Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
dieser Geräte habe ich früher schon benutzt«, sagte Caroline, »aber sie sind alle verbessert worden. Ich glaube allerdings nicht, daß ich lange brauchen werde, um mich daran zu gewöhnen. Das Problem ist bloß, daß ich frustriert sein werde, wenn wir in unser Labor an der Universität zurückkommen und ich wieder mit den veralteten Apparaten arbeiten muß.«
»Da kann ich Ihnen leider nicht helfen«, sagte Bruce.
»Vielleicht müssen Sie auch nach England ziehen«, sagte Janie zu Caroline. »Gut, daß Sie mit den meisten dieser Geräte vertraut sind, ich fühle mich nämlich ziemlich verloren. Sie müssen mir alles noch einmal erklären, wenn wir mit den fehlenden Proben aus Leeds zurückkommen.«
»Kein Problem«, sagte Caroline zuversichtlich. »Bis dahin sollte ich mich bestens auskennen.«
»Prima«, sagte Bruce. »Wenn Sie morgen früh herkommen, liegt am Empfang ein Passierschein für Sie bereit. Gehen Sie als erstes hin und holen Sie ihn sich. Und dann lassen Sie sich vom Empfang einen Sicherheitsmann zuteilen.«
Auf dem Weg nach draußen verschwand Caroline in der Damentoilette. Janie und Bruce warteten auf dem Gang auf sie. Er wandte sich Janie zu, als hätte er auf eine Gelegenheit gewartet, unter vier Augen mit ihr zu sprechen.
»Es hat mir gefallen, mit Ihnen ins Museum zu gehen«, sagte er.
»Ja, hat Spaß gemacht.«
»Ich habe mir überlegt, ob Sie vielleicht Lust hätten, auf mein Angebot mit dem Abendessen zurückzukommen. Heute. Ich kenne ein großartiges indisches Restaurant in South Kensington.«
Janie spürte, wie in ihrem Inneren Sperren hochgingen, ähnlich wie bei dem Mann, den der Compudoc bei den medizinischen Untersuchungen in Heathrow festgehalten hatte. Das geschah völlig unwillkürlich und passierte ihr regelmäßig und zuverlässig, seit sie bei dem Ausbruch den ersten Angehörigen verloren hatte; sie hatte sich traurigerweise daran gewöhnt. Mit jedem weiteren Verlust waren die Schutzwälle dicker und undurchdringlicher geworden, und sie hatte gerade erst entdeckt, daß sich einzelne Steine daraus lockern ließen, wenn sie sich Mühe gab. Doch Janie fand einen gewissen Trost in dem Wissen, daß sie vor dem potentiellen Trauma weiterer Verluste geschützt war, solange es diese Wände gab, und unternahm kaum Versuche, über sie hinaus in die freiere Gefühlswelt auf der anderen Seite zu schauen. Wie ein Gefangener, der an die Sicherheit und Einfachheit der Gefangenschaft gewöhnt ist, war sie nicht ganz sicher, ob eine Flucht in ihrem Interesse lag.
Sie antwortete nicht gleich, und das Schweigen zwischen ihnen wurde drückend. Bruces Miene verdüsterte sich, weil er anscheinend eine Zurückweisung erwartete; in der Damentoilette rauschte die Wasserspülung, und Janie wußte, daß Caroline gleich wiederkommen würde.
Sie setzte zu einer Erklärung an. »Es fällt mir schwer, mich nach draußen zu trauen, seit ...« Sie suchte nach Worten. »Seit den schlimmen Sachen, die mir passiert sind. Ich würde gern, aber in sozialen Situationen bin ich immer noch nicht besonders standfest. Ich schätze, ich habe Angst, die Fassung zu verlieren.«
»Ich verstehe«, sagte er. Er sah sie mit einer Wärme an, die deutlich sagte: Vertrau mir. Und dabei beließ er es. Kein Druck, nur eine Einladung, die stillschweigend besagte, daß er sie so akzeptieren würde, wie sie war.
Sie suchte in seinen Augen nach irgendeinem Anzeichen dafür, daß es nicht klug wäre, Zeit mit ihm zu verbringen. Sie fand nichts, gegen das vernünftige Einwände zu erheben waren. »Ach, zum Teufel«, sagte sie und atmete tief ein. »Ich nehme Ihre Einladung an. Wann?«
»Ich hole Sie um sieben ab.« Er lächelte. »Ich werde heute nachmittag einen Tisch reservieren.«
»Schön«, sagte sie. In diesem Augenblick kam Caroline zu ihnen zurück. »Bis später also.« Sie verabschiedeten sich und gingen auseinander.
Es wurde schneller sieben Uhr, als Janie erwartet hatte, und als in ihrer Suite das Telefon läutete, spürte sie einen leichten Schauer von Nervosität. Sie versuchte ihn abzuschütteln und sah in den Spiegel, ehe sie nach unten ging. Sie ertappte sich dabei, daß sie attraktiv aussehen wollte und sich mit ihrem Äußeren Mühe gegeben hatte; das war ihr seit dem Ende der Ausbrüche selten passiert.
Sie war nicht enttäuscht von dem, was sie sah. Mit fünfundvierzig war sie immer noch schlank, im wesentlichen wegen ihres zwanghaften Drangs zu körperlicher Bewegung; sie schien die einzige
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