Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
ging, und sie alle hatten sie aus der Ferne bewundert. Es war kein Geheimnis, dass sie gegen ihren Willen vor den Traualtar hätte treten sollen. Sie war eine verführerische, voll erblühte schöne Frau, die des ehrenwertesten Mannes würdig gewesen wäre, hätte ihr Leben nicht so viele schlimme Wendungen genommen. Der verdrießliche und grobe Benoît hatte sich während der Waffenspiele mehr als einmal zum Narren gemacht, und keiner sah mit Freude seiner Teilnahme an den bevorstehenden Turnieren entgegen, bis zu denen es nicht mehr lange hin war. Die Demütigung, die er auf dem Maskenfest erlitten hatte, empörte niemanden außer ihm und de Coucy.
Chandos tat das, was der König von ihm verlangte, mit dem größten Widerwillen, aber er wusste zu gut, dass die Flüchtigen bei ihrer Ergreifung eine sehr viel weniger rücksichtsvolle Behandlung erwartete, wenn an seiner Stelle ein anderer Ritter die Verfolgung aufnahm.
De Coucy brachte sein Pferd neben Chandos zum Stehen. Er musterte den Trupp nicht ohne ein gewisses Misstrauen. Die Männer waren bis an die Zähne bewaffnet. »Nun«, sagte er zu Chandos, »Ihr habt einen ansehnlichen Haufen zusammengestellt. Hoffen wir, dass sie bei der Jagd eine ebenso gute Figur machen werdem.«
»Das wird sich zeigen«, erwiderte Chandos. Er wandte sich wieder seinen Männern zu. »Nehmt Aufstellung.«
Die Männer folgten seinem Befehl.
»Die Flüchtigen sind auf dem Weg nach Frankreich«, sagte
Chandos, während er seine Handschuhe anzog. »Sie werden sich nach Osten oder Süden wenden, um ein Schiff für die Überfahrt zu finden.«
Ein leichter Wind ließ das Banner König Edwards flattern, als sie, die hechelnden Hunde an der Spitze, über die Holzbrücke donnerten. Vor dem Tor senkten die Hunde sofort die Nasen auf den Boden und folgten scheinbar ziellos nach links und rechts laufend der von dem Leintuch aufgenommenen Witterung.
»Folgt ihnen«, rief Sir John seinen Leuten zu. »Wir müssen die Tochter des Königs zurückbringen.«
Und den Juden, der sie entführt hat. Die Worte hatten einen düsteren Beiklang, der ihn mit Scham erfüllte. Chandos kannte Alejandro als klugen und ehrenhaften Mann, der die Wahrheit höher schätzte als beinahe alles andere auf der Welt. Aber letzten Endes hatte das alles keine Bedeutung, da er seinem Herrn Treue geschworen hatte bis zu dem Tag, an dem man seiner nicht mehr bedurfte.
Gebe Gott, betete er im Stillen, dass dieser Tag niemals kommen wird.
»Sir John«, hörte er jemanden rufen. Er war der Meuteführer. »Die Spur führt nach Norden.«
»Nicht nach Osten?«
»Nein, Sir. Nach Norden.«
Sie versuchte sie zu narren, begriff der Ritter, und in eine Richtung zu locken, die unlogisch schien. Er hatte unzählige Male mit ihr Schach gespielt; sie war ausgezeichnet darin, und nun standen sie im Begriff, eine ganz besondere Partie zu beginnen. Gleichgültig, was dabei herauskommt, dachte er bei sich, es wird gewiss eine unvergessliche Jagd werden.
Es kostete ihn zwar große Überwindung, dennoch sagte er: »Dann also nach Norden. Und möge Gott uns beistehen, wenn wir uns irren.«
Als die Sonne direkt über ihnen stand, hielten Alejandro und Kate an einem Bach an, um sich auszuruhen und zu essen. Alejandro
band das Pferd an einen Baum und rieb es mit einem ledernen Tuch ab, während Kate sich in einem nahe gelegenen Feld auf die Suche nach Wurzeln und Kräutern machte. Als sie zurückkam, war ihr geschürztes Hemd voller essbarer Dinge, allesamt grün, allesamt voll Erde. Sie beugte sich über den Bach, tauchte ihre Schätze hinein und säuberte sie.
»Weißer Gänsefuß«, sagte sie zu Alejandro. »Zu schade, dass wir keine Möglichkeit haben, ihn zu kochen.«
»Dann werden wir ihn roh essen und unseren Eingeweiden keine Beachtung schenken, wenn sie sich später beklagen.«
Sie aßen in der Stille des Waldes, inmitten vereinzelter Sonnenstrahlen, die durch die Baumkronen fielen. Kate hatte sich mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt und sah zu, wie ihr geliebter Père in einen leichten Schlummer fiel. Sie erhob sich und schlich davon, hielt sich dabei jedoch in Sichtweite zu ihm. Als sie an einem Baum einen passenden Zweig gefunden hatte, schnitt sie ihn mit ihrem Messer ab und kehrte zu dem schlafenden Alejandro zurück.
Während sie mit dem Messer die Rinde entfernte, zuckte er hin und wieder unruhig. Welche Träume suchen Euren Geist in dieser kurzen Zeit der Ruhe heim?, fragte sie sich. Träumt Ihr von einer Frau?
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