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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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aber sie bezweifelte, dass das nötig sein würde. Nach all der Zeit, dachte sie, würde selbst ein Herrscher, der mit einem so guten Gedächtnis gesegnet war wie König Edward, sich bestimmt nicht mehr um die Witwe eines toten Wilddiebs scheren.
    Ihre Sachen waren gepackt und standen neben der Tür. Der Fuhrmann würde sie bei Sonnenaufgang abholen. Sie faltete die einzige ihr verbliebene Decke auseinander - sie war so schäbig, dass ihr niemand auch nur einen Sou dafür geben würde - und breitete das fadenscheinige Ding auf dem Boden ihres leeren Hauses aus. Es wäre das letzte Mal für lange Zeit, dass sie auf dem harten Boden aus festgestampfter Erde schlafen musste, denn die morgige Nacht und alle folgenden ihrer Reise würde sie in bequemen Gasthäusern entlang des Wegs verbringen - zumindest hatte ihr das der Mann aus dem Mietstall versichert.
    Sie wickelte sich in die Decke und rutschte ein paarmal hin und her in der Hoffnung, Schlaf zu finden. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis sie die Flöhe spürte, die die Wärme ihres Körpers suchten. Sie sprang auf, schüttelte die alte Decke wütend aus und fluchte laut vor sich hin, während um sie herum Staub aufwirbelte.
    Nur noch dieses eine Mal, sagte sie sich. Sie schlüpfte wieder unter die Decke und schwor sich dabei, dass sie nie wieder eine Nacht in der Gesellschaft von Flöhen verbringen würde.

    Philomène war nirgends zu sehen; ebenso wenig de Chauliac. Alejandro hatte gehofft, dass es ihm gelingen werde, sie im Auge zu behalten und herauszufinden, wo man sie unterbrachte, damit er sie später wie verabredet aufsuchen konnte. Das Nachtmahl und die Stunde der Vesper verstrichen, ohne dass einer von beiden sich sehen ließ. Guillaume schlief auf Alejandros Schoß ein. Er wiegte den Knaben, den plötzlich das Heimweh
überkommen hatte, sanft hin und her. Dann bettete er ihn auf das Strohlager und wollte ihn gerade in seine Decke wickeln, als er de Chauliacs Stimme hinter sich vernahm.
    »Jemand wünscht Euch zu sprechen«, sagte der Franzose.
    Alejandro richtete sich auf und drehte sich zu ihm. »Jemand«, sagte er und deutete auf seine Brust, »wünscht auch Euch zu sprechen.« Er führte de Chauliac aus der kleinen Kammer, in der Guillaume schlief, und zog leise die Tür hinter sich zu. »Heute ist vieles geschehen, was ich nicht verstehe und für das ich gern eine Erklärung hätte.«
    De Chauliac schwieg eine Weile, dann sagte er: »Ihr sollt sie bekommen, wenn es an der Zeit ist. Alles, was ich Euch im Augenblick sagen kann, ist, dass manche Dinge nicht so sind, wie sie für Euch aussehen mögen. Ich bitte Euch erneut, mir Euer Vertrauen zu schenken. Ihr habt eine lange und beschwerliche Reise vor Euch, bis Ihr erst einmal in Paris angekommen seid. Bitte, Kollege, ereifert Euch nicht über Dinge, die Euch nicht bekümmern sollten und die keinen Einfluss auf Euch haben.«
    »Die Frau«, sagte Alejandro. »Warum reist sie mit uns?«
    »Ich bringe sie nach Paris, zu ihrem eigenen Schutz. Es gibt einige Leute, die ihr nach dem Leben trachten.«
    »Wie das, um Gottes willen? Hat sie irgendeinen schrecklichen Frevel begangen?«
    »Manch einer würde das behaupten. Wenn ihr der Sinn danach steht, wird sie Euch sagen, warum sie bei uns ist. Wenn ihr nicht der Sinn danach steht, nun denn, dann könnt Ihr oder irgendein Mensch auf Erden ja versuchen, ob Ihr sie zum Reden bringt.«
    »Sagt Ihr es mir und erspart mir die Mühe! Ich habe wenig Zeit für solche Narreteien.«
    »Keiner von uns hat Zeit für Narreteien, mein Freund. Am wenigsten ich. Aber ihre Geschichte ist nicht närrisch. Übt Euch in Geduld. Zur rechten Zeit wird Euch alles enthüllt werden.«

    De Chauliac geleitete ihn zur Tür von Philomènes Kammer, dann zog er sich zurück. Als Alejandro eintrat, schien sie ihn bereits erwartet zu haben. Nun, da ihr Haar lose herabfiel, wirkten die Beinlinge und das weite Hemd des Soldaten völlig unpassend. Ihre schmutzverkrusteten Stiefel lagen auf dem Boden.
    Sie deutete auf einen Stuhl und bat ihren Gast, Platz zu nehmen. Er tat, wie ihm geheißen, aber er war so unruhig, dass er nicht still sitzen konnte. Deshalb erhob er sich sogleich wieder. »Dies hatte ich eigentlich nicht im Sinn, als ich Euch darum bat, mir heute Abend Eure Gesellschaft zu gewähren.«
    »Genauso wenig ich, als ich Eurer Bitte nachgab«, sagte sie. »Aber nach dem heutigen Tag gibt es, wie mir scheint, vieles zu bereden. Bitte, setzt Euch. Durch Euer Herumgelaufe bewirkt Ihr

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