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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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reizt, nicht weil ihm etwas daran läge, dass ich zurückkehre. Mit de Coucy verhält es sich jedoch anders«, fuhr sie fort. »Er wird für die Demütigung Benoîts Rache üben wollen, und falls er sich noch daran erinnert, wie sich die Spitze meines Messers anfühlte, wird er mich bestrafen wollen, allein um seinem Stolz Genüge zu tun.«
    »Er soll nur kommen«, sagte Alejandro mit wilder Entschlossenheit. »Ich werde mir seinen Kopf nehmen, wie er Guillaume Karle den seinen genommen hat.«
    Ein paar Augenblicke hingen beide der qualvollen Erinnerung nach, wie Karles Kopf mit seinem Helm zu Boden gefallen war, während sein Rumpf noch auf dem Pferd saß.
    »Die Zeit, um Rechnungen zu begleichen, kommt noch«, sagte Alejandro nach einer Weile. »Jetzt ist es an der Zeit, diesen Ort hier zu verlassen.«

    So schnell wie möglich setzten sie ihren Weg durch die Wälder nach Norden fort. Nach einem langen, anstrengenden Ritt durch den Wald gelangten sie auf eine Straße, die, ihrer Breite und ihrem Zustand nach zu schließen, viel bereist wurde. Als sie darauf weiterritten, stellten sie jedoch bald fest, dass Unkraut und Büsche begonnen hatten, sie zu überwuchern. Nach einiger Zeit kamen sie an einen Wegweiser. Das Schild war rissig und von der Sonne ausgeblichen, und die Schrift war abgewaschen.
An unteren Rand des Schilds hing eine zerrissene, verblasste Fahne. Alejandro griff nach dem Tuch und zog es auseinander. Dort, wo die Falten gewesen waren und die Sonne nicht hingelangen konnte, war es fast schwarz.
    Sie wussten beide, was eine schwarze Fahne bedeutete.
    »Sollen wir weiterreiten?«, fragte Alejandro leise.
    »Ja«, erwiderte Kate.
    Ein Stück weiter stießen sie auf ein verlassenes kleines Dorf.
    »Die Leute können nicht alle zu den Maifeiern gegangen sein«, sagte Kate bekümmert.
    »Nein, Tochter, das glaube ich auch nicht.«
    Auf dem Dorfplatz stieg Alejandro ab und nahm das Pferd am Zügel. Er ging an den Häusern vorbei und führte es mit Kate im Sattel hinter sich her. Vor einem kleinen Haus blieb er stehen. Die Tür stand weit offen, aber es war leer.
    Er sah sich drinnen rasch um, dann trat er wieder vor die Tür. »Ein so ruhiger Ort sollte von Frieden erfüllt sein, aber mein Herz zittert vor der Frage, was mit den Menschen geschehen sein mag, die einst hier lebten.«
    »Es kommt mir vor, als wären wir Eindringlinge, auch wenn ich nicht weiß, bei wem«, sagte Kate. »Lass uns weiterreiten, Père; ich will hier nicht bleiben.«
    Auf derselben Straße, die zusehends schlechter wurde, verließen sie das Dorf wieder. Nachdem sie etwa eine halbe Stunde geritten waren, kam ein kleines Anwesen in Sicht.
    Erneut stieg Alejandro ab und schlang die Zügel des Pferdes um einen niedrigen Ast. »Wenn es unbewohnt ist, können wir uns hier leichter verbergen als in einer Hütte. Und es ist gewiss bequemer, als im Wald zu schlafen. Bleib hier«, sagte er. »Ich will mich drinnen umsehen.«
    Auf halbem Weg zu dem Haus blieb er stehen und blickte zurück, als wolle er sich vergewissern, dass sie noch da war. Sie deutete seine Miene richtig und sagte: »Geht. Aber kehrt rasch zurück.«

    Neben der Holztür hing eine Glocke. Er läutete vernehmlich, dann wartete er nervös. Nach einer Weile läutete er abermals, doch niemand erschien, um ihn willkommen zu heißen. Er drückte gegen die Tür, und zu seiner Überraschung ließ sie sich ohne Weiteres öffnen.
    Die wenigen Möbel im Haus waren ärmlicher, als er es erwartet hätte. Er schritt rasch durch die Räume, fand jedoch keinen Hinweis auf ihre Bewohner. Es gab ein kleines Gemach mit einer eigenen Feuerstelle, daneben eine Kammer, von der aus eine Tür in den Garten führte. Ein schmales Fenster bot einen Blick nach draußen; sie konnten das Pferd in Sichtweite anbinden. Am anderen Ende des Gartens floss ein Bach, vielleicht fünfzig Schritte entfernt, es war also auch für Wasser gesorgt.
    »Das wird genügen«, sagte Alejandro, als er zu Kate zurückkehrte. Er warf einen wehmütigen Blick auf das Haus. »Es erinnert mich an das Anwesen, das man mir gab, als ich Windsor zum ersten Mal verließ. Zu prächtig für einen einfachen Mann wie mich.«
    Seine Tochter legte ihm sanft die Hand auf die Schulter. Sie wusste, dass die Erinnerung an diesen Ort zugleich süß und schmerzlich für ihn war. »Im hellen Morgenlicht wird Euch das alles hier sehr klein vorkommen, und Ihr werdet an unsere Flucht nach Frankreich denken.«
    »Zweifellos«, stimmte er ihr zu.

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