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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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dann flüsterte sie Kate zu: »Ich habe eine Botschaft für Euch, von dem Burschen Chaucer.« Sie zog sie aus ihrem Ärmel und reichte sie ihr.
    Kate griff danach und faltete sie so hastig auseinander, dass sie sie um ein Haar zerrissen hätte.

    Verehrte Lady Kate, darf ich Euch heute Abend in Euren Gemächern aufsuchen? Ich möchte mit Euch über jene Historien sprechen, an denen Ihr Interesse zeigtet. So es Euch genehm ist, bitte ich Euch, mir Nachricht durch Eure Nurse zu geben.

    Was für Historien? Mitunter fand der junge Mann allzu viel Gefallen an Rätseln. Sie erinnerte sich an die ersten Worte, die er damals in Paris zu ihr gesagt hatte, zu der Zeit, als er als Geisel gehalten worden war.
    Ihr könntet die Schwester meines Herrn, Prinz Lionel, sein.
    Damals hatte er unwissentlich als Komplize von Kate und Guillaume Karle, zu jener Zeit noch nicht ihr Gatte, dazu beigetragen, Alejandro zur Flucht aus de Chauliacs Haus zu verhelfen. Bemerkenswerterweise schien er das Ränkespiel nicht übelgenommen zu haben. Seit ihrer Ankunft in Windsor hatte er sich oft mit ihr unterhalten, und jedes Mal, wenn sie den jungen Mann dabei ertappte, dass er sie unverwandt anstarrte, fragte sie sich, ob es vielleicht noch etwas gab, das er ihr sagen wollte.

    »Nurse, wie alt ist Master Chaucer?«
    »So alt wie Ihr, mein Kind, würde ich meinen«, erwiderte die Nurse.
    In der Augen der alten Frau würde sie ewig ein Kind bleiben. »Und was ist mit seiner Familie?«
    »Weinhändler in London, soweit ich weiß.«
    »Er ist ein außergewöhnlicher junger Mann.«
    »Das ist wohl wahr und recht klug, seiner gewählten Sprache nach zu urteilen. Allein deshalb wird er es in dieser Welt noch weit bringen, denkt an meine Worte.«
    »Was das betrifft, habt Ihr sicher recht, meine gute Nurse. Bitte richtet Master Chaucer aus, dass ich ihn mit Freuden empfange. Er soll in meine Gemächer kommen, dann können wir auf dem Balkon, der zur Kapelle hinausgeht, miteinander sprechen. Die Wachen können mich dort sehen, aber sie werden nicht verstehen, was wir sagen.«

    Die Reisegesellschaft hielt Abstand zu dem Steinkreis und sah aus sicherer Entfernung vom Wald aus zu, wie die nur in Lendentücher gekleideten Flagellanten sich selbst und einander mit Weidenzweigen geißelten. Sie vollführten einen ekstatischen Tanz um drei Pfähle, um die herum Scheiterhaufen aufgeschichtet waren. An jeden der Pfähle war ein Mann gebunden, auf dessen Gewand der leuchtend gelbe Kreis zu erkennen war, der allen, die ihn erblickten, Jude entgegenschrie. Das Stöhnen der Gefangenen war erbarmungswürdig; voll Entsetzen beobachtete Alejandro, wie einer der Flagellanten mit einer Fackel vortrat und die drei Scheiterhaufen in Brand setzte. Zuerst stieg Rauch auf und dann folgten die Flammen, die binnen kurzem züngelnd nach den Füßen der gefesselten Juden griffen.
    Wir müssen ihnen Einhalt gebieten!
    Aber der Hauptmann der Eskorte wollte nicht eingreifen. Man hat mir den Befehl erteilt, für Eure Sicherheit zu sorgen, war alles, was er dazu sagte.
    Alejandro zog einen Pfeil aus seinem Köcher und spannte
seinen Bogen. Er zielte sorgfältig, wie Hernandez es ihm beigebracht hatte, und ließ los. Der Pfeil traf einen der Gefangenen mitten in die Brust. Durch den Körper des Mannes lief ein Zittern, dann fiel sein Kopf nach vorne.
    Die Flagellanten drehten sich in die Richtung, aus der der Pfeil gekommen war. Als sie die Gruppe im Wald erspähten, schüttelten sie wütend die Fäuste und liefen auf sie zu. Alejandro wendete sein Pferd und hieb ihm die Fersen in die Flanken, aber die Hufe des Tieres schienen in Treibsand gefangen; er kam nicht vorwärts, und schon bald hatten ihn die Flagellanten erreicht und …
    »Grand-père! Was ist mit Euch?«
    Alejandro setzte sich im Stroh auf, das Herz schlug ihm bis in den Hals.
    »Grand-père, habt Ihr geträumt?«
    Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht, um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich wach war. »Ja, mein Kind, ich habe geträumt.«
    »Was habt Ihr denn geträumt? Ihr habt Euch hin und her geworfen!«
    »Ich kann mich im Augenblick nicht erinnern«, log er. Es gab keinen Grund, den Knaben in Angst zu versetzen; das würde auf dieser Reise noch ganz ohne sein Zutun geschehen. »Vielleicht fällt es mir später wieder ein. Es kann kein angenehmer Traum gewesen sein, also vielleicht ist Gott so gnädig und lässt ihn mich für immer vergessen.« Er blickte zu einem der Fenster und sah, dass Licht

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