrem hübschen Lächeln sehen könnt!«
»Gott sei gelobt!« sagte die Haushälterin. »Soll ich etwas zu essen bringen?«
»Möchtet Ihr essen, Kind?« fragte er.
Kate nickte.
»Bringt heiße Brühe und etwas Brot«, sagte er. »Und dann sucht Eure Lady und teilt ihr die gute Nachricht mit!«
Die Haushälterin kam bald mit einem Tablett zurück, und Alejandro balancierte es auf seinen Knien. Er riß kleine Bröckchen von dem trockenen Brot ab, tauchte sie in die heiße Brühe, ließ sie ein wenig abkühlen und fütterte das kleine Mädchen dann vorsichtig damit.
Zuerst hatte Kate einige Schwierigkeiten, denn sie konnte kaum den Mund öffnen, und die rissigen Mundwinkel begannen immer wieder zu bluten. Doch Alejandro war sanft und geduldig mit ihr, und nach und nach konnte sie alles aufessen. Die Schatten im Zimmer hatten sich beträchtlich bewegt in der Zeit, die sie für ihre Mahlzeit gebraucht hatte.
Als sie fertig war, deckte Alejandro sie gut zu und machte sich auf die Suche nach Adele. Er fand sie in der gleichen Truhe kramend, in der sich ursprünglich das rosafarbene Nachthemd befunden hatte, auf der Suche nach anderen Kleidungsstü- cken, die von Nutzen sein könnten. Sie summte leise vor sich hin, während sie die Wäsche sortierte, und lächelte Alejandro strahlend an, als sie ihn erblickte.
Er hatte sie seit vielen Tagen nicht mehr lächeln sehen; selbst wenn sie sich geliebt hatten, war sie still und bedrückt gewesen. Wie mich ihr schönes Lächeln entzückt, dachte er.
Sie unterbrach ihre Tätigkeit und stand auf. Freudig und mit fast verzweifelter Heftigkeit umarmten sie sich und hielten einander lange und zärtlich fest. »Ach, mein Liebster«, sagte sie, und ihre Stimme zitterte fast vor Ergriffenheit, »ich habe das Gefühl, es gibt Hoffnung, daß alles wieder gut wird, daß die Welt endlich zu Gesundheit und Güte zurückkehrt; wir haben viel zu lange unter dem Bann des Bösen gestanden, und ich bin der dauernden Nachrichten über grausame Todesfälle schrecklich müde.« Sie entwand sich seinen Armen und kehrte an ihre Arbeit zurück. »Ist es falsch, daß ich diese Hoffnung habe?« sagte sie. »Werden wir endlich mit der Bedrohung durch diese Pest fertig sein?«
Er kniete neben ihr nieder. Er berührte ihr Haar und strich mehrmals leicht darüber, ehe er antwortete.
»Leider muß ich dich daran erinnern, daß wir nichts mehr von dem Pulver haben.«
»Aber gewiß kann man mehr davon beschaffen!«
»Sei versichert, ich werde Mutter Sarah davon überzeugen, daß wir es unbedingt brauchen! Und ich werde von ihr lernen, es selbst herzustellen. Ich glaube, es hat die Macht zu heilen, nach der wir viel zu lange gesucht haben! Aber ich werde dich und Kate sicher nach Windsor zurückbringen, bevor ich wieder losreite, um Mutter Sarah aufzusuchen. Bald werden wir ihre Fortschritte sehen und die Rückreise zum Schloß planen können.«
»Wie ich mich freuen werde, Isabella wiederzusehen«, sagte Adele und berührte zärtlich seine Wange. »Du bist so lieb und freundlich; ich vermisse wahrhaftig ihre spitze Zunge. In dieser Hinsicht kannst du niemals hoffen, sie zu ersetzen.«
Er griff nach ihrer Hand und sagte: »Gott sei gelobt, daß er mich mit einem so edlen Mangel geschaffen hat.« Er freute sich, wieder scherzhaft mit ihr reden zu können, denn was er als nächstes zu sagen hatte, würde Adele nicht gefallen.
»Geliebte, es wird nicht so einfach sein mit der Rückkehr, wie du denkst. Wir können nicht einfach nach Windsor zurückreiten und verkünden, daß Kate geheilt ist. Erinnere dich, wie mit Matthews verfahren wurde. Er wies keinerlei Zeichen von Infektion auf, und niemand verweigerte meinen Befehl, ihn zu töten, um die übrigen Bewohner von Windsor zu schützen.«
Dies war das erste Mal, daß er jemandem außer Sir John und dem König laut sagte, daß es seine Idee gewesen war, Matthews zu töten. Adele sagte nichts, wich aber ein wenig von ihm zurück.
Er sah sie unendlich traurig an und setzte sein Geständnis fort. »Aller Wahrscheinlichkeit nach war er angesteckt und wäre bald erkrankt, und so bin ich im Innersten davon überzeugt, daß meine Entscheidung notwendig war. Aber ich werde niemals die Gewißheit haben, daß sie richtig war. Jeden Tag muß ich daran denken, wie ich an ihm gefehlt habe. Mein Eid verpflichtet mich, Leben zu verlängern und nicht, es mit eigener Hand zu verkürzen.«
Adele wurde weicher
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