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Aleph

Aleph

Titel: Aleph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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bekommen.
    »Nimm mich in deine Arme«, bitte ich sie.
    Ich bette meinen Kopf auf ihrer Brust, und sie legt die Arme um mich. Ich kann wieder ihren Herzschlag hören und spüre, dass sie keinen bh unter dem T-Shirt trägt.
    »Ich würde dir so gern sagen, was genau uns erwartet, aber ich kann es nicht. Denn ich bin noch nie bis zum Ende gelangt, an den Punkt, an dem sich die Dinge endlich klären.
    Ich gelange immer nur bis zu dem Moment, an dem wir weggehen.«
    »Von wo weggehen?«, fragt Hilal.
    »Wenn alle den Platz verlassen… Bitte frag jetzt nicht weiter. Es sind acht Frauen, und eine von ihnen sagt etwas zu mir, aber ich kann es nicht verstehen. In den vergangenen zwanzig Jahren habe ich vier dieser Frauen getroffen, aber keine konnte das Rätsel lösen. Du bist die fünfte Frau, der ich begegne. Diese Reise ist kein Zufall. Und gesetzt den Fall, dass Gott nicht mit dem Universum würfelt, weiß ich jetzt, warum die Geschichte über das heilige Feuer dich zu mir geführt hat. Doch das habe ich erst begriffen als wir in das Aleph eingetaucht sind.«
    »Ich brauche jetzt erst mal eine Zigarette. Kannst du dich etwas klarer ausdrücken? Ich dachte, du wolltest mit mir zusammen sein.«
    Wir setzen uns im Bett auf und zünden uns beide eine Zigarette an.
    »Ich wollte, ich könnte es dir genauer erklären, nur müsste ich dazu wissen, was im Anschluss an jenen Brief passiert, der anfangs immer auftaucht. Als Nächstes höre ich jedes Mal die Stimme meines Superiors, der mir sagt, dass die acht Frauen auf uns warten. Und ich weiß, dass am Ende eine von ihnen etwas zu mir sagt, doch ich weiß nicht, ob es eine Segnung oder ein Fluch ist.«
    »Du sprichst von einem vergangenen Leben, oder? Von einem Brief aus einem vergangenen Leben?«
    Es reicht, wenn sie das versteht. Mehr braucht sie nicht zu wissen.
    »Alles, was geschieht, geschieht hier in der Gegenwart.
    Wenn wir uns verdammen oder auch erretten, dann hier und jetzt, die ganze Zeit. Wir wechseln ständig unsere Position, gehen von einem Eisenbahnwaggon in den anderen, von einer Parallelwelt in die andere. Das musst du einfach glauben.«
    »Das tue ich; ich glaube, ich weiß auch, was du meinst.«
    Ein Zug fährt donnernd in der Gegenrichtung an uns vorbei. Wir sehen die erleuchteten Fenster vorbeifliegen. Durch den Luftzug schwankt der Waggon noch etwas mehr als sonst.
    »Ich muss jetzt auf die andere Seite dieser Tür gehen, die sich jedoch im selben >Zug< befindet, der sich Zeit und Raum nennt. Es ist nicht schwer: Man muss sich nur einen Ring aus Licht vorstellen, der langsam um den Körper herum auf und ab wandert, zuerst langsam, dann immer schneller. Als wir in Nowosibirsk genauso wie jetzt nebeneinandergelegen haben, hat das sehr gut funktioniert. Darum würde ich es gern jetzt mit dir wiederholen. Du hast mich umarmt, ich habe dich umarmt, und der Ring hat mich mühelos in die Vergangenheit versetzt.«
    »Ist das alles? Wir brauchen uns nur einen Ring vorzustellen?«
    Mein Blick fällt auf meinen Laptop auf dem kleinen Tisch in meinem Abteil. Ich stehe auf und hole ihn.
    »Wir glauben, dass sich darin Fotos, Worte, Bilder befinden, dass ein Computer ein Fenster in die Welt ist. Aber in Wirklichkeit verbirgt sich hinter allem, was wir auf einem Bildschirm sehen, eine Folge von Nullen und Einsen. Das, was Programmierer den Binärcode nennen.
    Wir haben das Bedürfnis, eine sichtbare Wirklichkeit um uns herum zu schaffen, andernfalls hätte die Menschheit ihre natürlichen Feinde nicht überlebt. Ahnlich wie ein Computer haben wir einen Speicher, den wir Erinnerungen nennen. Die Erinnerung dient dazu, uns vor Gefahr zu schützen. Sie ermöglicht es, dass wir uns sozial verhalten können, Nahrung finden, uns weiterentwickeln und alles, was wir gelernt haben, an die nächste Generation weitergeben. Aber Erinnerung ist nicht das, worum es im Leben geht.«
    Ich stelle den Laptop wieder auf den Tisch und gehe zum Bett zurück.
    »Dieser Ring aus Licht ist nur ein Kunstgriff, mit dem wir uns von der Erinnerung befreien. Ich habe einmal etwas darüber gelesen, weiß aber nicht mehr, wer der Autor war. Wir tun dies unbewusst jede Nacht im Traum, indem wir in unsere nahe oder ferne Vergangenheit zurückkehren. Wenn wir aufwachen, kommt uns das, was wir im Traum erlebt haben, lächerlich vor. Aber das ist es nicht. Wir waren in einer anderen Dimension, in der die Dinge nicht so sind wie hier. Wir glauben, dass nichts davon einen Sinn ergibt, weil wir beim

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