Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
ins Tal. Ein, zwei Minuten ließ er seinen Blick schweifen, die Augen mit einer Hand beschirmt, dann machte er sich von dem Gurt los und kletterte wieder hinunter.
»Da oben ist genug Platz für einen Transceiver, mit dem Handysignale gesendet und empfangen werden können«, sagte
er. »Im Tal befinden sich zwei weitere Relaisstationen, die wir von Orange aus sehen können. Wenn wir sie richtig ausrichten und wenn sie noch mit kleinen Transceivern ausgestattet sind, könnten wir ein Netz zwischen uns aufbauen.«
»Sie machen Witze.«
»Wie käme ich denn dazu?«
»Dann lassen Sie mich eine dumme Frage stellen: Warum ist das nicht schon längst geschehen?«
James nahm seine Werkzeugtasche. »Ich bin mir nicht sicher, ob einer von uns überhaupt mit irgendjemandem dort draußen in Kommunikation treten wollte. Die sind nicht alle freundlich.«
Tom nickte bestätigend. »Aber es ginge?«
»Es gibt viele Probleme, die man aus dem Weg räumen muss - und ich meine wirklich viele -, aber wenn wir alle erforderlichen Werkzeuge und Bauteile haben, wäre es durchaus möglich.«
Die Nacht war klar, und der Halbmond warf einen sanften Schimmer auf die Lichtung vor dem Haus. Die Sterne funkelten am Himmel über Kristina und Evan Dunbar, die auf einer Bank unter einem Ahornbaum saßen. Eine angenehme leichte Brise wehte die Blätter des vergangenen Herbstes um ihre Füße. Kristina beugte sich vor und häufelte sie um ihre Stiefel herum auf.
»Warum tust du das?«, fragte Evan.
»Meine Füße sind kalt«, erklärte sie. »Wenn es nur endlich wärmer wäre! Ich halte es nicht mehr aus.«
»Mir geht es genauso«, sagte Evan. »Bevor Mom und ich hierherkamen, haben wir in Kalifornien gelebt. Ich habe mich immer noch nicht an die Kälte gewöhnt.«
»Wie ist es in Kalifornien?«
»Im Moment?«, fragte er. »Keine Ahnung. Vorher war es schön. Viele Leute, aber schön. Wir haben in einem netten Viertel gewohnt, ich hatte eine Menge Freunde …«
»Ich war niemals dort … in der alten Zeit. Leider. Jetzt wird es vielleicht nichts mehr.«
»Wer weiß? Irgendwann ergibt sich vielleicht die Gelegenheit. Wenn alles wieder besser ist.«
»Es wird lange dauern, bis die Welt wieder so ist, wie sie einmal war.«
»Vielleicht wird sie das ja auch nie mehr«, sagte Evan. Ein Windstoß ließ ihn erzittern. »Aber das hätte auch sein Gutes. An der alten Welt war nicht alles toll. Es gibt Dinge, die ich überhaupt nicht vermisse.«
»Vermisst du deine Freunde?«
Evan schwieg nachdenklich, so, als erinnerte er sich gerade an bestimmte Ereignisse. Schließlich sagte er: »Ja. Ich vermisse meine Freunde. Sehr sogar. Und ich vermisse meine kleinen Schwestern.«
»Mr Sam?«
»Ja.«
»Ich hatte nie Geschwister«, sagte Kristina.
Evan sah sie überrascht an. »Und Alex?«
»Ach ja«, sagte sie verlegen. »Ich meinte, als ich klein war. So wie du. Deine Schwestern - waren sie viel jünger?«
»Julia war acht Jahre jünger - praktisch ein Baby. Frannie war vier Jahre jünger, gerade alt genug, um mir manchmal furchtbar auf den Keks zu gehen. Aber sie war auch ein echter Spaßvogel und verdammt schlau.« Er kicherte leise. »Sie half mir immer bei meinen Englisch-Hausaufgaben, als ich schon auf der Highschool war und sie noch in der Grundschule. Sie war perfekt in Orthographie. Und sie war ein Ass beim Glücksrad. Manchmal erriet sie die Wörter sogar ohne vorgegebene Buchstaben.« Er lächelte bei der Erinnerung.
Auch auf Kristinas Gesicht stahl sich ein Lächeln. »Glücksrad habe ich so gern gesehen!«
Unvermittelt frischte der Wind auf; Kristina zitterte. Vorsichtig legte Evans einen Arm um ihre Schulter. Sie drehte sich zu ihm und lächelte. »Danke«, sagte sie.
»Kein Problem«, sagte er. Dann nahm er all seinen Mut zusammen und zog sie ein bisschen näher an sich. »So«, sagte er. »Schon besser, oder?«
Sie schmiegte sich an ihn. »Ja. Viel besser. Ich bin froh, dich kennengelernt zu haben, Evan.«
»Ich bin auch froh, dich kennengelernt zu haben.«
Ein paar Minuten blickten sie zu den Sternen hoch, bevor Evan wieder zu sprechen begann. »Und?«, fragte er. »Was willst du tun, wenn alles wieder so ist, wie es war?«
Verträumt antwortete sie: »Einfach leben. Ein ganz normales Leben.«
»Ich auch, schätze ich mal.«
Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. Er legte seine Wange an ihren Kopf. So saßen sie da und dachten über ihre Zukunft nach. Direkt über der Lichtung raste ein Meteor über den
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