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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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begann am ersten Tag des neuen Jahres. Mir schien es eine Ironie des Schicksals zu sein. Im Schutz der Dunkelheit begannen die Cokyrier, unsere Mauern an mehreren Stellen gleichzeitig zu untergraben. Vermutlich wollten sie explosives Pulver zum Einsatz bringen, um den Stein zu sprengen und einen Durchlass für ihre Soldaten zu schaffen. Cannan hatte befohlen, Schalen mit Wasser auf jeden Turm zu schaffen, und dort, wo die Wasseroberfläche sich kräuselte, wusste man, dass gegraben wurde, und ergriff Gegenmaßnahmen. Die Cokyrier wurden mit Pfeilen, siedendem Wasser und Steinen attackiert, und als der Morgen dämmerte, zogen sich die Grabenden zurück. Unsere Soldaten taten ihr Bestes, die Tunnel wieder zuzustürzen, und doch wussten wir, dass der Feind mit jeder der folgenden Nächte ein Stückchen weiter vordringen würde, bis er unsere Mauern unvermeidlich zum Einsturz brächte.
    Im Norden fällten die feindlichen Soldaten Bäume, um die Stämme als Rammböcke zu nutzen. Aus dem Osten griffen sie uns mit eigens dafür errichteten Katapulten an, die sie mit Felsbrocken aus dem Vorgebirge oder dem Fluss bestückten. Der fortwährende Beschuss klang wie rhythmischer Donner.
    Die Cokyrier schossen auch brennende Pfeile über unsere Mauern, um Kräfte durch die andauernden Löscharbeiten zu binden. Von den höher gelegenen und einigermaßen geschützten Posten unternahmen unsere Bogenschützen ihr Möglichstes, um die Aktivitäten des Feindes zu stören, doch es waren einfach zu wenige.
    Die Explosionen, die Teile der Stadtmauer zum Einsturz brachten, erfolgten schließlich Mitte Januar und genügten, um den Fußboden erzittern und die Kronleuchter klirren zu lassen. Tiersia befand sich zu dem Zeitpunkt gerade mit mir in meinem Privatsalon, und in ihren Augen spiegelte sich der Schrecken, den ich selbst empfand. Destari kam sogleich herein, um uns über die Ereignisse zu informieren, doch die Sorge in seiner Stimme verhinderte, dass er meine Ängste zerstreute. Ich hob Kätzchen auf meinen Schoß, während Tiersia Tränen über das angespannte, bleiche Gesicht rannen. Wir lehnten uns aneinander, verschränkten die Arme und saßen eine Weile schweigend da, denn mir fehlten die Worte, sie zu trösten.
    »Ich will ihn nicht verlieren«, murmelte sie mit belegter Stimme.
    »Ich weiß. Aber das liegt nicht in unserer Hand.«
    Dann schwiegen wir wieder, und jede war in ihrem eigenen Kummer gefangen. Meine Gedanken wanderten zu Steldor, dem ich ebenfalls kein Leid geschehen lassen wollte. Aber ich wusste, dass er alles opfern würde, um die Menschen zu beschützen, die er liebte, mich eingeschlossen. Die Tatsache, dass Galen, Steldor und so viele andere junge Männer, deren Leben doch gerade erst richtig begonnen hatte, vielleicht den nächsten Tag nicht mehr erleben würden, machte mich ganz krank. Ich schauderte, versuchte, solche Gedanken zu verdrängen, und zwang mich selbst, an Narians Versprechen zu glauben, dass er seine Soldaten zurückhalten würde. Da nun Teile der Stadtmauer geborsten waren, hatte der Krieg bereits die Straßen erreicht. Unsere unermüdlichen Soldaten kämpften, um zu verhindern, dass die Cokyrier den Palast einnahmen. Tag und Nacht hörte ich Schreie und dazu das Klirren von Schwertern und Rüstungen. Die Bevölkerung von Hytanica hatte begonnen, sich in die Kirchen, Stallungen und Schulen zu flüchten, die man zuvor zu Bollwerken ausgerüstet hatte. Viele versuchten auch, im Palast Zuflucht zu finden, in der massivsten und am besten verteidigten Festung. Die dicken Mauern und die Entschlossenheit unserer Männer hatten bislang die Cokyrier abgewehrt, obwohl die geschickten Krieger aus den Bergen auch Anstalten machten, die gut zehn Meter hohe rückwärtige Mauer zu erklimmen, die den Garten umgab. In meinem kostbaren Refugium war bereits Blut geflossen, und etliche Männer hatten ihr Leben verloren.
    Noch nie hatte ich in meinem Zuhause so viele Menschen gesehen. Es schien, als hätte sich die halbe Stadt hereingedrängt. Die Leute kletterten auf der panischen Suche nach Schutz einer über den anderen. Und täglich wuchs ihre Zahl. Der Lärm war unerträglich. Eltern versuchten, ihre Kinder nicht aus den Augen zu verlieren, Männer riefen nach Freunden und Verwandten, die sie in dem Durcheinander verloren hatten, Babys schrien und Offiziere riefen Befehle, versuchten alle zu beruhigen und eine gewisse Ordnung in das Chaos zu bringen.
    Ich wusste, dass Cannan sich eingeschaltet haben musste, als

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