Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
Tochter Joanna auch Edward in diesem Sinne beeinflußt.«
De Chauliac murmelte: »Hat Prinzessin Isabella Pedro nicht bereits abgewiesen?«
»Ja! Und sie wirkt auf höchst verwerfliche Weise auf ihren Vater ein! Sie ist ein verwöhntes, halsstarriges Ding. Kaum war die kastilische Heirat vorgeschlagen, hat sie Edward schon wissen lassen, daß sie Pedro nicht mag. Dieser Narr begeht gelegentlich den Fehler, sich mit seinen Kindern zu beraten, bevor er eine Vereinbarung schließt, als ob deren Meinung für das Ergebnis so gewichtiger Entscheidung von irgendeiner Bedeutung wäre! Er ist zu duldsam mit ihr; von meinem Gesandten habe ich gehört, daß diese Tochter ihn an seine Mutter erinnert.«
»Der er auf einem Umweg seinen Thron verdankt«, bemerkte de Chauliac. Er wußte, daß Clemens’ »Gesandte« nichts anderes waren als Spione, die ständig den Einfluß der katholischen Kirche auf den englischen Hof im Auge behalten sollten; auch Edward wußte das. »Dann verstehe ich nicht, warum es für uns vorteilhaft ist, sie zu beschützen. Wenn sie so eigenwillig und wild ist, wie man sich erzählt, werden wir es schwer haben, sie zu kontrollieren.«
»Aber wir dürfen nicht unterschätzen, wie wichtig sie als Mittel ist, unseren Einfluß auf England zu wahren. Daß sie verschwenderisch und verwöhnt ist, spielt für uns keine Rolle. Ihre größte Bedeutung liegt darin, daß sie die Mutter zukünftiger Könige ist und eines Tages vielleicht selbst als Königin Einfluß hat. So Gott will, wird sie ihr unverschämtes Verhalten ablegen, wenn ihre Schönheit schwindet, und sich ihrer königlichen Abstammung würdig erweisen. Sie ist schließlich die Tochter des Königs von England und Abkömmling einer sehr edlen Familie.«
»Dann werde ich fleißig zu Gott beten, daß er Euch in diesen Dingen weise führt.« De Chauliac wußte, daß Clemens Edwards Bitte mit seinem beträchtlichen politischen Geschick behandeln und eine gute Wahl für das Bistum Canterbury treffen würde. Die unmittelbarere Sorge des Arztes bezog sich auf Edwards zweite Bitte um einen Arzt, der seine Kinder beschützen konnte, wie de Chauliac Clemens beschützt hatte.
Er wußte, daß seine medizinischen Fähigkeiten nicht mit der diplomatischen Finesse zu vergleichen waren, die sein gerissener Herr besaß, obwohl er seine Unwissenheit niemals eingestanden hätte. Trotz seiner umfassenden Bildung und seiner offiziellen Stellung als Leibarzt des Papstes war de Chauliac sicher, daß er über die Ursache der schrecklichen Seuche nicht mehr wußte als ein gewöhnliches Marktweib. Alles, was er tun konnte, war das, was er bereits getan hatte: Er hatte den gesunden Patienten isoliert in der Hoffnung, ihn von der Ursache der Krankheit, was immer sie sein mochte, fernzuhalten; und er gedachte das fortzusetzen, weil er hoffte, daß es wirken würde. Er hatte keinen direkten Beweis dafür, daß seine Verordnungen irgend etwas bewirkten, aber Clemens schien von seinen Anstrengungen beeindruckt, also setzte er sie fort.
Er wußte, es würde keine leichte Aufgabe sein, einen Beschützer für Edwards Kinder auszuwählen. Man mußte nicht nur medizinische Fragen bedenken, sondern auch diplomatische. Der schlaue und zynische König Edward III. der sich trotz der Schwächen, die er möglicherweise von seinem erbärmlichen Vater geerbt hatte, als sehr fähiger Regent erwiesen hatte, mißtraute den Franzosen und würde einen französischen Arzt nicht akzeptieren. Die meisten Ärzte von Avignon waren bereits gestorben, und viele derer, die noch lebten, waren Juden und daher noch ungeeigneter als ein Franzose, sich um die englische Königsfamilie zu kümmern. Bei sich dachte de Chauliac, daß Clemens den Juden von Avignon gegenüber zu nachsichtig war, vor allem jetzt, da so viele Anhänger der Kirche ihnen die Schuld an der Seuche gaben. Wenn man diese Überzeugung schürte, lenkte das die Aufmerksamkeit des Volkes vom Versagen der Geistlichkeit und des Ärztestandes beim Umgang mit der Pestilenz ab.
Er würde sich einfach alle Ärzte ansehen und dann so sorgfältig wie möglich seine Wahl treffen müssen. Aber auch nicht zu sorgfältig, denn der Einfluß des Arztes durfte nicht zu stark werden. »Euer Heiligkeit«, sagte er und unterbrach damit das Fächeln seines Patienten, »es wäre klug, ein päpstliches Edikt zu erlassen, das alle Ärzte in Avignon auffordert, vor Euch zu erscheinen. Dann kann ich eine angemessene Wahl treffen. Wir müssen sicher sein, daß wir
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