Alera 01 - Geliebter Feind
lächeln.
»Du machst dich gut«, sagte Narian zu mir. »Vielleicht wird aus dir ja doch eine Reiterin.«
»Was muss ich noch wissen?«
»Halt dich wieder an der Mähne fest, dann zeige ich es dir«, sagte er und meine Furcht kehrte sogleich zurück.
Ich griff in das dichte Pferdehaar, und bevor ich nach weiteren Anweisungen fragen konnte, brachte er mein Reittier durch ein leises Schnalzen mit der Zunge dazu, in einen leichten Trab zu fallen.
Instinktiv beugte ich mich über den Pferdehals, klammerte mich an die flatternde schwarze Mähne und war mir sicher, jeden Moment herunterzufallen. Während ich herumzappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen, wünschte ich mir nichts weiter, als dass meine Reitstunde augenblicklich zu Ende wäre.
»Sitz gerade«, rief Narian. »Du musst aufrecht sitzen und dich mit dem Pferd bewegen, genau wie vorher.«
»Aber das geht nicht!«, schrie ich und meine Stimme brach im Rhythmus der Hufe.
»Das geht sehr wohl. Du musst es nur versuchen. Benutz deine Hände, um dich aufzurichten.«
Seine Worte hätten vielleicht eine beruhigende Wirkung gehabt, wenn ich noch auf sie geachtet hätte, doch ich war viel zu erstarrt, um auch nur das Geringste zu begreifen. Vielmehr war ich mir sicher, jeden Moment zu fallen. Mein Stolz und mein Entschluss, Narian nicht zu enttäuschen, hatten sich längst verflüchtigt, und jetzt konzentrierte ich mich nur noch aufs Überleben.
»Alera, du hörst mir nicht zu«, sagte er, und mir schien, dass er sich über mich lustig machte.
»Ich kann nicht!«
Narian brachte das Pferd zum Stehen, kam auf mich zugeschlendert und wickelte dabei das Seil lässig um seine Hand. Zitternd richtete ich mich auf, während er näher kam. Vielleicht gibt er es jetzt auf, überlegte ich fieberhaft und betete stumm, er möge mir herunterhelfen.
Er löste das Ende des Seils vom Zaumzeug und warf es beiseite.
»Rutsch nach vorn«, sagte er.
»Was?«
»Rutsch auf den Hals zu«, sagte er so langsam, als würde er glauben, mein ängstliches Reiten habe meinen Verstand durchgeschüttelt.
Ich schob mich nach vorn und war enttäuscht, dass die Stunde noch nicht beendet war. Bevor ich auch nur raten konnte, was er vorhaben mochte, packte er nach der Mähne und schwang sich mühelos auf den Pferderücken, sodass er hinter mir zu sitzen kam. Dann legte er eine Hand an meine Taille und zog mich zurück, damit ich wieder korrekt saß.
Er fasste um mich herum und nahm die Zügel in beide Hände. Nachdem er mit der Zunge geschnalzt hatte, fiel der Braune wieder in Trab. Jetzt war ich aus zweierlei Gründen verkrampft – die Gangart warebenso beängstigend wie beim ersten Mal, aber noch dazu saß Narian so dicht hinter mir, dass ich praktisch gezwungen war, mich an ihn zu lehnen.
War ich bis jetzt schon verlegen gewesen, so versetzte mir das, was er als Nächstes tat, einen regelrechten Schock. Er ließ die Zügel fallen, die ja immer noch zusammengebunden waren, und legte seine Hände auf meine Hüften.
»Du bist zu steif«, sagte er in sanftem Ton. »Lass dich in den Gang des Pferdes sinken und beweg deinen Körper mit ihm.«
Mit seinen Händen begann er, meine Hüften so zu dirigieren, dass sie dem Rhythmus der Pferdebeine folgten. Dabei durchdrang die Wärme seiner Handflächen meinen ganzen Körper.
Der Trab fühlte sich jetzt viel geschmeidiger an und war leichter zu reiten. Ich musste mich bemühen, ein triumphierendes Grinsen zu unterdrücken. Wir ritten die gleichen Kreise wie ich zuvor allein, und das Pferd reagierte ausschließlich auf den Druck von Narians Beinen. Dann brachte er unser Reittier dazu, in die andere Richtung zu laufen, wobei mich das Tempo seiner Bewegungen zwar erstaunte, dank der Hände, die fest auf meinen Hüften ruhten, spürte ich jedoch keine Angst mehr.
»Das ist ja gar nicht so schwer«, verkündete ich voller Stolz auf meine neu gewonnenen Fähigkeiten.
»Ich bin froh, dass du das begriffen hast, denn wir haben heute noch eine letzte Lektion zu absolvieren.«
Ich wusste nicht, ob diese Ankündigung mich freuen oder bekümmern sollte. »Und was für eine Lektion ist das?«
Er lachte kurz auf und ließ dann meine Hüften los, um stattdessen den rechten Arm um meine Taille zulegen. Ohne Vorwarnung riss er mich scharf nach links, sodass wir beide hinunterfielen. Ich quiekte vor Schreck.
Narian hatte sich so gedreht, dass ich hauptsächlich auf ihm landete. Ein richtiger Angstschrei war mir durch den Aufprall praktisch im Halse
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