Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
Mannes.
    Hernandez badete mit demonstrativer Wollust; kraftvoll scheuerte er mit dem rauhen Luffaschwamm den Straßenstaub von seinem Körper. Nachdem er den ganzen Kopf unter Wasser getaucht hatte, schnaubte er durch die Nase, rieb sich die Augen und putzte sich mit den kleinen Fingern die Ohren. Genußvoll nutzte er die seltene Gelegenheit, an allen Körperteilen gleichzeitig sauber zu werden. Als er fertig war, war das Seifenstück sichtbar kleiner.
    »Die Wirtin wird uns dieses Stück Seife extra bezahlen lassen«, bemerkte Alejandro.
    »Ja, und es war seinen Preis wert!« sagte Hernandez. »Ihm habe ich es zu verdanken, daß ich herrlich sauber bin!«
    Der Spanier schüttelte sich wie ein Hund, den Kopf in den Nacken gelegt. Alejandro sprang beiseite, um nicht naß zu werden, und staunte über die schlammige Farbe des wenigen Wassers, das noch in der Wanne war.
    Nachdem sie so für ihre äußerlichen Bedürfnisse gesorgt hatten, gingen die beiden Männer die Treppe hinunter. Alejandro umklammerte seine kostbare Satteltasche, und gemeinsam schlugen sie den Weg zur cantina ein, um zu Abend zu essen. Der Lärm und das Gewimmel machten Alejandro neugierig und benommen; seine übervorsichtigen Eltern hatten ihn sorgfältig von der cantina in Cer- vere ferngehalten, denn sie fürchteten den Einfluß christlicher Gewohnheiten auf ihre Kinder fast mehr als alles andere. Und nun stand er in der Tür dieses verbotenen Orts, hatte beinahe Angst einzutreten und war gleichzeitig von seiner geheimnisvollen Exotik fasziniert. Hernandez war bereits im Inneren und wurde von mehreren neuen »alten Freunden« begrüßt, die er bei seinem Krug Wein vor dem Bad kennengelernt hatte. Alejandro sah, wie er spielerisch nach einer ziemlich plumpen und drallen Frau griff, sie grob umarmte und ihr dramatisch einen Kuß aufzudrücken versuchte. Sie wehrte sich, aber nicht allzusehr, und stieß kokett züchtige und schamhafte Schreie aus wie eine schüchterne Jungfrau beim ersten Rendezvous. Bei näherem Hinsehen erkannte Alejandro, daß sie durchaus kein Mädchen mehr war.
    Der junge Jude nahm am großen Tisch Platz und beobachtete die Szene. Was er sah, war eine Gruppe harmlos wirkender Leute, die sich harmlos verhielten; sie lachten und tranken, vielleicht ein bißchen zuviel, und prosteten einander zwanglos und fröhlich zu. Phantastische Geschichten machten die Runde, und Hernandez brüstete sich vor den aufmerksamen Zuhörern mit seinen vergangenen Heldentaten. Der Spanier unterhielt seine neuen Freunde mit Herz und Seele und nahm sie mit Geschichten gefangen, die weit über die Alltagserfahrung ihres gewöhnlichen Lebens hinausgingen. Und die Zuhörer waren dankbar für die Gaben des Geschichtenerzählers, denn solche Dinge hörten sie sonst nicht, und die Erzählungen würden an die Verwandten und Kinder derer weitergegeben, die sie gehört hatten, und zum Ursprung kleiner Legenden werden. Auch Alejandro wußte die Unterhaltung zu schätzen.
    Bald hatte Hernandez zuviel Wein getrunken, um fortzufahren, und nach einer kurzen Pause wurden Schlürfen und Schmatzen von der Stimme eines jungen Mannes übertönt, der Hernandez sehr aufmerksam zugehört hatte.
    »Ich habe auch eine Geschichte zu erzählen«, sagte er. »Ich habe sie von einem Matrosen im Hafen von Marseille.«
    »Dann laßt sie hören«, lallte Hernandez. Doch im Unterschied zu dem bärbeißigen Soldaten, der die Menge schon in seinen Bann schlug, bevor er sprach, war der junge Mann kein Geschichtenerzähler von Natur; man mußte ihn drängen fortzufahren.
    »Vielleicht wird ein Glas Wein Eure Zunge lösen«, sagte Hernandez und winkte dem Wirt, eines zu bringen.
    Und nach ein paar Minuten stellte sich heraus, daß Hernandez die Wirkung des Weins richtig eingeschätzt hatte. Der junge Mann sagte: »Der Matrose lungerte auf den Docks von Marseille herum, weil er auf einem Kaufmannsschiff anheuern woll- te; sein eigenes Schiff sollte überholt werden und eine Weile im Trockendock liegen. Da er sonst nichts zu tun hatte, trieb er sich in der taverna herum und hoffte, von einem Schiff zu hören, das Matrosen brauchte.«
    Nach Hernandez’ bunten Geschichten fanden die Zuhörer das ziemlich langweilig. Doch nach einem weiteren Schluck Wein fuhr der gestärkte Erzähler tapfer fort: »Eines Nachmittags hörte ich ihn von einer Galeone berichten, die in den Hafen von Messina eingelaufen und ziemlich weit draußen vor Anker gegangen war. Sie gehörte einer Genueser

Weitere Kostenlose Bücher