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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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sich in eine windende Schlange mit glatter Haut und spitz zulaufendem Schwanz verwandelte.
    »Señor, wo habt Ihr gelernt, so feine Schnitzarbeiten anzufertigen?«
    »Das habe ich nicht gelernt, mein junger Freund, sondern geübt. Ich habe so viele Stücke geschnitzt, daß ich es jetzt ohne hinzusehen kann, nur mit dem Gefühl. Ich liebe diese Zerstreuung, denn sie läßt mich klarer denken.«
    »Ich bitte Euch, die Gedanken, die Ihr jetzt habt, mit mir zu teilen.«
    Hernandez spuckte aus, bevor er antwortete: »Ich denke über unseren Reiseweg nach.«
    »Gibt es so viele Straßen, daß wir da eine Wahl haben?«
    »Nicht so viele, wie Ihr vielleicht denkt. Wir können durch die Berge oder an der Küste entlang reiten. Der Weg durch die Berge ist zwar kürzer, dauert aber fast genauso lange wie der an der Küste entlang. Und in den Bergen lauern viele Gefahren auf den Reisenden.«
    »Nennt sie mir, und ich werde sie mit Euch abwägen.«
    »Die Leute sind nicht allzu freundlich. Sie betrachten sich weder als Franken noch als Spanier, sondern als Basken. Reisende sind leichte Beute für ihre Wegelagerer, die die Straßen gut kennen und ihnen manchmal in versteckten Gebirgswinkeln auflauern. Und das Wetter kann hochgehen wie ein wütendes Roß und mit scharfen Hufen auf Euch niederstürzen; dann blitzt und hagelt es, und der Donner rollt durch die Berge wie die Götter persönlich.«
    »Doch der Weg hat gewiß seine Vorteile, da Ihr ihn in Erwägung zieht?«
    Hernandez erklärte: »In dieser Jahreszeit kann es sehr angenehm sein, durch die kühlen Berge zu reiten, denn entlang der Küste gibt es wenig Schutz vor der Sonne und ihren Schäden. Aber wir sind nur zu zweit, einer von uns trägt viel Gold bei sich, und wir wären eine leichte Beute für Marodeure.«
    Alejandro musterte seinen gewissenhaften Begleiter. Vater muß ihn sehr, sehr gut bezahlt haben, dachte er, oder er ist einfach ein sehr, sehr ehrenwerter Mann. Ich habe mein ganzes Leben Seite an Seite mit Christen verbracht, aber ich weiß nur wenig über sie ... Alejandro hatte sich immer auf das verlassen, was die Alten ihm über sie erzählt hatten; oft war das alles andere als schmeichelhaft, und nur selten hatte er Geschichten gehört, in denen es nicht um irgendeinen Streit oder Skandal ging. Jetzt zeigte ihm dieser Mann, sein Reisegefährte, daß Christen auch zu ganz anderem Verhalten fähig waren. Hernandez benahm sich nicht wie ein frommer Christ, sondern eher wie ein Christ aus Bequemlichkeit, und Alejandro konnte leicht erkennen, daß er nicht primitiv oder ungebildet war, sondern über eine recht handfeste Weltkenntnis verfügte.
    Hernandez fuhr fort: »Der weniger gefährliche Weg führt uns nördlich von Barcelona um das östliche Ende der Pyrenäen herum und ins Languedoc. Von da an folgen wir einfach der Küstenlinie und reiten durch Narbonne, Beziers und Montpellier. Nicht weit hinter Montpellier liegt Avignon, wo Euer Schicksal Euch erwartet.«
    »In Montpellier war ich schon. Dort erhielt ich meine Ausbildung.«
    »Ah, dann seid Ihr ja nicht so unschuldig, wie ich dachte.« Hernandez grinste bei der Erinnerung an jugendliche Beutezüge in unbekannte Städte. »Und ich auch nicht, wie ich Euch gestehen muß. Ich habe viele Städte gesehen, mein Freund, und sie ähneln sich alle; in jeder gibt es köstliche Speisen, exotische und willige Frauen, wunderbare Gebäude und viele kostbare, begehrenswerte Gegenstände. Man muß nur wissen, wo man diese Reichtümer findet.«
    »Und Ihr wißt das natürlich«, meinte Alejandro.
    Hernandez lachte herzlich. »Ich habe eine Nase für Dinge, die es wert sind, gefunden zu werden. Wenn wir den Küstenweg nehmen, so lernt Ihr das vielleicht von mir. Eure Reise, die Euch, fürchte ich, lang und anstrengend vorkommen wird, wird dadurch interessanter und wesentlich weniger unbequem, als wenn wir den Weg durch die Berge nehmen. Vielleicht werdet Ihr auch feststellen, daß sie länger dauert, weil Ihr diese Orte des Entzückens nicht zu schnell hinter Euch lassen, sondern bleiben und von ihren Schätzen kosten wollt.«
    Alejandro dachte über die Möglichkeiten nach. »Ich bin in einem Zwiespalt, Señor«, sagte er. »Wenn ich reise, wie mein Volk das normalerweise tut, was zweifellos die Absicht meiner Familie ist, dann muß ich diese Stätten christlichen Frevels meiden und den weniger begangenen Weg wählen. Wir Juden sind immer in Gefahr, zum Opfer jener zu werden, die von den Reichen ihres eigenen Volkes

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