Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
seinen einen harten Winter lang währenden Bemühungen verdient hatte. Unter den gezogenen Schwertern der Spalier stehenden Soldaten hatte er stolz den Weg in ein neues Leben angetreten, mit einem eigenen Anwesen, der Hoffnung auf Heirat, eine Familie, Glück - und was das Beste von allem war, er würde unendliche Möglichkeiten haben, zu studieren,
immer mehr zu lernen. Diese Träume waren zerplatzt, sie hatten sich aufgelöst wie Nebelschwaden, weil es der Laune einer verärgerten Prinzessin so beliebte. An diesem Maiabend würde sie im Mittelpunkt der Festlichkeit stehen, wenn der Welt ihre Verlobung mit dem Mann verkündet werden würde, der wiederum die Träume seiner, Alejandros, Tochter zerstört hatte. Was für ein köstliches Gefühl wäre es, den beiden ein Messer in die Brust zu stoßen! Dies würde jedoch unweigerlich seinen eigenen Tod bedeuten, und das vermutlich auf so grässliche Weise, dass er nicht einmal daran zu denken wagte. Der König würde seinen Henkern gewiss gestatten, sich keinerlei Zurückhaltung aufzuerlegen und ihn in Stücken zu seinem Schöpfer zu schicken.
    Und deshalb musste er sich damit begnügen, sich eine solche Tat nur vorzustellen. Aber heute Nacht würde ihm die süßeste Vergeltung zuteilwerden - er würde sich unbemerkt Zutritt zum Schloss verschaffen und mit einem seiner wertvollsten Schätze in die Nacht entfliehen.
    Drohend hing der mächtige steinerne Sturz über seinem Kopf, als er unter den hochgezogenen Fallgattern durchritt. Vor sich erblickte er den Oberen Hof und den mit Fahnen geschmückten Turm. Im Hof brannten unzählige Fackeln, obwohl es noch nicht dunkel war. Angetan mit den erstaunlichsten Kostümen strömten die Gäste durch das Tor, er fand sich umringt von Feen und Schmetterlingen, Bären und Eseln, Riesen und Narren. Das Gedränge um ihn herum wurde immer größer; er bahnte sich den Weg auf eine Seite des Hofs und lehnte sich mit heftig klopfendem Herzen einen Augenblick an die Mauer, um wieder zu Atem zu kommen.
    Er sah eine Weile zu, wie die vornehmsten Bürger Englands ihre Einladungen vorzeigten und in den großen Festsaal geführt wurden. Lieber Chaucer, sagte er im Stillen, gebe Gott, dass Ihr in der Lage wart, das kostbare Dokument zu verstecken! Sich dicht an der Wand haltend, setzte er seinen Weg in den Unteren Hof fort und erblickte bald darauf die vertrauten
Gebäude, sodann die kleine Kapelle, in die er den Soldaten Matthews und Isabellas bedauernswerten Schneider verbannt hatte.
    Er blieb eine Weile reglos davor stehen und überließ sich der Erinnerung an die damaligen Ereignisse. Vor seinem geistigen Auge sah er den über einem Tisch mit Isabellas Zeichnungen zusammengesunkenen Schneider vor sich und das Entsetzen in Matthews’ Augen, mit einem Pestkranken zusammen eingesperrt zu sein. Er ließ seinen Blick zu der Stelle schweifen, an der der junge Soldat, von Pfeilen durchbohrt, zusammengebrochen war. Er schloss die Augen, um das Bild loszuwerden, und wünschte, er könnte auch seine Ohren verschließen, um nicht das Surren zu hören, mit dem jeder der Pfeile die Luft durchschnitt, bevor er sein Ziel traf, das dumpfe Geräusch, mit dem er in Matthews’ Körper drang, das Knacken der Zweige auf dem Scheiterhaufen, als er darauf zusammensank. Der Geruch des verschmorten, sich von den Knochen lösenden Fleisches würde ihm bis in alle Ewigkeit in Erinnerung bleiben. Die Scham und das vergeudete Leben eines guten, tapferen Mannes würden für immer auf seiner Seele lasten.
    »Sir.«
    Er setzte rasch seine Maske auf, dann drehte er sich um und sah sich einem Soldaten gegenüber, vielleicht im gleichen Alter, wie Matthews es damals gewesen war, und keine zehn Schritte von ihm entfernt. Die beiden wiesen eine unheimliche Ähnlichkeit auf - wie Matthews war dieser Soldat groß gewachsen und kräftig, mit rötlichem Gesicht, strotzend vor Jugend.
    Der Soldat trat ein paar Schritte auf ihn zu. »Ihr habt Euch verirrt, Sir.« Er deutete in Richtung des Oberen Hofes. »Das Fest findet dort statt.«
    Alejandro hatte nicht gemerkt, dass der Mann sich genähert hatte; seine Sinne waren von den schrecklichen Erinnerungen an seinen Aufenthalt in Windsor gefangen gewesen und hatten ihn nicht gewarnt. »Nein«, sagte er rasch. »Ich bin mit Absicht hierhergekommen.« Sein Blick wanderte zu dem Opferstock.

    Er sah ein winziges Stück elfenbeinfarbenen Pergaments dahinter hervorlugen. »Ich wollte eine Opfergabe zu Ehren der Verlobung der Prinzessin

Weitere Kostenlose Bücher