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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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»Aber bevor wir uns schlafen legen, sollten wir tun, was in unserer Macht steht, um unsere Verfolger zu verwirren.«
    Auf demselben Weg, der sie in den Wald geführt hatte, ritten sie zum Dorfplatz zurück. Alejandro ließ das Pferd in einem immer größer werdenden Kreis auf der staubigen Erde herumgehen, und obwohl das Tier verwirrt schien, tat es gehorsam, was Alejandro von ihm verlangte. Nachdem sie noch dafür gesorgt hatten, dass eine Stelle besonders intensiv roch, ritten sie nach Osten, wohl wissend, dass sie sich am Morgen wieder nach Norden wenden würden. Danach ritt Alejandro zurück
in den Wald und schnitt einen Zweig ab, mit dem Kate ihre Spur verwischte, bis sie den Fluss erreichten. Alejandro ließ das Pferd dem gewundenen Wasserlauf folgen, bis der Garten des verlassenen Anwesens in Sicht kam.
    Sie banden das Pferd an einen Baum, den sie vom Fenster aus sehen konnten, und gingen mit ihren wenigen Habseligkeiten ins Haus. Sobald sie sie abgestellt hatten, sah Kate sich sogleich neugierig um - wie sie es als kleines Mädchen getan hatte, was Alejandro sehr anrührte. Mit einem Lächeln bot er seiner Tochter den Arm. »Mylady … darf ich bitten?«
    Sie hakte sich unter. »Mit Vergnügen, Sir.«
    Während Alejandro seine Tochter durch das Haus führte, sann er darüber nach, dass die Fährnisse und Strapazen der Flucht ihr genauso zugesetzt haben mussten wie ihm selbst, aber das Zusammensein mit ihr brachte eine Ruhe über ihn, in der alle Ängste zumindest vorübergehend schwanden. Mit einem Blick an die Decke der Vorhalle sagte er: »Welche Geister uns wohl beobachten mögen? Gewiss gibt es hier welche.«
    »Lasst uns hoffen, dass sie heute Nacht für sich bleiben.«
    Sie folgten einer Steintreppe nach oben. Eines der Gemächer schien den Frauen im Haus als Näh- und Stickraum gedient zu haben. Es gab einen großen hölzernen Stickrahmen, der jetzt verlassen und nutzlos dastand. In einem anderen Gemach fanden sie zahlreiche Regale. Alejandro fuhr mit einem Finger durch den Staub und hinterließ eine Rinne. »Das hier mag einst als Bibliothek gedient haben. Wie traurig …«, sagte er, und seine Stimme hallte in der Leere wider. »Kein einziges Buch ist mehr vorhanden.«
    Sie gingen zurück und wandten sich der anderen Seite des Treppenaufgangs zu, wo sie auf eine Reihe weiterer Räume stießen, die offensichtlich Schlafgemächer gewesen waren. Beim Verlassen des letzten zögerte Kate; sie kniete sich hin und griff unter eines der Betten, von dem nur noch das blanke Gestell übrig war. Sie zog einen einzelnen kleinen Schuh mit offenen Bändern darunter hervor. Er sah so aus, als hätte er einem
Kind von vielleicht sechs oder sieben Jahren gehört. Langsam richtete sie sich wieder auf und drehte sich zu Alejandro.
    Er sah Tränen in ihren Augen schimmern - und war erstaunt, dass es so lange gedauert hatte, bis sie sich zeigten.
    In einem der Ställe fanden sie genug Stroh, um zwei der Betten damit zu polstern, wenngleich die Schicht zu dünn war, um ihnen Bequemlichkeit zu bieten. Kate breitete das Stroh für sich und ihren Vater aus und sagte: »Es sind keine Daunen … ich fürchte, ich bin verwöhnt worden, Père. Selbst dem aufsässigsten königlichen Sprössling gewährt man ein gewisses Maß an Bequemlichkeit.« Sie sah ihm in die Augen und lächelte. »Aber das Gefühl von Freiheit, das ich in diesem Moment verspüre, lässt jedes Verlangen nach Bequemlichkeit schwinden.«
    Sie zog ihre Stiefel aus, bevor sie unter die dünne Decke schlüpfte, und stellte sie dicht neben das Bett, damit sie sie rasch zur Hand hatte, falls das Bellen von Hunden sie wecken und zu einer raschen Flucht zwingen sollte. Dann drehte sie sich auf die Seite und sah Alejandro an. »Nun, da wir vorerst in Sicherheit sind, erzählt mir mehr von meinem Sohn.«
    Alejandro holte tief Luft. »Es gibt so vieles zu erzählen. Er ähnelt dir sehr, obwohl ich oft denke, dass er auch seinem Vater sehr ähnlich sieht, so wie ich ihn in Erinnerung habe. Er ist groß für sein Alter - zumindest erscheint er unter den Juden von Avignon so - und kräftig! Sein Haar hat den gleichen Goldton wie das deine, und seine Augen sind blau.« Mit einem Lächeln setzte er hinzu: »Er nennt mich Grand-père.«
    Dies schien ihr zu gefallen; sie lächelte ebenfalls. »Ist er klug?«
    »Ganz außerordentlich klug! Er liest bereits Latein und hat sich auch ein wenig Griechisch angeeignet, und er bleibt gern an meiner Seite, wenn ich arbeite. Oft ahmt er

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