Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
wenig über ihn bekannt, außer dass er über ein nicht unerhebliches Vermögen verfügt. Die meisten seiner Besitztümer liegen in der Bretagne, wo Edward wenig Einfluss hat. Wenn er sie ihm zur Frau gibt, bewirkt er damit zweierlei: Er
bindet de Coucy an sich und bekommt die Bretagne in die Finger.«
»Ich schlitze ihm den Leib auf, wenn ich ihn jemals wieder zu Gesicht bekomme!«
»Wen wollt Ihr aufschlitzen - de Coucy oder den König?«
»Beide«, stieß Alejandro grimmig hervor, »wenn ich Gelegenheit dazu erhalte.«
»Ihr müsst lernen, Euer Temperament zu zügeln, mein Freund. Eure unüberlegten Handlungen sind Euch in der Vergangenheit bereits teuer zu stehen gekommen. Solche Gefühlswallungen sind ungesund und werden Euch irgendwann ins Verderben stürzen.«
Alejandro achtete nicht auf die mahnenden Worte seines Freundes und erhob sich von seinem Stuhl. Er ging auf dem Teppich in de Chauliacs Gemach auf und ab und murmelte dabei leise etwas vor sich hin. Schließlich drehte er sich zu de Chauliac und sagte: »Ich muss unverzüglich aufbrechen. Ich werde sie aus dem Schloss befreien und hierherbringen. In Avignon ist sie in Sicherheit, unter den Juden …«
De Chauliac sah, wie verzweifelt und aufgewühlt sein Freund war. »Beruhigt Euch, Kollege; in Zeiten wie diesen muss das Herz schweigen und der Verstand walten. Ich ließ Euch holen, sobald ich von der Nachricht Kenntnis erhielt. Uns bleibt also Zeit, darüber nachzudenken, was zu tun ist, und dann zu handeln. Der Papst hat seine Zustimmung zu der Eheschließung noch nicht erteilt, obgleich ich sicher bin, dass er es tun wird. Das Schreiben traf eben erst ein. Für den Papst ist viel damit gewonnen, wenn er seine Antwort hinauszögert. Der König wird unruhig werden und möglicherweise nachgiebiger in anderen Dingen sein. Das ist ein Spiel, das die beiden miteinander spielen.«
»Aber ich darf nicht warten. Ich muss unverzüglich aufbrechen, um jeden Vorteil zu nutzen, der sich mir bietet.« Der Zorn in seiner Stimme wich einem tief empfundenen Bedauern. »Ich hätte sie schon längst holen sollen.«
»Ihr wäret gescheitert. Es war nicht die rechte Zeit dafür. Überall in diesem Land fanden Kämpfe statt, und sie tun es noch! Überall sind Soldaten, und auch wenn ihre Zahl geringer ist als zuvor, halten sie zweifellos noch immer Ausschau nach Euch, und dieses Mal lenkt sie kein Krieg von der Suche ab.«
Alejandro ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. Seine Stimme ließ erkennen, dass er sich geschlagen gab. »Nun denn«, sagte er, »wie soll ich also vorgehen?«
»Begleitet mich zunächst nach Paris. Nehmt den Knaben mit. Ihr seid dort in Sicherheit, darauf gebe ich Euch mein Wort. Sobald wir dort angelangt sind, werde ich einige meiner Leute aussenden, um Neuigkeiten in dieser Angelegenheit einzuholen. Anschließend werden wir erwägen, was Ihr als Nächstes tun solltet. Sobald das Verlöbnis verkündet worden ist, werden sich viele Reisende auf den Weg nach England machen. Es sollte Euch möglich sein, Euch unerkannt unter sie zu mischen.«
»Oder von ihnen erkannt zu werden.«
»Sicherlich, diese Gefahr besteht.«
»Und was soll ich tun, mit einem Kind an meiner Seite?«
»Wenn wir es für ratsam halten, kann der Knabe in Paris bleiben, unter meiner Obhut, und wir bringen ihn bei einer Magd unter.« De Chauliac hielt inne, um Alejandro etwas Zeit zu geben, seine Worte zu bedenken. »Seine Heiligkeit befindet sich derzeit bei guter Gesundheit und will mich, anders als seine Vorgänger, nicht ständig um sich haben. Ich werde also um die Erlaubnis bitten, nach Paris zu reisen, um mich weiter meiner Cyrurgia zu widmen. Ich hege keinen Zweifel, dass er meiner Bitte entsprechen wird. Ihr könnt mich als mein Gehilfe begleiten, niemand wird etwas merken.«
Wohlweislich sagte er Alejandro nichts davon, dass die Soldaten des Königs angeblich angewiesen worden waren, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, den jüdischen Arzt zu finden und nach England zu schaffen. Für diese unerfreuliche Mitteilung
würde später noch Zeit sein, wenn sie sicher in Paris angelangt waren.
Der Franzose zitterte und musste husten. Sogleich sah Alejandro ihn forschend an.
»Ihr seid blass, Kollege.« Er trat zu de Chauliac und legte ihm eine Hand auf die Stirn. »Und Ihr habt Fieber.«
De Chauliac schob Alejandros Hand weg. »Bloße Gefühlswallungen«, sagte er. »Da seht Ihr, wie schädlich sie sind; Ihr müsst meinen Rat befolgen und ruhig und besonnen bleiben,
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