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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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vorstellen, sie zu tragen.« Sie drehte sich um, nahm einen weiteren Plastiksack von dem Haken an der Wand und legte ihn ehrfürchtig auf den Tisch. Janie trat an eine Seite des Tisches, Caroline an die andere, und zusammen öffneten sie den Reißverschluss des Sacks von beiden Enden her. Caroline schlug die Klappe zurück und starrte auf den grünen Anzug.
    Sie sah zu Janie und sagte: »In einem ähnlichen Sack hat meine Mutter ihr Hochzeitskleid aufgehoben, fällt mir da ein.«
    »Meine auch«, sagte Janie versonnen. »Wozu war eigentlich dieses blaue Papier gut?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht sollte es das Vergilben verhindern. Haben sie nicht auch beim Waschen irgend so ein blaues Zeug zu der weißen Wäsche getan? Vielleicht war das dasselbe.«
    »Oder es war nur ein weiteres Ammenmärchen.« Sie lachten. »Gott allein weiß, welcher von unseren Tricks sich in hundert Jahren als Ammenmärchen entpuppen wird.«
    Die Fortsetzung des Satzes ließ Janie ungesagt: So es der höheren Macht gefällt, dass es in hundert Jahren noch Ammenmärchen gibt.
    »Sie werden bestimmt der Hammer sein«, sagte Caroline. Sie seufzte tief. »Tja, hier stehen wir also, wie die Ehefrauen von Samuraikriegern, die die Rüstung für ihre Männer zurechtlegen.«
    Dieser ernüchternde Vergleich beendete das heitere Geplauder. Janie ging mit schnellen, kleinen Schritten um den Tisch herum und umarmte Caroline. Sie spürte, wie die Schultern
ihrer Freundin bebten. »Es wird alles gut gehen«, flüsterte sie. »Er wird heil zurückkehren.«
    Caroline wischte sich die Tränen weg und sagte: »Er muss. Ich mag gar nicht daran denken, wie das Leben ohne ihn wäre.«
    Janie drückte ihre Freundin wortlos an sich. Die Vorstellung, dass ihre kleine Gemeinschaft eines ihrer männlichen Mitglieder verlieren könnte, war etwas, woran auch sie nicht denken wollte.

    Die Karte erfasste Zentral- und Westmassachusetts relativ detailliert. Man hatte sie an einer der beiden langen Wände des großen Konferenzzimmers befestigt, wo sich früher die Mitglieder des Kontrollgremiums des Worcester Technical Institute getroffen hatten. Über der Karte hing ein handgeschriebenes Schild:
    Global denken, lokal handeln
    »Bleibt uns etwas anderes übrig?«, brummelte der narbengesichtige Mann wieder einmal. Er hatte das Schild schon oft abhängen wollen, aber es war bereits lange vor ihm da gewesen und verdiente daher einen gewissen Respekt.
    Wenn ich nur lange genug auf die Karte starre, meinen Blick wandern lasse, wohin er will, überlegte der Mann, wenn ich mein Unbewusstes übernehmen lasse, dann wird sich irgendein Muster herausbilden, etwas, das erklärt, was gerade vor sich geht.
    Dutzende von Nadeln mit gelben Köpfen steckten in der Karte, sie befanden sich an den Punkten, wo die Proben ein positives Ergebnis gezeigt hatten. Unter jeder Nadel stand in ordentlichen Blockbuchstaben das jeweilige Datum.
    Seine Augen waren müde. Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht, um wacher zu werden, und spürte das harte Narbengewebe an der Stelle seiner einstmals weichen Haut.
    Er erhob sich aus seinem Stuhl und ging ins Badezimmer, wo er sich Wasser ins Gesicht spritzte und es mit einem Handtuch abtrocknete, wobei er darauf achtete, nicht zu fest zu
rubbeln - er hatte ständig damit zu kämpfen, dass sich Risse in seiner ledrigen Haut bildeten. Er erhaschte einen Blick von sich im Spiegel und sah schnell weg. Glücklicherweise begegnete er nicht oft Kindern; er würde ihnen nur Angst einjagen, dachte er. Er jagte ja sogar sich selbst Angst ein.
    Ein Königreich für einen Chirurgen.
    Bevor er ganz in Selbstmitleid versank, wurde er von seinem Assistenten unterbrochen, der ihm etwas zurief.
    »He, Boss, geht’s Ihnen gut?«
    »Ausgezeichnet«, antwortete er seinem Spiegelbild. Jedenfalls bin ich ein ausgezeichneter Lügner.
    »Wollte mich nur vergewissern. Wir brauchen Sie, vergessen Sie das nicht. Sie sind doch das Herzstück der Organisation.«
    Als sie sich das erste Mal begegnet waren, hätte Bruce niemals gedacht, dass Fredo ein Computerfreak war; er sah eher nach dem Bodyguard eines Rockstars aus als nach einer Intelligenzbestie. Er war groß, trug lange Haare und einen Vollbart, und seine Unterarme waren wild tätowiert. In seine Pranken schien ein Football besser zu passen als ein Trackball. Als er auf der Suche nach irgendwelchen zurückgebliebenen Computerteilen auf die Intensivstation des verlassenen Bostoner Krankenhauses marschiert war, hatte Fredo eine

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