Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
gerade damit beschäftigt, als ich den Hund entdeckte. Schauen Sie her . es steht alles in dem Buch!« Seine Stimme wurde dunkler und unsicher, und er sprach fast wie ein ängstliches Kind. »Als ich ihn fand, wußte ich, daß es zurückgekommen war und ihn genommen hatte, um mich von meiner Pflicht abzuhalten, als wolle es sich verteidigen, indem es mich ablenkte .«
Janie spürte, wie ihre Stimme zitterte, als sie die nächste Frage stellte: »Ist es zu spät?«
Sarins Kopf senkte sich demütig. »Ich kann es nicht sagen . ich schäme mich so. Es ist alles, wozu ich jemals ausgebildet wurde, und ich fürchte, ich habe vielleicht versagt.«
Langsam erkannte Janie, daß Carolines Schicksal ganz und gar in den Händen dieses sehr einfachen Mannes lag, der offenbar nie ganz richtig im Kopf gewesen war, auch schon, bevor das Alter ihn noch weiter beeinträchtigte. Sie spürte eine unangenehme Mischung aus Mitgefühl und Zorn auf diese arme Seele; sie war traurig, daß er ein so begrenztes Leben geführt hatte, und wütend, weil er es nicht geschafft hatte, das eine zu tun, von dem er anscheinend annahm, es gebe seinem Leben Sinn und Zweck. Sei vorsichtig mit ihm, warnte sie sich selbst. Caroline braucht ihn, um zu überleben. Sanft sagte sie: »Sie sollten nicht so hart gegen sich selbst sein; Sie haben es ja noch nicht bis zum Ende versucht! Sie müssen wieder dort hineingehen!«
»Ich kann nicht«, sagte er. Seine Stimme war immer noch die eines Kindes.
Jetzt wurde Janie klar, was sie tun mußte. Sie faßte ihn fest bei den Schultern und richtete sich gerade auf, so daß sie größer war als er. Ihr kamen schmerzhafte Erinnerungen, als sie ihre befehlendste, mütterlichste Stimme benutzte und entschieden sagte: »Sie müssen. Ich sage Ihnen, daß Sie müssen.«
Er starrte die jüngere Frau an, die ihm soeben befohlen hatte, was er nicht zu können glaubte, und sagte: »Also gut. Ich werde es versuchen, aber vielleicht ist es zu spät.«
Sie faßte Sarin am Arm und führte ihn entschlossen wieder an das Bett zurück, wo Bruce noch immer Caroline beobachtete. »Bruce!« sagte sie mit erregter Stimme. »Sarin weiß ein ...«
Er unterbrach sie mit einer scharfen Handbewegung. »Pssst!« sagte er. »Schau!« Er zeigte auf Caroline.
Ihre Augen waren offen. Sie folgten Janies Bewegung, als sie näher an das Bett trat.
»Caroline? Können Sie mich hören?«
»Ich glaube nicht, daß sie das kann«, sagte Bruce. »Ich habe mit ihr gesprochen, während du und Sarin das Buch angeschaut habt, und sie hat nicht reagiert. Sie scheint in irgendeiner Art Trance zu sein.«
Janie sah Sarin an. »Wissen Sie, was das bedeutet?«
Zitternd trat der alte Mann an das Bett. »Ich glaube, es bedeutet, daß wir uns besser an die Arbeit machen sollten.«
27
Als Alejandro an die Tür von Isabellas Räumen klopfte, flog sie sofort auf, und da stand die Prinzessin selbst in ihrem prachtvollen Gewand, kochend vor Zorn.
Ihr Kinn fiel herunter, als sie ihn sah. »Ihr!« zischte sie. »Ich dachte, das wäre die Wäscherin, das faule Ding! Aber Euer plötzliches Erscheinen überrascht mich nicht; es trifft sich gut, daß Ihr hier seid, denn das ist allein Eure Schuld, und Ihr habt es zu verantworten!« Sie zeigte auf ihre Füße, die, wie Alejandro sah, vom Mageninhalt irgendeiner armen Seele befleckt waren.
So wird das also für mich sein. Noch immer zitternd vor Zorn nach seiner enttäuschenden Begegnung mit Gaddesdon, stand er nun vor dieser erbarmungslosen Furie in ihren ruinierten Schuhen. »Ich bin gekommen, um Adele zu sehen«, sagte er schließlich, »denn ich muß sofort mit ihr sprechen. Und ich kann nicht sehen, daß ich die Ursache des Unglücks bin, das Eure Schuhe befallen hat.«
»Dann folgt mir, und Ihr werdet es gleich begreifen«, befahl sie, und er folgte ihr in das Schlaf- gemach. »Da liegt Eure Geliebte. Wie Ihr sehen könnt, ist ihr unwohl, und das ist Eure Schuld.«
Er verstand nicht, was sie meinte, aber da unter dem Baldachin des Bettes Adele lag, blaß und schlaff, zweifellos unwohl, wie Isabella gesagt hatte. Als er an ihre Seite eilte, setzte Isabella ihre leidenschaftliche Rede fort; nervös ballte sie die Fäuste und lockerte sie wieder, während sie im Zimmer umherging. »Ich habe sie gern gehabt, und ich glaubte, sie sei meine liebste Gefährtin, und nun hat sie mich verraten, mich in der Stunde verlassen, in der ich sie am meisten brauche. Sie droht, aus meinen Diensten auszuscheiden, wegen ihrer
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