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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Musik wurde schneller und damit auch die Bewegungen
der Tänzerinnen mit den Bändern in der Hand. Die Menge zerstreute sich ein wenig, und es bildeten sich einzelne Grüppchen, als die Gäste des Königs einander begrüßten und sich zu unterhalten begannen, während in der Mitte des Saals die Bänder flatterten.
    Bald wirbelten sie so schnell im Kreis, dass die einzelnen Farben kaum noch zu unterscheiden waren. Mit rasendem Herzen sah Alejandro Chaucer sich einen Weg durch die Menge bahnen. Er blickte zu den Wachen; ihre Aufmerksamkeit hatte offenbar nachgelassen, vielleicht ließen sie sich von dem prächtigen Fest und dem Wissen, dass ihr Schützling sich mitten im Saal befand, in Sicherheit wiegen.
    Alejandro sah etwas Weißes aufblitzen, und gleich darauf hatte Chaucers Hand über Kates Kopf hinweg nach dem Band gegriffen und es ihr abgenommen. Sie duckte sich und huschte zwischen den Festgästen durch, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war.
    Panik überkam Alejandro; zwar ging alles so vonstatten wie vorgesehen, aber er wollte sie nicht aus den Augen verlieren. So rasch wie möglich drängte er durch die Menge auf einen der Gänge zu, die an den Seiten des Saals entlangführten. Er näherte sich zwei großgewachsenen Männern, die wie angewurzelt standen; ringsum herrschte dichtes Gedränge, und er hatte keine Möglichkeit, ihnen auszuweichen. Er machte eine höfliche Verbeugung und bedeutete ihnen mit einer Geste, ihn vorbeizulassen. Sie nickten und traten zur Seite. Alejandro zwängte sich zwischen ihnen hindurch und sah sich unvermittelt Elizabeth von Ulster gegenüber.
    Er blieb stehen und sah der Frau, deren Hass und Verachtung für ihn die von Isabella womöglich noch übertraf, in die seelenlosen, dunkelblauen Augen. Elizabeth war von der gleichen kalten Schönheit, wie er sie von damals in Erinnerung hatte, als er ihr in Paris den Hof gemacht hatte - die eigene Flucht im Sinn.
    In dieser Nacht trug sie ein juwelenbesetztes Schmetterlingskostüm,
aber ihre verkniffene Miene ließ keinen Hinweis auf eine Metamorphose erkennen. Alejandro hatte sie schamlos ausgenutzt und zu seiner unwissentlichen Helferin bei der Flucht aus de Chauliacs Haus gemacht, die ihm mit der Hilfe von Guillaume Karle und Kate auch gelungen war und seine Wächter und einen überraschten jungen Geoffrey Chaucer in die größte Verwirrung gestürzt hatte.
    In Wahrheit hatte er sie sehr reizvoll gefunden; sie war eine gebildete Frau, und er hatte ihre Gesellschaft genossen. Im hintersten Winkel seines Geistes war er sich jedoch stets seines falschen Spiels bewusst gewesen; zwischen ihnen konnte es niemals Liebe geben, nicht einmal von der Art höfischer Liebe, die Männer und Frauen von Adel so angenehm zu finden schienen. Dennoch musste er unwillkürlich daran denken, dass sie - die Frau eines Prinzen, die Mutter von Kindern, die eines Tages womöglich über England herrschen würden - sich bereitwillig auf die Tändelei eingelassen hatte.
    Die Flucht aus Paris war ihm als Sieg erschienen, bis ihr Sohn an der Pest erkrankte. De Chauliac hatte Alejandro dazu überredet, zurückzukehren und ihm dabei zu helfen, das Kind zu retten. Dank seiner und Kates Bemühungen war der Knabe genesen, aber Elizabeth hatte es ihm nur mit Gehässigkeit vergolten. In einer Dachkammer in ihrem Haus in Paris hatte er Kate vor diesem Abend zum letzten Mal gesehen.
    Elizabeths Augen weiteten sich und wurden dann wieder schmal. Hatte sie ihn erkannt, obwohl von seinem Gesicht kaum etwas zu sehen war?
    Als eine Frau, die man gedemütigt, hinters Licht geführt und sitzen gelassen hatte, würde sie denjenigen, der ihr all das zugefügt hatte, überall erkennen. Über die Schulter warf er rasch einen Blick zu den Tänzerinnen, dann hastete er an ihr vorbei, gerade als sie den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Als er sich erneut umdrehte, sah er, dass die weiß gekleidete Äbtissin soeben vom Maibaum wegtrat. Ein Blick zu den Wachen zeigte ihm, dass sie nichts zu bemerken schienen. Er lief ein paar
Schritte weiter und wandte sich ein letztes Mal um, und er sah aus dem Schatten einen jungen Mann auftauchen, der das traditionelle rote Gewand eines Arztes trug. Alejandro kniff die Augen zusammen, um ihn besser sehen zu können.
    Die Maske wurde abgenommen, und Chaucer lächelte.

    Alejandro hatte nicht den geringsten Zweifel, dass Elizabeth sofort die Wachen hinter ihm herhetzen würde. Er verfluchte die unglückliche Fügung, die ihre Wege sich genau in

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