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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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den Dolch, band sich seinen Waffengurt um und stürmte zur Tür des Salons. Er stieß sie weit auf, schrie »Wachen!« und begann den Gang in Richtung Prunktreppe hinunterzulaufen.
    Ich stürmte ihm nach und wurde von vier oder fünf Männern überholt, die seinen Ruf gehört hatten. Ich erreichte den Treppenabsatz, als Steldor schon die letzte Stufe in die Große Eingangshalle hinuntersprang.
    »Warte!«, rief ich und stürzte ihm nach. Er blieb kurz am Wachzimmer stehen, von dem aus man zu Cannans Dienstzimmer kam, um noch mehr Soldaten mitzunehmen. Dort erwischte ich ihn am Arm.
    »Wo willst du hin?«, versuchte ich es erneut. Meine Stimme hatte bereits einen verzweifelten Unterton. Er riss sich von mir los und antwortete nicht. Dann setzte er seinen Weg in den Ostflügel zur hölzernen Doppeltür der Kapelle am Ende des Ganges fort. Ein paar Elitegardisten, die der Aufruhr geweckt hatte, eilten vom nördlichen Flur, der zu ihren Wohnquartieren führte, zu uns. Unter ihnen war auch Destari, der sich zu mir durchdrängelte.
    Steldor blieb vor der Tür stehen und zog sein Schwert, dann nickte er den Umstehenden zu. Die zogen daraufhin ebenfalls ihre Waffen. Er griff nach dem Riegel, drückte gegen das Holz der Tür, doch die rührte sich nicht.
    »Von innen verbarrikadiert«, murmelte eine Wache, und Steldor begann Leute heranzuwinken, um sie aufzubrechen. Das Geräusch von splitterndem Holz erfüllte die Luft, bis ein beherzter Tritt des Königs die Tür nach innen aufspringen ließ. Dabei brach das Holz, das sie blockiert hatte. Die Kapelle lag fast komplett im Dunkeln wie verbotenes Terrain vor uns. Miranna konnte hier nicht sein und Temerson auch nicht. Nicht ohne das Licht einer Laterne oder Kerze. Übelkeit überkam mich, aber noch mischte meine Vernunft sich ein. Vielleicht waren sie hier gewesen, aber inzwischen wieder fort. Zu einem Spaziergang im Mondschein. Der Zugang zum östlichen Innenhof war ganz nah – vielleicht hatten sie beschlossen, die erfrischende Abendluft zu genießen.
    Ich trat näher zu Steldor, der auf der Schwelle stehen geblieben war und wartete, dass man ihm eine Fackel reichte. Eigentlich wollte ich ihm sagen, dass er sich keine Sorgen machen solle, doch dann erstarrte ich, als ich auf einmal diesen durchdringenden metallischen Geruch wahrnahm. Ich hielt mir eine Hand vor Mund und Nase.
    »Was ist das?«, stotterte ich, blinzelte in die Dunkelheit und spürte, wie Übelkeit mich überfiel.
    Bevor Steldor antworten konnte, wurde draußen eine Wolke weitergetrieben und ließ den Mond durch das Buntglasfenster scheinen. So fiel blassbuntes Licht auf die Szenerie. Mit dem Gesicht nach unten lag im Gang zwischen den Bänken in einer dunklen Pfütze, die sich auf dem blaugrauen Stein wie ein unheimlicher Feind ausnahm, eine Gestalt. Die Gliedmaßen waren eigenartig verdreht, der ganze Körper zu starr, um noch lebendig zu sein.
    Ein Schmerzensschrei entrang sich meiner Kehle, und das Bild vor mir verschwamm, als würde Nebel meinen Blick verschleiern. Meine Knie gaben nach, aber Steldors starke Arme umfingen mich in der Taille und hoben mich auf. Der Raum wurde wieder schärfer erkennbar, und ich sah, dass der hölzerne Altar zerschlagen war und überall Holztrümmer herumlagen. Auch das zerbrochene Kreuz entdeckte ich am Boden. Mein Blick senkte sich wieder auf den Stein, ich nahm die zähflüssige Textur des Blutes wahr, den seltsam verdrehten Hals, aus dem es geflossen war, den eisigen Hauch des Todes.
    »Miranna …«, röchelte ich.
    »Nimm sie«, sagte Steldor zu jemand, aber ich wehrte mich gegen meinen Gemahl, weil ich zu meiner Schwester wollte.
    »Sieh mich an«, sagte er daraufhin streng und drehte mich vom Schauplatz weg. »Das ist nicht deine Schwester. Und jetzt musst du Platz machen.«
    Destari trat vor und erleuchtete das Innere der Kapelle mit einer Fackel. Da bemerkte auch ich das dünne weiße Haar, das den Kopf des Opfers bedeckte, und das Priestergewand. Erleichterung versetzt mit Schuldbewusstsein überkam mich, denn hier war zwar ein Leben ausgelöscht worden, aber nicht das mir teuerste.
    Nachdem ich mich wieder ein wenig gefangen hatte und Steldor mich soeben in die Obhut einer Palastwache geben wollte, nahm mir ein neuer Schrecken den Atem. Der entweihte Altar war nicht zufällig zerstört worden – es gab dort einen Tunnel. Ich wollte in den hinteren Teil der Kapelle stürzen, doch Steldor hielt mich fest.
    »Wo ist meine Schwester?«, kreischte ich und Tränen

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