Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
und wieder hilfreich sein zu können. Gibt mir ein gutes Gefühl.«
Janie lächelte in den Hörer. »Und mir gibt es ein sehr gutes Gefühl. Ich hatte gerade eine Aufmunterung nötig.«
»Freut mich, daß ich sie Ihnen geben kann. Aber richten Sie sich darauf ein, daß Sie sich sogar noch besser fühlen werden. Ich glaube, ich kann es so einrichten, daß Sie im Labor Ihre Arbeit selbst durchführen können. Ich habe etwas freie Zeit, bis unser neues Projekt anfängt, und ich kenne die meisten Apparate. Ted hat schon gesagt, er könne Ihnen die notwendigen Genehmigungen beschaffen, sofern keine von Ihnen in den letzten paar Jahren Bomben auf ein Regierungsgebäude geworfen hat.«
»Mein Gott, Bruce, ich bin sprachlos. Ich weiß schon wieder nicht, was ich sagen soll.«
»Sagen Sie: >Ja, Bruce, Sie können mit mir daran arbeiten<.«
»Das ist das sprichwörtliche Angebot, das ich nicht ausschlagen kann. Ich bin einverstanden.«
»Gut. So, und wenn Sie sich jetzt aus dem Bett aufraffen und heute nachmittag herkommen könnten, könnte ich anfangen, Ihnen alles zu zeigen. Wenn Ihre Assistentin tüchtig genug ist, kann sie allein arbeiten, wenn ein Wachmann dabei ist. Es dürfte nicht allzu schwierig sein, sich jemanden zuteilen zu lassen. Auf diese Weise kann sie arbeiten, während Sie und ich nach Leeds fahren.«
»Das ist zuviel.«
»Nein, ist es nicht; es ist nur ordentliche britische Gastfreundschaft.«
»Dann ziehe ich vielleicht auch hierher. Zu Hause geht man nicht so freundlich mit mir um. Es hat den Anschein, als würden sie denken, daß nette Behandlung die Leute womöglich glücklich machen könnte oder etwas ähnlich Schlimmes.«
»Na, na«, sagte er, um ihre gute Laune wieder- herzustellen. »Die Polizei für Etikette schätzt Sarkasmus überhaupt nicht.«
»Ich werde versuchen, mir das zu merken«, sagte sie mit einem bitteren Unterton. »Also dann, bis später.«
»Ich freue mich.«
Sie suchten Bruce in seinem Privatbüro auf. Janie sah sich um, während sie im Vorzimmer warteten. Die Einrichtung war sehr männlich, dunkel und gepflegt, fast wie er selber. Die Sekretärin hinter dem Schreibtisch in Schwarz und Chrom war eine ältere Frau, ziemlich großmütterlich mit Rüschen und Perlen und stark toupierten Haaren, die etwas bläulich schimmerten. Die hat er sich vermutlich nicht ausgesucht, und sie hat diese Möbel ganz bestimmt nicht ausgesucht, dachte Janie und nahm an, daß Bruce sich persönlich um die Einrichtung gekümmert hatte. Ihr gefiel die Vorstellung, daß er das wahrscheinlich nicht von seiner Untergebenen hatte erledigen lassen.
Er kam aus dem inneren Büro und sah frisch und sauber gewaschen aus, und während sich alle begrüßten, dachte Janie, daß er sich sehr wohl fühlte, sowohl in seiner eigenen Haut als auch in den Räumen, die sein berufliches Reich waren. Alles um ihn herum schien ordentlich an seinem Platz zu sein; offensichtlich war es ihm gelungen, seine
Arbeitsumgebung so zu beeinflussen, daß sie perfekt zu ihm paßte. Sie kam gar nicht auf die Idee, es könne womöglich umgekehrt sein und er habe sich seiner Umgebung angepaßt. Obwohl sie ihn viele Jahre nicht gesehen hatte, erinnerte sie sich noch, daß seine Persönlichkeit auf positive Art zu stark war, um sich von den Umständen formen zu lassen. Einen Moment lang empfand sie Neid auf die augenscheinliche Leichtigkeit, mit der er sich im Leben bewegte, und den Einfluß, den er auf die Dinge seiner Umgebung zu haben schien.
»Sehr schön«, sagte sie zu ihm.
»Danke«, sagte er und bestätigte dann ihren Verdacht, als er fortfuhr: »Das habe ich vor ein paar Jahren gemacht. Vorher war alles ein bißchen zu voll.«
Aus dem Augenwinkel nahm Janie wahr, daß die großmütterliche Sekretärin sich leicht versteifte, als sei sie hochbeleidigt über seinen Kommentar, würde aber eher eine Kröte schlucken, als sich das anmerken zu lassen. Vielleicht hat sie Bruce ausgesucht, spekulierte Janie, zu einer Zeit, als dieses Büro eher zu ihr paßte, und leidet jetzt mit stoischer britischer Würde unter der Einrichtung, die er ausgesucht hat. Sie nahm sich vor, diese Frage in die Liste derer aufzunehmen, die sie ihm auf der langen Fahrt nach Leeds stellen wollte.
Als sie durch die Korridore des Instituts gingen, kam Janie sich sehr klein vor. Wände und Decken waren alle im gleichen matten Weiß gehalten, und der Fußboden bestand aus hellem Linoleum. Alte Rohre, die wohl einst zur ursprünglichen Heizanlage des
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