Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken, aber Lany bekam es doch mit.
    »Lass es zu«, flüsterte Lany. »Weine, wenn du weinen möchtest. Mir gegenüber musst du keine besondere Tapferkeit zur Schau stellen. Und ob morgen deine Augen vom Heulen geschwollen sind, interessiert keinen Menschen.«
    Und Janie weinte bitterlich, bis sie schließlich in einen tiefen Schlaf fiel.

    Sie standen in aller Frühe auf und saßen schon bald wieder auf den Pferden. Für die verbleibende Strecke bis nach Worcester - geographisch betrachtet der am leichtesten erreichbare Ort in ganz Massachusetts - brauchten sie vier Stunden. Um die Mittagszeit hatten sie sich in einem Gebüsch vor dem Worcester Armory versteckt und beobachteten schweigend das Kommen und Gehen der Leute. Es waren mehr, als ihnen beiden seit Jahren vor Augen gekommen waren.
    »Draußen warten drei Dutzend Leute.« Lany hielt ihr das Fernglas hin. »Hier, sieh selbst.«
    Janie hielt sich das Fernglas vor die Augen und stellte es scharf, dann sah sie einige Minuten lang sehr konzentriert hindurch. »Gerade ist jemand durch die Vordertür gekommen«, sagte sie. »Er spricht zu den Wartenden.«
    Sie reichte das Fernglas zurück.
    »Sie gehen rein«, sagte Lany gleich darauf. Sie ließ das Fernglas sinken. »Was, meinst du, sollen wir tun?«

    »Abhauen«, sagte Janie. »So weit und so schnell wie möglich. Das alles macht mir eine Heidenangst.«
    »Mir macht es auch Angst, aber da wir schon einmal hier sind, sollten wir auch zu Ende bringen, was wir begonnen haben. Wir können die Pferde hierlassen und zu Fuß weitergehen, vielleicht kommen wir ja nahe genug heran, um sie zu belauschen. Herrgott, eigentlich sollten wir dort drinnen bei ihnen sein.«
    »Die Pferde zurücklassen? Und was tun wir, wenn sie jemand stiehlt? Zu Fuß nach Orange gehen?«
    Lany überlegte kurz, dann sagte sie: »Gut, dann bleibst du hier, und ich schleiche mich näher ran. Ich bin kleiner. Sie werden mich schon nicht so schnell entdecken.«
    Sie reichte Janie das Fernglas. »Lass sie nicht aus den Augen. Kannst du pfeifen?«
    »Ja, aber nicht gut.«
    »Pfeif laut, wenn dir etwas komisch vorkommt.«
    »Okay.«
    Lany klopfte auf die Waffe an ihrem Schenkel. Bevor sie nach Worcester gekommen waren, hatte Janie ihr dabei zugesehen, wie sie die Trommel geöffnet und alle Kugeln herausgenommen und wieder eingelegt hatte.
    »Du hast dein Messer, oder?«
    Janie strich über ihre Fessel.
    »Gut. Ich bin so schnell wie möglich wieder zurück.« Sie machte ein paar Schritte, dann drehte sie sich noch einmal um. »Wenn ich in einer Stunde nicht wieder hier bin, musst du dich ohne mich auf den Weg nach Hause machen.«
    »Ich werde dich hier doch nicht zurücklassen!«
    »Und wie du das tun wirst. Im umgekehrten Fall würde ich dich auch zurücklassen.«
    Janie starrte sie kurz an, dann sagte sie: »Okay.« Sie beobachtete, wie Lany zwischen den Büschen verschwand, und kalte Angst stieg in ihr auf, jetzt, da sie allein war. Sie hob wieder das Fernglas an die Augen und beobachtete, wie die Eingeladenen
- vermutlich alles Doppeldeltas - einer nach dem anderen durch die Tür traten.
    Es gefiel ihr nicht, dass alle aus ihrem Blickfeld verschwanden. Kannten sich diese Leute, oder waren sie einander genauso fremd, wie es Lany und sie gewesen wären, wenn sie an der Versammlung teilgenommen hätten? Und warum ging jemand durch eine Tür, wenn er nicht wusste, was auf der anderen Seite auf ihn wartete?
    Sie hörte die Stimme von Myra Ross in ihrem Kopf. Während eines Mittagessens vor langer Zeit hatte Myra über den Transport von Berlin nach Auschwitz gesprochen. Man befahl uns, in die Waggons zu steigen, und wir gehorchten. Sie sagten uns, dass wir keine Angst haben müssten, dass uns nichts passieren würde.
    Die eisigen Finger einer lauernden Gefahr strichen ihr kalt über den Rücken.
    Janie wollte aufstehen und ihnen eine Warnung zurufen, aber sie hielt sich zurück, auch wenn sie dazu ihre ganze Willenskraft aufbieten musste. Sie beobachtete weiter die Leute, in ihrem Kopf schrie es laut Nein, bis eine Bewegung in ihrem Augenwinkel ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Es war Lany zwischen den Bäumen, die um das Gebäude standen. Da war ein Maschendrahtzaun, und Lany versuchte sich durch eine schmale Lücke zu quetschen. Janie sah zu, wie sie ein Bein durchschob und sich dann bückte, um durchzuschlüpfen.
    Und plötzlich stand ein Mann hinter Lany - ein sehr großer Mann mit einem Pferdeschwanz.
    Janies

Weitere Kostenlose Bücher