Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
einem leeren Himmel. »Ein Teil der Explosion?«, fragte Ivan.
»Eine Gammastrahlenexplosion, nehme ich an.«
»Bläst die alles weg?«
»Nein. Aber sie verstrahlt alles.«
»Das kann nicht stimmen.«
»Warum nicht?«
»Es wäre keine Erklärung dafür, dass die beiden Schiffe bei dem Asteroiden verschwunden sind. Und die Leute bei der Zeremonie. Dafür müsste die Explosion sie einfach weggeblasen haben.«
Ich erzählte ihnen, was Alex mir erzählt hatte. Dass Cleev vermutlich hinter der Geschichte steckte, dass er das alles eingefädelt hatte, um seine Macht zu erhalten.
»Was für ein Hurensohn!«
»Es würde auch erklären, warum sie Jennifer Kelton und Edward Demery aus dem Weg räumen mussten.«
»Warum mussten sie das denn?«
»Weil Demery es herausgefunden hat! Er hat es auf die gleiche Weise herausgefunden wie Vicki und Alex. Nur dass Alex einfach nicht glauben konnte, was er sah!« Ich versuchte, mir den Ablauf der Ereignisse vorzustellen. Demery hegte den Verdacht, dass der Stern explodiert war. Dass diese Explosion zum Ausfall der Monitore bei Seepah geführt hatte. Dass sie, Jahrhunderte später, der Zeremonie zur Feier des Monuments auf dem Asteroiden ein gewaltsames Ende bereitet hatte. Dass mehrere Hundert Jahre zwischen den beiden Ereignissen vergangen waren, weil Seepah viel näher an Callistra lag.
Demery dürfte Jennifer aufgesucht haben, um sich eine Bestätigung für seine Vermutungen zu holen. Jennifer gab ihm Recht. Und beging den Fehler – nein, wahrscheinlich beging er den Fehler –, ihre Erkenntnisse irgendeiner verantwortlichen Stelle vorzutragen. Das kostete beide das Leben.
»Ich habe von der Sache gehört«, sagte Kara, »aber soweit ich mich erinnere, wurden in dieser Nacht siebzehn oder achtzehn Familien getötet. Die können doch nicht alle eingeweiht gewesen sein.«
Denk wie Alex. »Sie haben die anderen umgebracht, um zu vertuschen, worum es eigentlich ging. Um von Demery abzulenken.«
»Das ergibt durchaus Sinn«, gestand sie wenig erfreut.
Die Explosion sah durch die Sichtluken winzig aus, beinahe wie ein ferner Komet.
»Als Vicki zum Asteroiden geflogen ist«, sagte Ivan, »da wollte sie sich lediglich vergewissern, ob der Stern noch da ist, richtig?«
»Ja.«
»Das«, fuhr er fort, »erklärt dann vermutlich auch, warum Haley Khan verschwunden ist.«
»Bestimmt«, sagte ich. »Er muss es auch gewusst haben.«
»Aber«, wandte Kara ein, »Cleev ist längst Geschichte!«
»Ich weiß«, sagte ich. »Trotzdem sitzen immer noch gewisse Leute in Machtpositionen.«
Kara schlug die Augen nieder. »Wie viel Schaden, denkt ihr, wird diese Sache anrichten?«
»Rachel?«
»Wenn meine Messungen korrekt sind, wird sich die Explosion in exakt drei Jahren und sechs Tagen auf Salud Afar auswirken. Das Ereignis wird drei Tage, vier Stunden und sechs Minuten andauern. Fehlerquote vier Prozent. Die Atmosphäre bietet dem Planeten einen umfangreichen Schutz. Anders als den Menschen auf dem Asteroiden. Wie dem auch sei, für ungeschützte höhere Lebensformen wird das Ereignis tödliche Folgen haben.«
Ivan öffnete einen Kanal zur Samuels.
»Was hast du vor?«, fragte ich.
»Anfangen, die Leute zu warnen!«
»Nein, Ivan!«
»Nein?« Sein Gesicht verzerrte sich, bis es aussah, als fletsche er die Zähne. »Verdammt, Chase, warum nicht?«
»Ivan, wenn du jetzt Krach schlägst, löst du eine Panik aus!«
»Und was schlägst du vor? Wir halten einfach die Klappe, damit wir unsere eigene verfluchte Haut retten können?«
»Nein! Pass auf: Ich bin nach wie vor nicht ganz sicher! Mir geht es wie dir. Ich bin nur eine Pilotin. Ich habe keinerlei Erfahrung mit so etwas. Aber ich bin ziemlich sicher, dass einfach da rausgehen und herumbrüllen nicht die richtige Methode ist, mit so etwas umzugehen.«
»Was dann?«
»Jemand, den die Menschen respektieren, müsste sich darum kümmern.«
Er verdrehte die Augen. »Du hast wohl den Verstand verloren, Chase! Wer, meinst du, soll das tun? Vielleicht dein Freund, der Antiquitätenhändler? Immer vorausgesetzt, wir bekommen ihn überhaupt frei!«
Woher zum Teufel sollte gerade ich das wissen? »Okay, okay, ich habe im Moment auch keine besseren Ideen als du! Aber lass uns bitte Ruhe bewahren und versuchen, uns etwas einfallen zu lassen! Einverstanden?«
29
Für jeden von uns, Liebes, kommt einmal die Zeit, da man ein Spukhaus betreten muss.
Nachtspaziergang
Wir sprangen zurück nach Salud Afar und kehrten etwa
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