Alera 02 - Zeit der Rache
fragte sie und rutschte neben mich auf das Sofa. Die Sorge in ihrem Blick ließ mich innerlich zusammenzucken.
»Steldor ist darüber nicht mehr verärgert«, sagte ich und wandte den Blick ab, denn das Problem war ja nicht mein Ehemann, sondern ich. »Ich fürchte nur, dass ich nicht die Frau bin, die er sich vorgestellt hat.«
»Aber natürlich bist du die Frau, die er sich vorgestellt hat«, beharrte Miranna in erstauntem Ton. Einen Moment lang saß sie schweigend da und schien zu überlegen, dann wurde sie so rot wie ich. »Du benimmst dich doch wie seine Ehefrau, in jeglicher Hinsicht, meine ich?«
Ihre Direktheit schockierte mich, aber dass ich nicht widersprach, war ihr Antwort genug.
»Das tust du nicht. Meine Güte, das tust du nicht!«
Ich legte einen Finger an meine Lippen und warf einen Blick auf die Tür. Ich wollte auf keinen Fall, dass diese Information in die Gerüchteküche des Schlosses gelangte. Daraufhin sprach sie im Flüsterton weiter.
»Alera, was denkst du dir bloß dabei? Das ist sein Recht, und außerdem – außerdem deine Pflicht als verheiratete Frau!«
Ich starrte auf den Teppich hinunter, fühlte mich extrem unbehaglich und wusste, dass kein Grund, den ich ihr nennen könnte, meine Weigerung rechtfertigen würde.
»Und er hat dich nicht … nicht dazu gezwungen?«
»Nein«, sagte ich mit zitternder Stimme, weil sie damit eine meiner schlimmsten Befürchtungen angesprochen hatte. Meine folgenden Worte sollten eher mich beruhigen als sein Verhalten erklären. »Er liebt mich. Er möchte, dass ich es auch will, und … er hat noch nie die Hand gegen mich erhoben.«
»Aber er kann doch nicht einfach …« Meine Schwester tat sich schwer damit, den Satz zu beenden, und unsere glühenden Wangen schienen das Zimmer regelrecht aufzuheizen. »Er kann doch nicht einfach … gar nicht! Ein Mann hat doch schließlich … Bedürfnisse.« Ihrer Miene konnte ich ansehen, dass ihr noch ein weiterer schockierender Gedanke gekommen war. »Was, wenn er eine andere Frau hat?«
»Mira, pscht!«, bat ich sie und betete, dass draußen auf dem Gang keine neugierigen Wachen oder andere Bedienstete zugegen waren. »Da gibt es keine andere Frau, mach dich nicht lächerlich! Er würde doch niemals …«
Doch ich verstummte, während die Vorstellung in mir arbeitete. Würde er tatsächlich nicht?
Ich dachte an die ungewöhnlichen Zeiten, zu denen Steldor auftauchte. Die Möglichkeit war nicht zu leugnen, und die einzige Chance, ihn davon abzuhalten, bestand darin, ihn in mein Bett zu lassen. Das waren also meine Wahlmöglichkeiten: Mich ihm weiter verweigern und ihn so in die Arme einer Geliebten treiben und mich selbst demütigen, wenn die unvermeidlichen Gerüchte zu kursieren begännen; oder ihm seinen Willen zu lassen und ihn glauben machen, er könne mich besitzen. Diese Vorstellung war mir derart zuwider, dass mir ganz übel wurde.
»Vielleicht … vielleicht sollte ich jetzt besser gehen«, murmelte ich, über meine eigene Lage entsetzt. Wir erhoben uns und Miranna ergriff meine Hände.
»Alera, ich werde immer für dich da sein, was auch geschieht, das weißt du ja.« Sie zögerte, dann fügte sie noch hinzu: »Aber du lebst jetzt an Steldors Seite, und daran wird sich auch nichts ändern. Ich bin überzeugt, dass er dir ein guter Ehemann sein könnte, aber du … du musst es auch zulassen.«
Sie drückte noch einmal meine Hände, dann begleitete sie mich zur Tür. Mit dem Gefühl seelischer Erschöpfung trat ich auf den Flur und machte mich auf den Weg zurück zu meinen Gemächern. Dabei spürte ich, wie Miranna mir nachsah. Ich beschleunigte absichtlich meine Schritte, um meine Stimmung zu kaschieren, und erst als ich hörte, wie sie die Tür wieder schloss, ergab ich mich der Verzweiflung, die mir das Herz und alle Glieder schwer werden ließ. Ich folgte dem Flur, an der Bibliothek vorbei, mit niedergeschlagenen Augen, weil ich ohnehin mit niemand sprechen wollte. Ich war so in meinen Kummer vertieft, dass ich heftig erschrak, als plötzlich eine Männerstimme nur ein paar Schritte von mir entfernt an mein Ohr drang.
»Füße sind etwas Faszinierendes, Alera, aber es ist wichtig, dass Ihr auch aufpasst, wohin Ihr lauft.«
Steldor stand mit einem frechen, verwirrenden Grinsen vor der Tür unseres Salons, und zum x-ten Mal an diesem Tag spürte ich, wie ich rot wurde. Ich starrte ihn an und rang um eine geistreiche Erwiderung. Doch es wollte mir keine in den Sinn kommen.
»Wünscht Ihr
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