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Aleph

Aleph

Titel: Aleph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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Aufwachen in die Welt zurückkehren, die von der >Erinnerung< organisiert wird und die zu begreifen wir dadurch fähig sind. Was wir dagegen im Traum gesehen haben, ist schnell vergessen.«
    »Ist es wirklich so einfach, in ein vergangenes Leben zurückzukehren oder in eine andere Dimension einzutreten?«
    »Wenn wir träumen, ist es ganz einfach. Aber wir können diesen Zustand auch bewusst hervorrufen, was aber nicht sehr ratsam ist. Nachdem der Ring von deinem Körper Besitz ergriffen hat, tritt die Seele in ein Niemandsland ein.
    Wenn die Seele aber nicht weiß, wohin sie gehen soll, versetzt sie das in eine Art Erstarrung, und es ist möglich, dass sie Orte erreicht, in denen sie nicht willkommen ist. Dann wirst du nichts lernen oder sogar Probleme der Vergangenheit in die Gegenwart tragen.«
    Hilal und ich rauchen unsere Zigaretten zu Ende. Ich stelle den Aschenbecher auf den Stuhl, der mir als Nachttisch dient, und bitte sie, mich wieder zu umarmen.
    »Ich bin also eine dieser acht Frauen?«
    »Ja. Alle Menschen, mit denen wir in der Vergangenheit Probleme hatten, tauchen in unseren Leben wieder auf, in dem, was die Mystiker das Rad der Zeit nennen. Mit jeder Inkarnation werden wir uns dessen bewusster, und nach und nach werden diese Konflikte gelöst. Wenn überall die Konflikte aller Menschen geklärt sind, wird die Menschheit in eine neue Phase eintreten.«
    »Haben wir also Probleme in der Vergangenheit nur geschaffen, um sie später zu lösen?«
    »Nein, damit die Menschheit eine Entwicklung nimmt, deren Zweck und Ziel uns noch immer verborgen ist. Stell dir die Zeit vor, in der eine organische Ursuppe den Planeten bedeckte. Millionen von Jahren haben sich die Zellen auf die immer gleiche Weise reproduziert, bis eine von ihnen sich verändert hat. In diesem Augenblick sagten Milliarden anderer Zellen: >Das ist nicht recht, sie stellt sich gegen uns alle.<
    Unterdessen hatten sich alle Zellen in der unmittelbaren Umgebung ebenfalls verändert. Und mit jedem weiteren vermeintlichen Fehler hat sich diese Ursuppe allmählich in Amöben, Fische, Tiere und Menschen verwandelt. Der Konflikt hat die Evolution in Gang gesetzt.«
    Hilal zündet sich noch eine Zigarette an. »Und warum müssen wir jene alten Probleme jetzt lösen?«
    »Weil das Universum, das Herz Gottes, sich zusammenzieht und ausdehnt. Die Alchimisten hatten ein Motto: >Solve et coagula<, was so viel heißt wie >löse auf, und füge zusammen<. Frage mich nicht, wieso. Ich weiß es nicht.
    Heute Nachmittag hast du mit meiner Lektorin gestritten. Dank dieser Auseinandersetzung konnte jede von euch etwas enthüllen, das für die andere vorher nicht sichtbar war. Ihr habt euch getrennt und habt wieder zusammengefunden, und wir alle, die dabei waren, haben davon profitiert. Es hätte auch ganz anders kommen können: eine Konfrontation ohne positives Ergebnis. In dem Falle wäre es längst nicht so aufschlussreich gewesen oder hätte später gelöst werden müssen. Eine Lösung war jedoch notwendig, denn sonst hätte die Energie eures Hasses auf den ganzen Waggon übergegriffen. Und dieser Waggon ist eine Metapher für das Leben, verstehst du?«
    Hilal ist nicht besonders an diesen Theorien interessiert.
    »Fang an. Ich komme mit dir.«
    »Nein, das wirst du nicht. Auch wenn ich in deinen Armen liege, weißt du nicht, wohin ich gehe. Tu’s nicht. Versprich mir, dass du dir den Ring nicht vorstellen wirst. Auch wenn es mir nicht gelingen sollte, die Lösung zu finden, werde ich dir erzählen, wo ich dir vorher begegnet bin. Ich weiß nicht, ob es das erste Mal in allen meinen Leben war, aber es ist das einzige Mal, dessen ich mir gewiss bin.«
    Hilal antwortet nicht.
    »Versprich es mir«, sage ich noch einmal. »Heute habe ich versucht, mit dir zurück ins Aleph zu gehen, doch es waren andere Leute da. Das heißt, dass ich vor dir dorthin gehen muss.«
    Sie löst ihre Arme und macht Anstalten aufzustehen, doch ich lasse sie nicht los.
    »Lass uns jetzt zum Aleph gehen«, sagt sie. »Niemand wird um diese Zeit dort sein.«
    »Bitte, glaube mir. Komm wieder her, versuche dich so wenig wie möglich zu bewegen, auch wenn du nicht schlafen kannst. Lass mich zuerst versuchen, die Antwort zu finden. Zünde das heilige Feuer auf dem Berg an, denn ich werde an einen Ort gehen, der so kalt ist wie der Tod.«
    »Ich bin also wirklich eine von diesen Frauen«, sagt Hilal.
    Ja, bestätige ich. Ich spüre noch immer ihren Herzschlag.
    »Ich werde das heilige Feuer

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