Alera 02 - Zeit der Rache
– und sei es auch nur für ein paar Augenblicke – so zu tun, als führte ich eine normale Ehe. Und meine Antwort schien sie anzustacheln.
»Das ist ja nicht fair, dass du ihn ganz für dich hast und nicht einmal ein paar Geheimnisse mit uns teilen willst«, erwiderte sie schelmisch.
Ich musste über ihre Vorwitzigkeit lächeln, fühlte mich zugleich aber wieder wie ein junges unverheiratetes Mädchen.
»Na gut, aber nur ein Einziges«, sagte ich, beugte mich vor und senkte meine Stimme. »Wir alle wissen ja, dass Seine Hoheit überaus beredsam und charmant ist, aber nur ich weiß genau, wie ich diesen hübschen Mund zum Schweigen bringe.«
Kalem schnappte nach Luft und schien erfreut, dass ich etwas so Ungeheuerliches gesagt hatte. Insgeheim versicherte ich mir selbst, nicht gelogen zu haben – immerhin passierte es ja oft genug, dass Steldor aus dem Zimmer stürmte und sich tagelang weigerte, mit mir zu sprechen. Wenn das nicht auch heißen konnte, seinen Mund zu verschließen, was dann?
Die stets korrekte Tiersia schien leicht bekümmert über die Richtung, die unsere Unterhaltung genommen hatte. Dennoch zeigten ihre Mundwinkel nach oben. Und sogar Reveina gestattete sich ein zögerliches Lachen. Kalem hatte sofort Gefallen an dem neuen Spiel gefunden und verlangte von den anderen am Tisch ebenfalls ein Geheimnis im Austausch für ihres, das, wie sie uns schwor, diesen Preis wert sei. Reveina schien von der Idee eher beunruhigt, doch Tiersia war sogleich begeistert bei der Sache.
»Was ich euch jetzt verrate, dürft ihr keiner Menschenseele je weitererzählen«, murmelte sie, und wir nickten alle. »Na gut, also dann, Galen ist entsetzlich kitzelig.«
Sie sagte »entsetzlich«, aber ich konnte daran, wie sie jetzt errötete, sehen, dass ihr diese Eigenschaft durchaus zusagte. Wir kicherten und neckten sie, bevor wir uns Reveina zuwandten, die sofort abwehrte.
»O nein, ich sollte das nicht tun. Ich könnte auch nicht. Mein Herr würde es nicht gutheißen, wenn ich über ihn spräche.«
Einen Moment lang herrschte verlegenes Schweigen, in dessen Verlauf Reveina uns der Reihe nach ansah, bevor sie ihre besorgten braunen Augen wieder auf das Tischtuch senkte.
»Na gut«, sagte Kalem munter in dem Versuch, die Stimmung wieder aufzulockern. »Dann zu meinem Geheimnis.« Sie grinste anzüglich und bedeutete allen, sich näher zu ihr zu beugen. »Tadark hat eine Tätowierung auf dem linken Schulterblatt«, verriet sie und war sich bewusst, dass allein schon die Tatsache, dass sie seinen nackten Rücken bereits gesehen hatte, verwegen genug war. »Aber das Beste kommt noch. Ratet mal, wer ihn dazu überredet hat?« Sie wartete, um die Spannung zu steigern und stieß dann flüsternd hervor: »Der König und der Haushofmeister!«
Ich runzelte irritiert die Stirn und fragte mich, wann Steldor und Galen wohl Zeit mit Tadark verbracht hatten. Doch dann kam mir die Lösung, als mir einfiel, dass Steldor in der Zeit, als er um mich gefreit hatte, stets so genau über all meine Aktivitäten Bescheid gewusst hatte. Mein zeitweiliger Leibwächter hatte ihm offenbar als Informationsquelle gedient, denn wahrscheinlich war er verzweifelt bemüht gewesen, sich mit den beiden meistbewunderten jungen Männern Hytanicas gutzustellen.
»Eines Abends sind sie gemeinsam zechen gegangen«, fuhr Kalem fort und freute sich ganz offensichtlich darüber, wie männlich ihr Verlobter in dieser Schilderung wegkam. »Und irgendwann haben Steldor und Galen dann wohl von ihren Tätowierungen erzählt. Anschließend haben sie Tadark überredet, sich eine ebensolche stechen zu lassen – gleiches Bild, gleiche Stelle, alles gleich.«
Tiersia warf mir einen fragenden Blick zu. Ich wusste, dass auch sie noch keinerlei Tätowierung an ihrem Verlobten entdeckt hatte. Es war natürlich möglich, dass Galen so etwas besaß und sie nichts davon wusste, denn gewiss hatte sie seinen nackten Rücken noch nicht gesehen. Ich dagegen kannte Steldors Körper, und auch wenn wir das Bett noch nicht miteinander geteilt hatten, so hatte ich ihn doch bereits häufiger ohne Hemd gesehen. Ich hatte nicht einmal ein Muttermal, viel weniger eine Tätowierung auf seinem perfekten Torso entdecken können. Ich zuckte zusammen bei der Vorstellung, dass Tadark die vermeintlichen Tätowierungen wohl nicht zu Gesicht bekommen hatte. Und ich konnte nur hoffen, dass die Männer, mit denen Tiersia und ich verbunden waren und die im Ruf standen, gelegentlich argen Unfug
Weitere Kostenlose Bücher