Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
den Inhalt Eurer Taschen aus sind«, sagte er mit lautem Lachen. »Seid besser auf der Hut.«
Darauf warf sein Schützling ihm einen eisigen Blick zu, denn nach den Erfolgen ihrer Reise war er seiner selbst recht sicher. »Ich bin vielleicht unerfahren, Hernandez, aber ich bin kein Einfaltspinsel. Glaubt Ihr, ich sei nicht fähig, durch diese Stadt zu reiten, ohne daß man mir meine Habseligkeiten wegnimmt?«
»Es ist nicht der Ritt, der mir Sorgen macht, mein junger Freund. Es ist die Zeit danach, wenn unsere Pferde angebunden sind, aber unser Temperament nicht, die am gefährlichsten ist. Gebt acht, daß Ihr nicht irgendeinem lüsternen jungen Ding zum Opfer fällt, das mit einem unsichtbaren Dieb im Bunde ist!«
Alejandro ärgerte sich über Hernandez’ Unterstellung und dachte bei sich, der ältere Mann könne viel leichter in eine solche Lage geraten. Und das sagte er ihm auch deutlich. »Haltet Euch nur selbst an Eure Warnung«, ermahnte er ihn. »Erinnert Euch an das, was Ihr selbst gesagt habt! Ich bin derjenige, der jung und ansehnlich ist, und Ihr tragt die Male vieler Kriege! Wer wird da wohl die leichtere Beute sein?«
»Bei allen Göttern, Jude«, schrie Hernandez laut, »Ihr habt recht! Ihr seid kein Einfaltspinsel. Und wenn ich nach der überraschend angenehmen
Aufgabe, Euch sicher aus der Verbannung Aragons wegzuführen, sparsam bin, kann ich für die nächsten paar Jahre gut leben. Vorausgesetzt natürlich, daß ich nicht zuviel für Weiber ausgebe!« Wieder lachte er, und als das Lachen vergangen war, sagte er: »Ich bin allmählich ohnehin zu alt, um mein Geld an solchen Unsinn zu vergeuden. Das überlasse ich besser Euch hübschen jungen Männern, was, Jude? Und nun«, meinte er, »suche ich wohl am besten einen Ort, wo wir über Nacht unsere müden Knochen zur Ruhe betten können.«
Er erkundigte sich bei einigen Passanten nach einem Gasthof mit guten Ställen, und man wies sie zu einem Haus auf der Nordseite des Marktplatzes. Eine kleine cantina, sagte man ihnen, sei nur ein paar Schritte entfernt.
Während sie den Weg zum Gasthof einschlugen, hörten sie herannahenden Hufschlag; bald darauf erreichten die Pferde mit ihren gepanzerten Reitern in einer Staubwolke den Platz. Alejandro versteifte sich, als er die Soldaten sah; Hernandez beobachtete ihn, ohne etwas zu sagen, achtete aber auf jede seiner Bewegungen.
Die Soldaten saßen alle gleichzeitig ab, und jeder betrat ein anderes Haus im Zentrum der kleinen Stadt; mit grober Autorität gingen sie von Tür zu Tür und suchten jemanden oder etwas, aber sie hatten keinen Erfolg. Hernandez und Alejandro standen an den Pfosten, an denen die Pferde angebunden wurden; sie rührten sich nicht von der Stelle, während die Soldaten über den ganzen Platz schwärmten.
Er zieht die Sache in die Länge, dachte Hernandez, als er sah, wie Alejandro sein Pferd festband, dann wieder losband und erneut festband; er fürchtet eine Begegnung mit diesen Reitern. Er legte die Hand auf die Schulter des jungen Juden und schaute dann wieder nach den Soldaten, die in der Nähe ihrer Pferde Aufstellung genommen hatten. »Sollen wir hier ein paar Minuten rasten, ehe wir in den Gasthof gehen?« fragte er.
Alejandro war nicht überrascht, daß sein Führer seine Angst wahrgenommen hatte, und er war ihm dankbar, daß er seinem Wunsch folgte, unbemerkt zu bleiben, bis die Soldaten wieder fort waren. Sie blieben bei den Pferden, und Alejandro machte sich sinnlos an ihrem Gepäck zu schaffen, zog hier einen Gurt fest, um ihn gleich darauf wieder zu lockern, nahm die Flasche, um etwas zu trinken, spülte sich den Mund, spie das Wasser aus, trank erneut. Dabei ließ er die Soldaten nicht aus den Augen; seine schweigende Anspannung wich erst, als sie wieder aufgesessen waren und lärmend den Marktplatz verlassen hatten.
Hernandez sah Alejandro in die Augen und sagte mit neugierig hochgezogenen Augenbrauen: »Vielleicht braucht Ihr diese neuen Kleider sofort, was? Wir kümmern uns darum, sobald wir eine angemessene Unterkunft gefunden haben.«
Alejandro nickte und warf sich seine Satteltasche über die Schulter. Er wollte auf den Gasthof zugehen, doch Hernandez faßte ihn am Arm und hielt ihn fest. Streng sagte der große Spanier zu seinem Schützling: »Junger Mann, ich bin kein Freund der Juden, aber Ihr seid ein guter Mensch, und ich werde dafür bezahlt, Euch sicher in Avignon abzuliefern. Ihr solltet mir sagen, ob wir Grund haben, uns vor Soldaten zu
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