Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
parfümiertem Wasser, die nach Isabellas Lieblingsblume, dem Flieder, duftete; er drehte sie um, und der Inhalt ergoß sich auf den steinernen Fußboden.
»Vielleicht kann dieses stinkende Zeug etwas von dem üblen Geruch in diesem Zimmer überdecken«, sagte er zornig. »Ich brauche das Gefäß, um das mineralisierte Wasser zu holen, das zur Heilung gehört. Ich habe nicht bei mir, was ich brauche; ich werde hastig reiten müssen, um es zu holen. Ich komme so schnell wie möglich zurück.«
Bevor er die Tür öffnete, wandte er sich noch einmal um und sagte zu der weinenden Prinzessin: »Betet, daß sie lange genug lebt, um ein neues Kind zu empfangen.«
Nachdem Alejandro wie ein Wilder durch das Vorzimmer gestürmt war, tuschelten Isabellas andere Damen neugierig hinter ihm her. Isabella selbst kam bald aus dem Schlafzimmer, schloß die Tür hinter sich und ließ die Nurse und Kate mit Adele allein. Schulterzuckend sagte sie: »Seht, wie Männer vor dem leisesten Anzeichen von Frauenproblemen die Flucht ergreifen, selbst der gelehrte Arzt!« Dann ermahnte sie die Damen: »Sagt nichts zu irgend jemandem außerhalb dieses Zimmers. Ich möchte aus diesem wichtigen Anlaß Adele nicht in
Verlegenheit bringen oder meinen Vater erzürnen. Es würde mir sehr mißfallen, wenn diese private Angelegenheit Gegenstand müßigen Klatsches würde. Und nun geht an Eure Arbeit und vergeßt, was Ihr soeben gesehen habt!«
Die Prinzessin kehrte in das Schlafgemach zurück, wo sie Kate und die Nurse auf einer Bank am Fenster sitzend fand, wo sie weinten und sich tröstend umarmten. Isabella ging an den Wänden entlang, so weit wie möglich von Adele entfernt, bis sie das Fenster erreichte. Zuerst sprach sie die Nurse an, und ihre Stimme war dunkel vor Mißtrauen: »Wart Ihr an diesem Verrat an meinem Vertrauen beteiligt?«
Erschrocken antwortete die Frau: »Bei meiner Seele, Prinzessin, ich wußte nichts davon!«
Kate bestätigte die Unschuld der alten Frau: »Nur ich, der Arzt und Adele wußten es.«
»Ihr bleibt mit dem Kind hier«, sagte die Prinzessin zu der Frau, die sie von Geburt an versorgt hatte. Sie warf der zitternden Dienerin einen bedrohlichen Blick zu. »Ihr werdet dem Arzt helfen, wenn er zurückkommt. Ich und meine anderen Damen werden uns eilends von hier entfernen; sie sollen nichts von diesen Ereignissen wissen. Ich denke, es ist am besten, wenn sie nichts erfahren, also haltet besser Euren Mund. Und wenn Ihr auch krank werdet, dann ist das Gottes gerechte
Strafe. Heute abend werden wir sehen, was mein Vater zu diesen unglückseligen Ereignissen zu sagen hat.«
Sie nahm einen Schlüssel aus einer kleinen Dose auf dem Kaminsims und schloß die beiden ein, als sie ging.
28
Janie und Bruce taten alles, was Sarin ihnen sagte, während er das Ritual Seite für Seite durchging. Einen nach dem anderen hatte er alle Gegenstände benutzt, die er auf dem kleinen Tisch bereitgelegt hatte, bis auf den letzten. Obwohl er seltsame Dinge tat, stellten Janie und Bruce seine übelriechenden Tränke und schrecklich anzusehenden Umschläge nicht in Frage. Gelegentlich sahen sie einander an, aber sie taten, was ihnen gesagt wurde. Janie beobachtete völlig fasziniert, wie der schwache alte Mann sich über seinen eigenen Kummer und seine Angst erhob und für seine gebrechliche Patientin eine virtuose Vorstellung gab.
Doch als die Kerzen niederbrannten und die Sonne aufging, näherte er sich dem Ende dessen, was er für Caroline tun konnte. Ihre Augen blieben offen und zwinkerten gelegentlich, doch viel mehr tat sie nicht. Es war schmerzlich sichtbar, daß ihr Zustand sich, wenn überhaupt, nicht sehr gebessert hatte.
Sarin sank wieder auf seinen Stuhl, und Janie erkannte Enttäuschung und Scham auf seinem Ge- sicht. »Es scheint nicht zu wirken«, sagte er. »Ich verstehe nicht ...«
»Aber Sie sind doch noch nicht fertig?« fragte Janie ängstlich. »Oder?«
Er war unendlich müde; sein schmerzender Körper wollte nur schlafen, und hätte Caroline nicht auf dem Bett gelegen, so hätte er sich selbst hingelegt. Süße Ruhe, dachte er träumerisch; wie gut sich das anfühlen würde ! Irgendwie gelang es ihm, verneinend den Kopf zu schütteln. Dann schloß er die Augen und sagte: »Eines ist noch zu tun, aber ich muß mich einen Moment ausruhen .« Bereits während der ersten Schritte hatte er gespürt, wie die Energie aus ihm strömte, und er brauchte verzweifelt eine Erholung, wie kurz auch immer, ehe er fortfuhr.
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