Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
Füßen bleiben, wo sie hingehören - auf dem Boden!«
Der Knabe achtete nicht auf die Schelte. »Aber Vater, ich sah Soldaten! Auf Pferden, und sie standen eine gute Weile unter dem Baum, aber dann machten sie kehrt und ritten wieder weg, weil sie das Zeichen gesehen hatten. Ich hörte, was sie sagten, Vater …«
Der ältere Blackwell stellte seinen Eimer ab; seine Stimme klang etwas sanfter, als er sagte: »Dann heraus damit.«
»Ihr dürft mich nicht schlagen, Vater, bitte …«
»Ich schlage dich, wann es mir beliebt. Jetzt sprich.«
Der Knabe sprudelte hervor, was er gehört hatte, und dann stand er da und wartete nervös auf eine Reaktion. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis sein Vater etwas sagte, und dann geschah es mit gesenkter Stimme. »Geh und verrichte deine Arbeit«, sagte er. »Und kein Wort davon zu irgendjemandem. Wenn du sie gut machst, gerbe ich dir auch nicht das Fell.«
»Ja, Vater!«
Auf dem Karren lagen nur noch wenige Tuchballen, da der Fuhrmann den Großteil seiner Fracht bereits in den umliegenden Dörfern abgeladen hatte. Die beiden großen Hengste, die den Karren zogen, waren erschöpft von der langen Fahrt. Als
der Fuhrmann auf dem letzten Stück seines Wegs an der Pestfahne vorbeikam, begann sein Herz schneller zu schlagen. Er war angewiesen, am Rand des Friedhofs auf den Schneider zu warten, auch wenn er nicht verstand, warum er seine Waren nicht ins Dorf bringen konnte, wie er es in den anderen Dörfern gemacht hatte.
Er war froh, als er den Mann endlich vor sich aus dem Nebel auftauchen sah. So konnte er noch ein gutes Stück seines Heimwegs zurücklegen, bevor es dunkel wurde. Er hob die Hand, und sein Gruß wurde in gleicher Weise erwidert. Beim Anblick des Schneiders, der durch die Nebelschwaden auf ihn zukam, lief dem Fuhrmann ein Schauer über den Rücken, denn er hatte etwas Gespenstisches und Unheimliches.
Beim Abladen der Tuchballen stieg von der groben Leinwand, in die sie eingeschlagen waren, der gewohnte unangenehme Geruch auf. Einzelne Fasern des groben Gewebes wirbelten durch die Luft, und der Schneider musste mehrmals heftig niesen. Bei dem ungewohnten Geräusch flatterten die Vögel auf, die sich in den Baumkronen niedergelassen hatten. Über ihrem empörten Geschrei hörte keiner der beiden Männer das aufgeregte Quieken der kleinen schwarzen Ratten, die aus dem Karren hervorschossen und in Richtung Eyam im Wald verschwanden.
»Wie wir hören, wütet in London noch immer die Pestilenz«, sagte der Schneider mit einem schwachen Lächeln. »Du bist nicht damit behaftet, will ich hoffen …«
»Gott bewahre, nein«, erwiderte der Fuhrmann. »Nicht, dass ich über Seine Wege Bescheid wüsste.« Er bedachte den Schneider mit einem wissenden Blick. »Ich sah eure schwarze Fahne. Vielleicht solltest nicht du mich fragen, ob meine Fracht damit behaftet ist, wo sie doch offenbar euer Dorf heimgesucht hat.«
Der Schneider blickte sich noch einmal nervös um und griff nach dem letzten Ballen. Mit einem kurzen Nicken verabschiedeten sich die beiden Männer voneinander. Dann lud sich der
Schneider die Tuchballen auf und eilte dem Dorf zu. Der Fuhrmann sah ihm noch einen Augenblick nach - er hatte einen seltsam o-beinigen Gang, der durch das Gewicht der Tuchballen stärker hervortrat. Dann wendete er sein Fuhrwerk und machte sich dankbar auf den Rückweg nach London.
Noch immer über die Geschichte nachsinnend, die ihm sein Sohn erzählt hatte, nahm Blackwell den Eimer auf, um weiter die Schweine zu füttern. Während er ihnen ein paar Handvoll Korn hinwarf, überlegte er, was er mit dem wertvollen Geschenk anfangen sollte, das sein Sohn ihm bereitet hatte. Sollte er den Fremden sagen, dass er wusste, wer sie waren - zumindest wer die Frau war -, und ihnen für sein Schweigen so viel wie möglich abverlangen? Oder sollte er über sein Wissen Stillschweigen bewahren und sie ungehindert und ohne Aufsehen davonziehen lassen? Sie schienen anständige Leute zu sein. Der Vater war ein wenig zu ernst, aber die junge Frau schien recht liebenswert zu sein. Eine wahre Schönheit und - wenn das, was der Knabe mit angehört hatte, zutraf - eine Braut von einem gewissen Wert.
Den größten Teil des Vormittags brachte er damit zu, sich über die Zwickmühle, in die sein Sohn ihn gebracht hatte, den Kopf zu zerbrechen, kam jedoch zu keinem Entschluss. Der Tag verging, wie alle seine Tage vergingen, mit schwerer Arbeit und wenig Lohn.
Spät am Nachmittag trat Blackwell zu
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