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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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musste stark an mich halten, um nicht dem Kummer zu erliegen.
    »Ist Alera da?«, fragte Steldor als Nächstes. Sein Fieber stieg wohl bereits wieder, und es kostete ihn Mühe, jedes einzelne Wort herauszubringen, aber er war noch nicht bereit, sich geschlagen zu geben. »Ich muss mit ihr reden.«
    Cannan nickte und sah dann zu mir auf. Ich wurde rot, aber nicht von der Wärme des Feuers, sondern weil er bemerkt hatte, wie ich sie angestarrt hatte. Er sagte nichts dazu, erhob sich aber und trat einen Schritt zurück, sodass ich kniend seinen Platz einnehmen konnte. Getreu seinem Versprechen ging er jedoch nicht weg.
    »Alera, ich … ich glaube … ich werde sterben«, sagte Steldor und zuckte zusammen. Ob vor Schmerz oder aufgrund dessen, was ihn bewegte, vermochte ich nicht zu sagen.
    Meine Hand ging in seine Richtung, aber dann ließ ich sie doch in meinen Schoß fallen.
    »Steldor, du musst nicht –«, begann ich und konnte nur mit Mühe sprechen, während aus meinen Augenwinkeln bereits wieder Tränen traten, aber er unterbrach mich.
    »Sag mir nicht, ich soll aufhören«, brummte er, und seine Brust hob sich keuchend. »Mir bleibt nicht viel Zeit, und ich will dir etwas sagen.«
    Ich nickte, biss mir auf die Lippe, um nicht die Fassung zu verlieren, und beklagte stumm die Ungerechtigkeit der Ereignisse. Konnte das Schicksal ihm nicht wenigstens während seiner letzten paar lichten Momente ein wenig Frieden gönnen? »Ich weiß, dass ich dich verletzt habe, mehr als einmal«, sagte er und biss die Zähne zusammen. Und ich konnte ihm nicht einmal widersprechen, auch wenn ich ihm zweifellos nichts schuldig geblieben war. »Ich wünschte, ich könnte sagen, ich hätte es nicht so gemeint, aber … ich kann nicht.« Er schüttelte den Kopf und versuchte, das räuberische Fieber noch ein wenig länger zurückzudrängen.
    »Was ich dir sagen will, ist …«
    Er hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Seine Augen fielen zu, und ich wusste, dass er schnell fortglitt. Doch dann schlug er sie noch einmal auf und sie blickten mich dunkel und leidenschaftlich und mit einer Entschlossenheit an, die ich nicht erwartet hätte. »Du hast mich von meiner besten und meiner schlimmsten Seite erlebt, Alera, aber selbst wenn es meine schlimmste war, habe ich dich immer …«
    Er verstummte und sein unermüdlicher Stolz zwang ihn wohl, den Satz nicht zu vollenden. »Ich möchte nur, dass du weißt«, versuchte er es erneut, »ich … ich bedauere es. Ich hätte dich besser behandeln können – behandeln sollen .«
    Mein Magen verkrampfte sich vor Bedauern und Trauer. Mein Verstand rang um passende Erwiderungen. Doch nichts würde genügen. Ich konnte nicht mehr lügen und ihm sagen, dass er sich irrte, so wenig wie ich das Brennen in meinem Hals bei dem Gedanken an seinen Tod erklären konnte, die totale Weigerung, mich dieser Tatsache zu stellen. Ich fühlte mich schwach, erbärmlich, während salzige Tränen ungehindert über meine Wangen strömten. Trotz der Heftigkeit seiner Gefühle blieben seine Augen trocken. Dann wusste ich auf einmal, was ich zu tun hatte. Ich beugte mich herab und presste meine Lippen auf seine. Ich küsste ihn zärtlich und schloss die Augen, um Vergebung und Dankbarkeit und sogar Liebe von meinem Herz in seines fließen zu lassen, und einen Moment lang erwiderte er den Kuss. Dann versank er in gnadenlosem Fieber.
    Mit jeder Stunde, die danach verstrich, entfernte er sich weiter von uns. Cannan hielt sein Versprechen und wich nicht mehr von seiner Seite. Er weigerte sich zu essen und nahm nur Wasser zu sich, von dem er gelegentlich etwas zwischen Steldors trockene Lippen träufelte. Daher war es nötig, dass Temerson, der zittrig und unsicher wirkte, aber doch eine militärische Ausbildung besaß, zumindest einige Stunden Wache hielt, damit Halias sich ausruhen konnte. Ich fragte mich, ob Londons vage Äußerung über den »Verlust« Cannans im Kopf des Elitegardisten ebenso quälend widerhallte wie in dem meinen.
    Den nächsten Tag verbrachte ich neben Miranna und versuchte nicht einmal mehr, mich Vater und Sohn zu nähern. Denn Cannan, der nun Steldors Kopf und Schultern in seinem Schoß liegen hatte, warf mir finstere Blicke zu, wenn ich solche Anstalten machte, als würde jeder, der in ihre Nähe kam, eine Bedrohung für den wehrlosen Jungen darstellen. Er war erschreckend, dieser Ausdruck, als würde er mich nicht kennen. Andererseits machte mich dieser starke Beschützerinstinkt seinem Sohn gegenüber

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