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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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nach. »Doch.«
    »Nein«, wiederholte Lany.
    Aber der Junge war schon in Richtung Camp losgelaufen. Er blieb nur noch einmal kurz stehen, um sich umzudrehen und ihr zuzurufen: »Mach ein Feuer, damit wir euch finden.«

    Löwen und Tiger und Bären …
    Alex pfiff laut vor sich hin.
    Er wollte zu seiner Mutter. Er wollte, dass es seinem Vater wieder gut ging. Beides würde erst Wirklichkeit werden, wenn er das Camp erreichte.
    Geradeaus hoch, sagte er sich. Ich muss nur geradeaus hoch, dann komm ich irgendwo in der Nähe vom Kraftwerk raus.
    Die Sonne war untergegangen; auf dieser Seite des Berges, der Ostseite, brach die Nacht schneller herein als auf der anderen.
Mit jedem Schritt taten ihm seine kurzen Beine etwas mehr weh, aber wenn er nicht weiterginge, würde er die Nacht ganz allein im dunklen Wald zubringen müssen.
    Und Alex war alt genug, um zu wissen, dass er im dunklen Wald eine leichte Beute gewesen wäre.
    Die Geräusche der Dämmerung umgaben ihn. Die Vögel wurden still, dafür hörte man die Insekten umso lauter. Obwohl der Frühling eben erst angebrochen war, gab es schon Stechmücken, die ihm um die Ohren schwirrten und ihn bissen. Falter flatterten an ihm vorbei, aber die Mücken waren weniger rücksichtsvoll und machten ihn ganz verrückt, indem sie sich unablässig auf ihn stürzten. Sein Gesicht war völlig zerstochen, und seine Wangen waren zerkratzt von den Zweigen, die ihm ins Gesicht schlugen, während er in Richtung des Bergkamms rannte.
    Bloß nicht weinen, bloß nicht weinen, befahl er sich. Aber als er die Insekten aus seinem Gesicht wischte, spürte er auf seiner Wange etwas Feuchtes, das kein Schweiß war. Nachdem er eine volle Stunde durch das Unterholz gestolpert war, sah Alex endlich etwas vor sich, das wie der Pfad aussah. Er rannte weiter, und jetzt war es ihm völlig egal, dass er heulte.

    Janie ging den Pfad zum Kraftwerk entlang. Sie hatte keine Ahnung, warum sie plötzlich meinte, dort nach dem Rechten sehen zu müssen. Tom und James, immerhin ein Fachmann, hatten es sich erst gestern angesehen und festgestellt, dass alles in Ordnung war. Sicherlich würde es nicht innerhalb eines Tages kaputtgehen.
    Aber der gewohnte Gang beruhigte sie. Seit sie hierhergezogen waren, war Tom fast jeden Abend zum Kraftwerk gegangen. Und wenn die vier zurückkehrten, was hoffentlich jede Minute geschehen würde, würden sie am Aussichtspunkt, der auf dem Weg zum Kraftwerk lag, aus dem Wald kommen. Als sie an der Stelle ankam, blickte sie ins Tal hinunter. Die ersten Sterne erschienen am Himmel, und sie versuchte sich vorzustellen,
wo ihr Mann und ihr Sohn im Moment waren. Wenn sich ihre Gebete erfüllten, dann würden sie jeden Augenblick aus dem Wald unter ihr auftauchen und den engen felsigen Pfad heraufkommen, zufrieden, dass sie ihre Aufgabe erledigt und so viele interessante Entdeckungen gemacht hatten, von denen sie berichten konnten. Vielleicht war die Welt dort draußen gar nicht so bedrohlich, wie sie alle glaubten. Vielleicht waren sie über eine weitere Siedlung gestolpert und freundlich empfangen worden. Vielleicht gab es dort überhaupt keine Löwen und Tiger und Bären.
    Sie stand einen Moment lang vor dem Baumstamm, auf dem sie so gern saßen, und überlegte, ob sie sich hinsetzen und warten sollte, nur für den Fall … Ein Schwarm Mücken fiel über sie her; sie scheuchte sie mit den Händen wedelnd fort und kam zu der Ansicht, dass es besser sei, wenn sie im Haus wartete. Wer konnte schon sagen, wann sie zurückkehren würden; sie könnte dort die ganze Nacht sitzen und warten.

    Alex brach durch das Unterholz und rang nach Atem, während er sich mühsam weiter nach oben kämpfte. Die letzte Erhebung nahm er auf allen vieren wie ein Äffchen, gestützt auf seine zerschnittenen und blutenden Hände, weil er in den Beinen keine Kraft mehr hatte und sie kaum noch bewegen konnte. Sein verschwitztes, verweintes Gesicht war schwarz vor Dreck, und seine Fingernägel waren eingerissen.
    Nur noch eine Minute, sagte er sich, dann bin ich am Pfad. Nur noch eine Minute.

    Janie befand sich etwa zwanzig Meter hinter dem Aussichtspunkt, als sie aus dem Unterholz merkwürdige Geräusche hörte.
    Sie blieb stehen und drehte sich um. »Tom?«
    Keine Antwort. Angestrengt lauschend stand sie da.
    »Ist da jemand?«, rief sie ein bisschen lauter.
    Sie hörte das Krachen von Zweigen und dann ein heftiges
Keuchen. Wider jede Vernunft begann sie, mit vorsichtigen, leisen Schritten in Richtung der

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