Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
klobigen Stiefeln raschelten.
Mit langsamen und schweren Schritten stieg er die hölzernen Stufen zu dem viktorianischen Haus hinauf und sah sich um, wobei er sich fragte, ob vielleicht die Geister der ehemaligen Bewohner des Hauses aus einer anderen Dimension hervorblinzelten und beobachteten, wie er in seinem merkwürdigen Anzug in ihr ehemaliges Heim eindrang. War da ein kleiner Junge in kurzen Hosen mit einem Stock und einem Reifen oder eine viktorianisch gekleidete Dame in gestärktem Leinen, die Arme selbst an drückend heißen Sommertagen züchtig mit Spitze bedeckt? Vielleicht war auch eine schwarz gekleidete Witwe da, eine Perlenbrosche an dem eng sitzenden Kragen ihrer hochgeschlossenen Bluse, die sich fester in ihr Tuch wickelte, als wolle sie sich vor dem nahenden grünen Dämon schützen?
In solche Gedanken versunken, fand er sich in der Küche wieder, wo er mit den Wattestäbchen Proben von der Arbeitsfläche gleich rechts neben der Spüle nehmen sollte. Als das getan war, legte er die Wattestäbchen in ihre Behältnisse. Als auch diese verstaut waren, sah er sich rasch um.
Das Haus machte einen verlassenen Eindruck, aber überall waren Spuren winzigen Lebens zu sehen. Versehentlich zerriss er ein zartes Spinnennetz, das zwei Möbelstücke miteinander verband, die zu klapprig waren, um für einen Dieb von Wert zu sein. Leere Panzer von Käfern, kleine schwarze Kothäufchen - er folgte ihnen mit den Augen zum Geräusch seines eigenen Atems. Auf dem Fensterbrett hinter der Spüle sah er Pfotenabdrücke. Überall in der Gegend trieben sich Katzen herum - diejenigen, die es schafften, ihren nächsten Verwandten, den Raubkatzen, aus dem Weg zu gehen. Wenn man sie reizte oder wenn sie hungrig waren, konnten sie ekelhaft werden, und ein paar Tatzenhiebe würden genügen, um seinen Anzug unbrauchbar zu machen. Dieser Gedanke erhöhte seine Wachsamkeit.
Eine Tür am anderen Ende der Küche stand verlockend weit offen; vorsichtig spähte er um den Türrahmen. Mitten auf einem Haufen Lumpen lag dort eine Mutterkatze mit ihrem Wurf. In einer Ecke lagen säuberlich aufgereiht die Überreste irgendwelcher Nagetiere, einige nur noch Skelette, andere mit Maden bedeckt. Die Katze sprang auf die Beine, ohne darauf zu achten, dass die an ihren Zitzen saugenden Kätzchen dabei auf die Lumpen plumpsten. Sie war knochig und sah hinterhältig aus, wie sie ihn mit entblößten Fängen anfauchte. Ohne sie aus den Augen zu lassen, zog er sich schnell wieder zurück. Hastig verließ er das Haus und lief die morschen Holzstufen hinunter, in der Hoffnung, dass keine brechen würde.
Die anderen halfen ihm auf Galens Rücken. Er schob sein Visier hoch und holte tief Luft.
»Ich habe Spuren von sehr viel mehr Mäusen und Ratten gesehen als das letzte Mal, als ich hier war«, sagte er. »Erklären kann ich mir das nicht, aber ich weiß, dass ich es mir nicht einbilde.« Er warf einen kurzen Blick zu Janie, die ihr kostbares Notizbuch hervorzog und ein paar Bemerkungen hineinkritzelte. So schnell wie möglich ritten sie zu den beiden anderen Fundstellen; Michael ging rasch und effizient vor, als er die Proben einsammelte, und berichtete auch hier von einem Anstieg der Nagerpopulation.
Die Sonne hatte fast ihren höchsten Stand erreicht, als er schließlich wieder aus dem Anzug steigen und seine normale Kleidung anziehen konnte. Die Gruppe verließ erleichtert das kontaminierte Gebiet und ritt weiter, die Proben sicher verstaut.
Dieses Mal war der Abstieg nach Orange leichter, da das meiste Eis in den ersten Frühlingstagen geschmolzen war. Am späten Nachmittag trafen sie in Orange ein, zur großen Erleichterung seiner Bewohner, die sofort herbeieilten und ihnen von den Pferden halfen. Janies Patientin wurde von ihrem Vater in ihr Zimmer getragen, im Schlepptau die anderen Kinder von Orange, die alle auf ihre Abenteuer in der großen weiten Welt
neugierig waren. Keiner von ihnen wusste, dass das Ganze für sie beinahe in einer Katastrophe geendet hätte.
Als die Kleine glücklich im Bett lag, nahm Janie erneut einen Blutzuckertest vor und verabreichte ihr dann die nötige Menge Insulin, wobei sie sich kurz fragte, wie sie die richtige Dosis bestimmen sollten, wenn ihnen die Teststreifen ausgingen. Janie überließ das Kind, das halbwegs munter war, der Obhut seines Vaters und ging hinaus. Neugierig sah sie sich um und empfand dieselbe Aufregung, die sie bei Reisen in fremde Länder empfunden hatte. Sie zählte zweiunddreißig
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